Verhüllungsverbot im Tessin

«Anti-Burka»-Gesetz soll am 1. Juli in Kraft treten

publiziert: Mittwoch, 6. Apr 2016 / 16:36 Uhr / aktualisiert: Donnerstag, 7. Apr 2016 / 00:06 Uhr
Das Verbot der Vollverschleierung verbietet das Tragen von Ganzkörperschleiern oder Gesichtsschleiern.
Das Verbot der Vollverschleierung verbietet das Tragen von Ganzkörperschleiern oder Gesichtsschleiern.

Bellinzona - Im November 2015 hatte das Tessiner Kantonsparlament grünes Licht gegeben - ab dem 1. Juli soll das «Anti-Burka»-Gesetz nun konkret zur Anwendung kommen. Bis dahin sollen sich die Tessiner Behörden auf das Verbot der Vollverschleierung einstellen können.

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In den vergangenen Monaten sei eine Vielzahl von Anregungen von Gemeinden, Polizeibehörden und Gerichten eingegangen, welche die Regierung geprüft habe, teilte das Tessiner Sicherheitsdepartement am Mittwoch per Communiqué mit. In Anbetracht des nationalen Interesses sei der 1. Juli als Datum für das Inkrafttreten gewählt worden - so hätten die Gemeinden und Polizisten ausreichend Zeit, um sich vorzubereiten.

Das von der Tessiner Bevölkerung 2013 angenommene Verbot der Vollverschleierung untersagt das Tragen von Ganzkörperschleiern (Burka) oder Gesichtsschleiern (Niqab) im öffentlichen Raum.

Im November 2015 hatte der Tessiner Grosse Rat entschieden, ein Ad-hoc-Gesetz für das Burkaverbot zu erlassen. Parallel wurde das Gesetz über die öffentliche Ordnung revidiert, in dem auch ein Vermummungsverbot, beispielsweise für Hooligans, erfasst wurde.

Anwendung mit Fallstricken

Für beide Gesetze sei nun eine einheitliche Bestimmung gefunden worden, die in den kommenden Wochen als «Erklärungsbroschüre» an die Gemeinden ausgesendet werden soll, sagte die Sprecherin des Tessiner Sicherheitsdepartements auf Anfrage.

Im konkreten Fall sei es so, dass ein Polizeibeamter die Ordnungswidrigkeit feststelle und dann an die jeweilige Gemeinde weiterleite, welche die Strafe aussprechen müsse, sagte der Rechtsberater der Tessiner Kantonsregierung Francesco Catenazzi am Mittwoch auf Nachfrage. Wird von einer nicht in der Schweiz ansässigen Frau eine Vollverschleierung getragen, dann müsse beim jeweiligen Polizeibeamten eine Sicherheitszahlung hinterlegt werden, so Catenazzi. Die Strafen liegen in einem solchen Fall zwischen 100 und 1000 Franken. Wenn erkennbar sei, dass die entsprechende Verschleierung unter Zwang erfolgte, kann die Busse laut Catenazzi auch höher ausfallen.

Der Kanton müsse nun in den kommenden Wochen die Eidgenossenschaft darüber informieren, dass das Gesetz in Kraft treten werde und zusätzlich die Tourismusbehörden in Kenntnis setzen. Ausserdem sollen ausländische Botschaften aktualisierte Reisehinweise für das Tessin erhalten.

Keine Ausnahme für Touristinnen

Für Besucherinnen und Besucher sieht das Gesetz keine Ausnahmen vor. Laut dem Kommissionsbericht von November 2015 sollen sie bereits am Flughafen oder an Zollstellen über das Verhüllungsverbot im Kanton informiert werden. So könnten «böse Überraschungen» vermieden werden. Dies sei unter anderem im Interesse der Tourismusindustrie.

Diese zählte im vergangenen Jahr 40'000 Gäste aus dem Mittleren Osten - Tendenz steigend. Vor allem durch diese kaufkräftige Besucherklientel erhoffen sich Hoteliers und der Detailhandel im Tessin, die Verluste durch ausbleibende EU-Gäste ausgleichen zu können.

Unternehmer will Gesetz aushebeln

Der algerische Unternehmer Rachid Nekkaz hatte bereits im Dezember in Locarno TI angekündigt, dass er sämtliche Burka-Bussen im Tessin bezahlen wolle. Sein Ziel sei, das Gesetz «zu neutralisieren».

Nach Inkrafttreten des französischen Burkaverbots 2010 hatte Nekkaz einen Millionen-Fonds zur Verteidigung der «Freiheit und der religiösen Neutralität des Staates» gegründet - in Frankreich hat er nach eigenen Angaben mittlerweile mehr als tausend Bussen bezahlt.

Kopftuch- und Burkaverbote beschäftigten in letzter Zeit Politik, Behörden und Gerichte in der Schweiz immer wieder. In einem Grundsatzurteil taxierte das Bundesgericht Ende Dezember ein Kopftuchverbot an Schulen als unzulässig. Die gesetzliche Grundlage für ein Verbot sei zwar vorhanden. Im konkreten Fall einer Schule in St. Margrethen SG fehle es jedoch an einem öffentlichen Interesse, das ein Verbot rechtfertigen würde.

Im März hat die Bundeskanzlei die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» vorgeprüft und für gültig befunden. Die Initianten vom sogenannten «Egerkinger Komitee» um den Solothurner SVP-Nationalrat Walter Wobmann haben nun bis am 15. September 2017 Zeit, die für das Zustandekommen der Initiative nötigen 100'000 gültigen Unterschriften zu sammeln.

(sda)

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