60 Jahre Filmfestival: Sex, Hektik und Gedränge

publiziert: Montag, 14. Mai 2007 / 20:00 Uhr / aktualisiert: Montag, 14. Mai 2007 / 20:26 Uhr

Cannes - Das Filmfestival Cannes hat sich in den sechs Jahrzehnten seines Bestehens von einer feschen Cinéasten-Feier zum gigantischen Branchentreff entwickelt.

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Während zwei Wochen im Mai wird die kleine Stadt am Meer überschwemmt von Zehntausenden von «Festivaliers». Die Zahl der akkreditierten Journalisten beträgt nun über 4000.

Dazu kommen gut 22'000 so genannte Professionals, also Produzenten, Schauspieler, Verleiher, Autoren, Anwälte.

Und dazu kommen noch Filmfans, Touristen und die Menschen aus Cannes selbst, die - sofern sie nicht fliehen - entweder vom Rummel profitieren oder zumindest einen Blick auf den einen oder anderen Star vor dem Festivalpalais erhaschen wollen.

Bescheidener Start

Das alles ergibt die Cannes-typische Mischung aus Glamour, Hype, Sex, Hektik und Gedränge. Doch dank etlicher Verjüngungskuren und regelmässiger Face-Liftings gelingt der glitzernden Diva der Filmfestivals stets ein attraktiver Auftritt.

Nur hat sie mit der Zeit aber kommerziellen Speck angesetzt. Gewaltige Werbeplakate verdecken den Blick auf die Häuserfassaden, die Sponsoren sind allgegenwärtig.

Ob grosses Hollywood, Porno oder Hongkong-Action: Filmfirmen nutzen Cannes, um mit grellen Aktionen Aufmerksamkeit zu finden.

Dabei hatten die Festspiele einen bescheidenen Start: Der erste Versuch, 1939 einen Filmtreff an der Côte d'Azur nach dem Vorbild der schon 1932 gegründeten Mostra in Venedig zu organisieren, scheiterte am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs.

Der Plan wurde dann 1946 in die Tat umgesetzt - mit dem damals 82 Jahre alten Cinématographie-Erfinder Louis Lumière als Jurypräsidenten.

«Oben ohne»

1948 und 1950 fiel das Festival wegen Geldmangels aus, um danach voll zu erblühen. Orson Welles, Federico Fellini, Louis Malle und Michelangelo Antonioni, Ingmar Bergman oder Luchino Visconti gehörten zur Regie-Elite der frühen Jahre. Doch ausser zu seinem Palmen-Logo fand Cannes in den 50er Jahren auch zu einem anderen prägenden Bild-Klischee. 1954 entblösste ein französisches Starlet plötzlich die Brüste.

Die junge Dame namens Simone Sylva brachte es zu kurzem Weltruhm und strippte sich zur Urmutter all der jungen Frauen, die sich hier «oben ohne» oder knapp bedeckt irgendwie «entdecken» lassen wollen.

Nicht nur mit Sexappeal, auch mit Politik machte Cannes von sich reden. Ausgelöst durch eine umstrittene Personalentscheidung an der Festivalspitze und befeuert durch die Mai-Unruhen in Paris, brach 1968 auch fern von der Hauptstadt Protest los.

Film im Mittelpunkt

François Truffaut, Jean-Luc Godard und andere Leitfiguren der «Nouvelle vague» erzwangen zuerst den Abbruch einer Vorstellung und später des ganzen Festivals. Heute schreit niemand mehr «Skandal», wenn sich Porno-Stars vor den Augen Eis essender Familien auf der Uferpromenade frei machen. Die Provokationen auf der Leinwand stossen zumeist auf ein sehr gelassenes Publikum.

Mit vielen Nebenreihen und Programmen für Kurzfilmer, Nachwuchsregisseure und junge Produzenten ist das Festival fast unüberschaubar üppig geworden. Ungerührt vom gigantischen Rummel drumherum besteht der langjährige Festivalpräsident Gilles Jacob auch zum 60. Geburtstag auf dem wichtigsten Grundprinzip der Festival-Diva: «Immer den Film in den Mittelpunkt unseres Handelns zu stellen.»

(li/sda)

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