Olympia-Debakel
André Rötheli - ein Gewinner in der Niederlage
publiziert: Freitag, 15. Feb 2002 / 10:37 Uhr / aktualisiert: Freitag, 15. Feb 2002 / 12:15 Uhr
Salt Lake City - In der Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft passte in den Olympia-Tagen nicht allzu viel zusammen, das Team versagte als Kollektiv. Lichtblicke gab es nur wenige; einer war André Rötheli, auf den Ralph Krueger in Zukunft ganz sicher wieder bauen wird.
André Rötheli.
Krueger hatte in den letzten Tagen nicht viel Grund zur Freude.
Die Schweiz verpasste das Ziel, nämlich den Sprung in die
Medaillenrunde, klar, und rehabilitierte sich erst in den letzten
(bedeutungslosen) Partien mit Siegen gegen Weissrussland und im
Klassierungsspiel gegen Österreich. Unisono stellten die Schweizer
inklusive Coach Ralph Krueger fest, dass man Systemprobleme gehabt
habe, sprich zu offensiv agierte. Aber Krueger wäre nicht Krueger,
wenn er nicht auch positive Ansätze ausgemacht hätte.
Ein Positivpunkt war André Rötheli, den Krueger erstmals unter seiner Ägide mit an ein Turnier nahm und der nicht enttäuschte. Im Gegenteil: "'Roots' hat sich hundertprozentig in unser System integriert, es war eine Freude", urteilte der Deutsch-Kanadier.
Der derart Gelobte vermochte logischerweise dennoch keine positive Gesamtbilanz zu ziehen: "Wir haben den Auftrag ganz klar nicht erfüllt, denn das war der Gruppensieg", sagte Rötheli kurz nach Spielschluss gegen Österreich. Der Filigrantechniker unter den Schweizer Stürmern kann das Scheitern noch nicht hundertprozentig begründen, obwohl seit dem Ukraine-Fiasko schon drei Tage vergangen sind: "Es braucht Zeit, um dies zu analysieren, jeder wollte es wohl besonders gut machen. Und es gibt Dutzende von Teilfaktoren für das Scheitern."
An einem Faktor kommt wohl niemand vorbei: Das System, das die Schweizer spielten, erwies sich als alles andere als optimal, die defensive Zuordnung ging oft verloren und war gegen die Ukraine manchmal inexistent. Rötheli ärgerte sich speziell über diese letztlich fatalen Unterlassungssünden: "Das Ausscheiden wurmt besonders, weil wir nicht das spielten, was wir konnten."
In den letzten Jahren hatte das Spiel aus der gesicherten Defensive heraus, das die Annäherung an die grossen sechs oder sieben (mit der Slowakei) ermöglicht hatte, die Erfolgsbasis gebildet. Diesmal wurde dieser Punkt sträflich vernachlässigt. Zeitweilig checkten die Schweizer in Unterzahl sogar mit zwei Mann weit in der gegnerischen Zone vor. Rötheli: "Wir hatten diesbezüglich eine Negativentwicklung während des Turniers. Wir haben versucht, mehr zu spielen, als wir können, und dabei unseren Weg verloren."
Diese Trendwende zum Negativen hatte sich schon beim 3:3 gegen Frankreich angedeutet. Diesmal waren die Schweizer im Gegensatz zu früheren schwierigen Situationen zu keiner Reaktion fähig, wie Rötheli ausführte: "Das ist nicht so einfach, alles geht sehr schnell. Viele Teams sind sich in etwa ebenbürtig, da ist es schwer, in so kurzer Zeit etwas zu ändern."
Zehn Spiele, zehn Punkte
Persönlich zählte Rötheli zu den Aktivposten. Doch auch der Lugano-Stürmer konnte mit sich nicht ganz zufrieden sein: "Ich hätte mehr bringen können", erkannte der gebürtige Oltner selbstkritisch, "ich hätte noch mehr Checks austeilen können und mehr aus der Eiszeit machen, die ich vor allem im Powerplay hatte."
Rötheli füllte aber insgesamt die Rolle aus, die von ihm erwartet worden war: Er war vor diesem Winter geholt worden, um offensive Akzente zu setzen, und nicht, um den Gegnern blaue Flecken zu verpassen. Und das tat er: Rötheli schaffte in zehn Spielen ebensoviele Skorerpunkte (fünf Tore/fünf Assists) und bereitete zudem mit seiner Vista viele weitere Möglichkeiten vor, die seine Mitspieler indes nur selten konvertieren konnten.
Kann Defensivarbeit überhaupt befriedigen, wenn man grundsätzlich so offensiv eingestellt ist wie Sie es sind, André Rötheli? "Auf jeden Fall. Jedes Land hat seine Stärken und muss das System spielen, das es versteht. Und wir müssen nun einmal aus der Abwehr heraus kommen." Unter 'defense first' versteht Rötheli kein passives System, sondern ein aktives: "Wenn wir gescheit defensiv spielen, können wir anschliessend unsere läuferischen und technischen Vorzüge ausspielen und kommen so zu vielen Tormöglichkeiten."
Dank starker Leistungen und auch dank Aussagen wie diesen hat sich Rötheli trotz relativ fortgeschrittenem Alter -- er wurde am 12. Oktober 31 -- in den Kreis der Nationalmannschaft zurückgespielt. Über die Zeit zuvor will er sich nicht mehr auslassen: "Krueger hatte da eine gewisse Vorstellung von der Mannschaft, und da habe ich nicht hineingepasst. Das habe ich akzeptiert."
Nun aber, wo der letztjährige EVZ-Topskorer, der Ende Saison zusammen mit Patrick Sutter und Dino Kessler aus der Innerschweiz weggemobbt wurde, den Sprung wieder geschafft hat, will er möglichst lange dabeibleiben. Ein Rücktritt ist für ihn kein Thema: "Ich kann doch nicht wegen einem Misserfolg die Flinte ins Korn werfen. Da hätte ich den Bettel gleich vor zehn Jahren in Albertville hinschmeissen können. Ich hoffe, dass ich nach den Playoffs wieder im WM-Kader bin." Leute wie den André Rötheli Ausgabe 2002 kann Ralph Krueger derzeit ganz besonders brauchen.
Ein Positivpunkt war André Rötheli, den Krueger erstmals unter seiner Ägide mit an ein Turnier nahm und der nicht enttäuschte. Im Gegenteil: "'Roots' hat sich hundertprozentig in unser System integriert, es war eine Freude", urteilte der Deutsch-Kanadier.
Der derart Gelobte vermochte logischerweise dennoch keine positive Gesamtbilanz zu ziehen: "Wir haben den Auftrag ganz klar nicht erfüllt, denn das war der Gruppensieg", sagte Rötheli kurz nach Spielschluss gegen Österreich. Der Filigrantechniker unter den Schweizer Stürmern kann das Scheitern noch nicht hundertprozentig begründen, obwohl seit dem Ukraine-Fiasko schon drei Tage vergangen sind: "Es braucht Zeit, um dies zu analysieren, jeder wollte es wohl besonders gut machen. Und es gibt Dutzende von Teilfaktoren für das Scheitern."
An einem Faktor kommt wohl niemand vorbei: Das System, das die Schweizer spielten, erwies sich als alles andere als optimal, die defensive Zuordnung ging oft verloren und war gegen die Ukraine manchmal inexistent. Rötheli ärgerte sich speziell über diese letztlich fatalen Unterlassungssünden: "Das Ausscheiden wurmt besonders, weil wir nicht das spielten, was wir konnten."
In den letzten Jahren hatte das Spiel aus der gesicherten Defensive heraus, das die Annäherung an die grossen sechs oder sieben (mit der Slowakei) ermöglicht hatte, die Erfolgsbasis gebildet. Diesmal wurde dieser Punkt sträflich vernachlässigt. Zeitweilig checkten die Schweizer in Unterzahl sogar mit zwei Mann weit in der gegnerischen Zone vor. Rötheli: "Wir hatten diesbezüglich eine Negativentwicklung während des Turniers. Wir haben versucht, mehr zu spielen, als wir können, und dabei unseren Weg verloren."
Diese Trendwende zum Negativen hatte sich schon beim 3:3 gegen Frankreich angedeutet. Diesmal waren die Schweizer im Gegensatz zu früheren schwierigen Situationen zu keiner Reaktion fähig, wie Rötheli ausführte: "Das ist nicht so einfach, alles geht sehr schnell. Viele Teams sind sich in etwa ebenbürtig, da ist es schwer, in so kurzer Zeit etwas zu ändern."
Zehn Spiele, zehn Punkte
Persönlich zählte Rötheli zu den Aktivposten. Doch auch der Lugano-Stürmer konnte mit sich nicht ganz zufrieden sein: "Ich hätte mehr bringen können", erkannte der gebürtige Oltner selbstkritisch, "ich hätte noch mehr Checks austeilen können und mehr aus der Eiszeit machen, die ich vor allem im Powerplay hatte."
Rötheli füllte aber insgesamt die Rolle aus, die von ihm erwartet worden war: Er war vor diesem Winter geholt worden, um offensive Akzente zu setzen, und nicht, um den Gegnern blaue Flecken zu verpassen. Und das tat er: Rötheli schaffte in zehn Spielen ebensoviele Skorerpunkte (fünf Tore/fünf Assists) und bereitete zudem mit seiner Vista viele weitere Möglichkeiten vor, die seine Mitspieler indes nur selten konvertieren konnten.
Kann Defensivarbeit überhaupt befriedigen, wenn man grundsätzlich so offensiv eingestellt ist wie Sie es sind, André Rötheli? "Auf jeden Fall. Jedes Land hat seine Stärken und muss das System spielen, das es versteht. Und wir müssen nun einmal aus der Abwehr heraus kommen." Unter 'defense first' versteht Rötheli kein passives System, sondern ein aktives: "Wenn wir gescheit defensiv spielen, können wir anschliessend unsere läuferischen und technischen Vorzüge ausspielen und kommen so zu vielen Tormöglichkeiten."
Dank starker Leistungen und auch dank Aussagen wie diesen hat sich Rötheli trotz relativ fortgeschrittenem Alter -- er wurde am 12. Oktober 31 -- in den Kreis der Nationalmannschaft zurückgespielt. Über die Zeit zuvor will er sich nicht mehr auslassen: "Krueger hatte da eine gewisse Vorstellung von der Mannschaft, und da habe ich nicht hineingepasst. Das habe ich akzeptiert."
Nun aber, wo der letztjährige EVZ-Topskorer, der Ende Saison zusammen mit Patrick Sutter und Dino Kessler aus der Innerschweiz weggemobbt wurde, den Sprung wieder geschafft hat, will er möglichst lange dabeibleiben. Ein Rücktritt ist für ihn kein Thema: "Ich kann doch nicht wegen einem Misserfolg die Flinte ins Korn werfen. Da hätte ich den Bettel gleich vor zehn Jahren in Albertville hinschmeissen können. Ich hoffe, dass ich nach den Playoffs wieder im WM-Kader bin." Leute wie den André Rötheli Ausgabe 2002 kann Ralph Krueger derzeit ganz besonders brauchen.
(Marco Keller /sda)
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