Abend der Matchbälle
Die Iren verloren mit dem torlosen Remis alles. Die Schweizer erreichten zwar die Barrage, vergaben aber zwei Matchbälle und damit die direkte WM-Qualifikation. Sequenzen eines speziellen Abends zweier unzufriedenen Teams.
Keiner der Iren schien sich mehr an den miserablen Auftritt in Zypern zu errinnern. Zu gross ist ihre Leidenschaft für den Fussball, zu sehr liegen ihnen die «Boys in Green am Herzen. Die (pekuniäre) Schmerzgrenze erreichen sie später als andere.
In den Adern der Inselbewohner fliesst vorzugsweise grünes Blur. In Wallung geriet es aber nur zu Beginn beim Abspielen der Hymne, bei gelegentlichen Flugeinlagen von Clinton Morrison oder Robbie Keane und in den letzten zehn Minuten.
Überzeugende Defensive
Ansonsten hielt sich die Hektik in engen Grenzen, weil sich die Schweizer vom Gesang und der Intensität auf dem Terrain nie beeindrucken liessen. Philippe Senderos, der 20-Jährige von Arsenal, liess gar alles abprallen. Wie ein Patron organisierte der junge Herr der Lüfte die Defensive der Gäste, wie ein abgezockter Professional »raubte« er den Iren Ball für Ball.
Vor Senderos überzeugten hingegen nicht alle restlos. Der Junior Johan Vonlanthen fand im Ringen um Zentimeter seinen Platz nicht. Nach 53 Minuten musste er Marco Streller weichen. Doch auch Alex Frei bekundete mehr Mühe als üblich. Und sein Pech war, dass der Topskorer den ersten Matchball in der 81. Minute vergab, als er nach einem brillanten Steilpass Magnins solo auf Shay Given zustürmte und am Torhüter der Iren scheiterte.
Prominente Zuschauer
Aus der Schweiz war zum Showdown der Schweizer Qualifikations-Kampagne namhafte Prominenz angereist. Jörg Stiel, der vor drei Jahren an selber Stätte als Keeper seinen Teil zum 2:1-Erfolg der SFV-Auswahl beigetragen hatte, verfolgte den Kampf seiner ehemaligen Kollegen ebenso an der Lansdowne Road wie Christian Gross. Der Coach des FC Basel rieb sich vor dem lokalen Wettbüro die Hände: »Ich kann mich nicht daran erinnern, dass in einem Quali-Spiel gleich beide Teams gewinnen müssen.«
Gross ahnte zu jenem Zeitpunkt nicht, wie Recht er bekommen würde. Ob die Kunde von der frühen klaren Führung der Franzosen die Schweizer erreichte, ist ungewiss. Kuhn hatte im Vorfeld erklärt, die Mannschaft werde das Resultat erst nach dem Schlusspfiff erfahren. Doch auch wenn sie vom 3:0-Pausenstand der »Bleus« erfahren hätten, wären sie vermutlich nicht energischer angestürmt -- wenigstens die Teilnahme an der Barrage wollten sie sich nicht mehr entreissen lassen.
Marco Streller: »Ich bin momentan riesig enttäuscht. Wir hätten dieses Spiel gewinnen müssen, da wir zwei hundertprozentige Torchancen besassen. Doppelt schade, weil Frankreich nur 4:0 gewonnen hat. Die Sache ist für uns aber noch nicht gelaufen. Jetzt kommen die Barrage-Spiele. Hoffentlich können wir zuerst auswärts antreten. Es gibt in dieser Barrage sicherlich Gegner, die wir schlagen können.«
Tranquillo Barnetta: »Aufgrund der Torchancen hätten wir mehr herausholen müssen. Ich sah drei bis vier hundertprozentige Möglichkeiten für uns. Die Enttäuschung ist momentan gross. Immerhin aber haben wir das Minimalziel erreicht. Schade ging mein Schuss nicht rein. Aber das ist jetzt vorbei, wir müssen nach vorne schauen.«
Alex Frei: »Wäre dieses Spiel vor einem Jahr gewesen, hätte ich problemlos zwei Tore gemacht, denn normalerweise mache ich solche Tore. Die Situation birgt aber doch noch etwas Schönes, jetzt treffen wir uns im November nochmals zu zwei Spielen und erleben dann hoffentlich eine weitere tolle Athmosphäre im Stade de Suisse.«
Köbi Kuhn: »Ich habe zurzeit zwei Herzen in meiner Brust. Das eine trauert um den verpassten Sieg. Das andere ist stolz auf die Teamleistung. Diese Mannschaft ist sicherlich besser als jene vor zwei Jahren, sie konnte hier absolut bestehen. Natürlich sind nun alle enttäuscht. Jetzt qualifizieren wir uns halt via Barrage. Gegen wen? Es ist kein Wunschkonzert. Und wir wissen genau, was nun auf uns zukommt. Irland bot mit seinen weiten Bällen nicht den idealen Fussball für uns.«
Brian Kerr: »Ich würde gerne Trainer dieser Mannschaft bleiben, doch das liegt nach dem Ausscheiden nicht in meiner Hand. Ich verstehe natürlich, dass alle im Stadion riesig enttäuscht sind. Ich kann meiner Mannschaft aber keine Vorwürfe machen. Zu mehr waren wir einfach nicht fähig.«
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