Armeechefs ohne Demokratie

publiziert: Mittwoch, 11. Mai 2016 / 07:59 Uhr
Armeechef Blattmann: bedenklicher Umgang mit demokratischen Grundrechten.
Armeechef Blattmann: bedenklicher Umgang mit demokratischen Grundrechten.

Korpskommandant André Blattmann wird von den Mainstreammedien der «Beleidigung» bezichtigt. Er nannte den Rundschau-Chef Sandro Brotz, «Sandro Kotz.» Wer meint, dies sei nur ein Sturm im Wasserglas, irrt. Blattmann manifestiert einmal mehr, dass er von Demokratie und Meinungsfreiheit nichts hält, auch wenn er sich unterdessen bei Brotz entschuldigt hat.

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Wir schreiben das Jahr 2016. Einmal mehr hat sich die Schweizer Armee verspekuliert. Die vorgesehenen Lenkwaffen für eine bodengestützte Luftabwehr waren untauglich. Nachdem die «Rundschau» von SRF darüber berichtet hatte, war die Reaktion von André Blattmann laut «Zentralschweiz am Sonntag» darauf folgende: «Ich freue mich, wenn man den Missetäter, den Verräter findet, und ich freue mich, wenn wir diesen im übertragenen Sinne auf die Schlachtbank führen können.» Dies vor über 150 Generalstabsoffizieren. Der «widerliche Kerl» hätte die «Zukunft unserer Armee und unserer Doktrin» in Frage gestellt. Sorry, hab ich etwas falsch verstanden? Nicht die Tatsache, dass unbrauchbare Lenkwaffen bestellt wurden, enerviert den Korpskommandanten, sondern dass die Unbrauchbarkeit an die Öffentlichkeit gelangt ist? Und pardon: Gibt es in der Schweizer Armee eine Schlachtbank, auf die offensichtlich «Verräter» geführt werden?

Der Korpskommandant verleiht seinen autoritären Fiktionen in seiner Rede Wirklichkeit - dies sollte nicht nur eine Mediengeschichte bleiben, sondern Konsequenzen zeitigen. Andere haben schon über viel kleinere Geschichten Amt und Würde verloren. Doch offensichtlich sind die Zeiten so rabiat geworden, dass sich nicht nur die Mächtigen in der Türkei, in Polen und in Ungarn, Medienunfreiheit leisten können, sondern auch in der Schweiz.

Balthasar Glättli sagte «Blick am Abend», dass Blattmann mit seiner martialischen Sprache und seiner Verachtung gegenüber Medien und Journalisten völlig daneben gegriffen habe: «Würde er nicht sowieso zurücktreten, müsste ich seinen Rücktritt fordern.» Es geht aber nicht nur um Blattmanns rabiate Wortwahl, sondern um sein Verständnis dessen, auf welchen Fundamenten die Schweiz steht. Blattmanns Kolumnen implizieren sehr oft den Sonderstatus der Armee, grad so, als gälten in ihr der Umgang mit Öffentlichkeitspflicht, Nachhaltigkeit, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Rechenschaftspflicht bezüglich öffentlicher Finanzen nicht. Das ist es, was in der Reaktion auf Recherchen und öffentlich werden eines weiteren (unter den unzähligen) Fehlentscheides des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport so offensichtlich wird. Wehe, Blattmann wäre im Ernstfall. Müsste Sandro Brotz damit rechnen, als erster zum «Schutz des inneren Friedens» verhaftet zu werden?

Der Skandal um Blattmann ist also nicht einfach die «Beleidigung», sondern zeigt einen bedenklichen Umgang mit demokratischen Grundrechten durch den Armeechef. Ob er wohl ein Einzelfall unter den Militärs ist? Das Parlament muss dafür sorgen, dass seine Beamten - nichts anderes sind nämlich hohe Militärs - etwas Nachhilfe punkto Demokratie und Politik kriegen. Ich wüsste da eine sehr gute Referentin...

(Regula Stämpfli/news.ch)

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Offiziere sind schon seltsame Helden.
Ich bin ja keine Psychiatikerin, aber an der Psyche scheint es bei diesem Grosskotz Blattmann schon zu liegen.
Da steht er, der gerade in die Wüste geschickte "General", neben seinem Dienstherrn und schwadroniert vom völligen Einverständnis mit seiner Entlassung und es sei gut, jetzt genügend Zeit zu haben, um einen Nachfolger zu finden.
Schon dieses blöde Gerede ist allertiefste Schublade oder eben nur mit der Psyche des Mannes zu erklären. Schon das miese Wortspiel Brotz-Kotz ist allertiefste Schublade und passt allerhöchsten an einen extrem primitiven Stammtisch. Ich will das aber gar ncht weiter ausführen. Dass ein Soldat aber glaubt, er stehe über der Politik, ist neben der politischen Ungeheuerlichkeit ein sehr starkes Stück Selbstüberschätzung.
Ich weiss icht, ob es legal gewesen wäre, aber der Parmelin hätte den Blattmann auf der Stelle "plattmachen" müssen, will sagen, allen Ämtern entheben und ehrlos aus der Armee entlassen sollen.
Ein "General", der dem eigen Chef in den Rücken fällt ist gefährlich und unhaltbar.
(Ist der Blattmann evtl. auch in der SVP? Wurde er deswegen verschont? Sein Stil würde dorthin passen, vielleicht hat sich der Parmelin dessen erinnert.)
Schönredner und Sandmännchen
"Tout va bien, Madame La Marquise", dem ist nicht so, das weiss CdA Blattmann selbst! Es wäre endlich Zeit, das unlautere Spiel zu beenden, zum Wohle einer glaubwürdigen Schweizerischen Sicherheitspolitik. Dass nun offenbar im VBS und anderswo Stimmung gegen den neuen VBS-Vorsteher gemacht wird, ist unhaltbar. Man wird an Friedrich Dürrenmatt erinnert: "Herkules und der Stall des Augias"!
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