Demenzkranke Ehefrau getötet

7,5 Jahre Haft für «Sterbehilfe»

publiziert: Donnerstag, 17. Jan 2013 / 19:51 Uhr
Haftstrafe. (Symbolbild)
Haftstrafe. (Symbolbild)

Lenzburg AG - Ein Mann, der seine 73-jährige demenzkranke Ehefrau 2010 in der gemeinsamen Wohnung erdrosselt hatte, muss für siebeneinhalb Jahre ins Gefängnis. Das Bezirksgericht Lenzburg AG verurteilte den 66-Jährigen am Donnerstag wegen vorsätzlicher Tötung. Der Mann wollte seine Frau vom Leiden «erlösen».

Der Mann habe eigenmächtig gehandelt, sagte der Gerichtspräsident bei der Urteilseröffnung. Es habe kein Wunsch des Opfers nach einer Sterbehilfe vorgelegen. Die Ausführung der Tötung der Ehefrau sei «brutal» gewesen, und die Tat im Affekt sei nicht entschuldbar. Der Mann habe zwar eine «moralische Reue» gezeigt.

Der Schweizer war fünf Tage nach der Tat in der gemeinsamen Wohnung im Erdgeschoss eines Wohnblocks in Rupperswil AG verhaftet worden. Er legte gleich ein Geständnis ab. Er befindet sich im vorzeitigen Strafvollzug.

Der rüstig wirkende Rentner bezeichnete seine Tat vor dem Bezirksgericht als «Fehler» und als «Kurzschlusshandlung». Er sprach von «Sterbehilfe». Er würde heute nicht mehr gleich handeln, sondern Hilfe holen.

Zwei Jahre vor der Tat hatte eine ärztliche Untersuchung nach einem Unfall ergeben, dass seine Frau an Demenz erkrankt war. Der Gesundheitszustand der Partnerin verschlechterte sich. Der Ehemann betreute seine Frau ohne fremde Hilfe. Das Ehepaar war kinderlos.

Demenzkranke verlieren zusehends ihre geistigen Funktionen wie das Denken, Erinnern und die Orientierung. Sie können alltägliche Aktivitäten kaum mehr eigenständig vornehmen.

Mann fühlte sich plötzlich überfordert

Die Tat geschah an einem Mittwoch, am 6. Oktober 2010. Seine Frau klagte über starke Blasenschmerzen. Ihr Mann machte ihr einen Tee. Plötzlich begann die Frau zu zittern und konnte nicht mehr sprechen.

Er führte die Frau ins Schlafzimmer und legte sie aufs Bett, wie es in der Anklageschrift heisst. Dort kam ihm der Gedanke, seine Frau umzubringen.

«Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen», sagte er vor Gericht: «Das Gehirn war praktisch ausgeschaltet.» Er habe sich überfordert gefühlt. Seine Schwester sei «monatelang im Spital dahingesiecht».

Im Schlafzimmer erdrosselt

Mit einer leeren Likörflasche aus der Küche schlug er zunächst zweimal heftig auf die rechte Schädelseite der im Bett liegenden Ehefrau. Als diese noch atmete, versuchte der Mann sie mit einem Kissen zu ersticken.

Weil sich der Brustkorb noch immer bewegte, erdrosselte er seine Ehefrau mit dem Gurt eines Bademantels. Nach zwei bis drei Minuten war das Opfer tot.

Verteidiger plädiert auf Totschlag

Der Staatsanwaltschaft forderte für den Angeklagten wegen vorsätzlicher Tötung eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren. Dieser habe brutal getötet. Es liege keine Affekthandlung vor. Er gestand dem Mann eine «gewisse seelische Belastung» zu. Es sei nicht leicht, das Verschulden gerecht zu beurteilen.

Der amtliche Pflichtverteidiger plädierte auf Totschlag. Er beantragte eine Freiheitsstrafe von maximal 36 Monaten. Die Hälfte der Strafe solle teilbedingt vollzogen werden.

Der Angeklagte sei «schleichend überfordert» gewesen. Er habe die kranke Frau nicht in ein Heim abschieben wollen. Er habe die Tat nicht geplant, sondern in einem «spontanen Affekt» begangen.

Der Angeklagte sagte vor Gericht, er würde sich selbst eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren geben. Mehrere Angehörige des Opfers nahmen am Prozess als Beobachter teil.

Er ging nicht mehr zur Arbeit

Nach der Tat hatte der Mann die Wohnung mehrmals verlassen und war mit seinem Auto planlos herumgefahren. Erst am Montag, fünf Tage nach der Tat, tauchte die Regionalpolizei am Wohnort auf. Der Arbeitgeber des Mannes hatte der Polizei gemeldet, dass dieser seit Tagen nicht am Arbeitsplatz erschienen sei.

Der Mann öffnete die Türe - und die Polizisten stiessen in der Wohnung unerwartet auf die Leiche der Frau. Der Mann gestand gleich, er habe seine Frau getötet.

 

(bert/sda)

Haft für Sterbehilfe
Dies Urteil finde ich zu hart, finde, wenn ein Gericht über diese Tat urteilen muss, weshalb nicht "bedingt"? Wie schwer muss es sein, wie zum verzweifeln,hilflos zu zu sehen , wie ein Mensch leidet. Ja, vielleicht fand das Gericht andere Beweggründe? Da ich - in Notfällen - für die Sterbehilfe bin, ein zu grosses Leiden niemand aushalten müsste (wozu denn...?) kann ich mit dem Urteil nicht einverstanden sein. Ausser eben, wenn dieser Mann aus Eigennutz, nicht aus Liebe, seiner Frau aus dem Leben half.
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