Auch Bulldozer werden krank

publiziert: Freitag, 6. Jan 2006 / 11:45 Uhr / aktualisiert: Samstag, 7. Jan 2006 / 18:31 Uhr

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Das Einzige was überrascht, ist eigentlich die Überraschung. Ein 77-Jähriger mit starkem Übergewicht, stressigem Job und vermutlich hohem Blutdruck erleidet einen Schlaganfall. Konfrontieren sie einen Arzt mit diesem Krankheitsbild und er wird vermutlich nach kurzem Schulterzucken lediglich «ja, ist nicht überraschend» sagen.

Doch die Welt ist erschüttert und überrascht, verstört und verwirrt darüber, was Ariel Scharon widerfahren ist. Ein menschlicher Bulldozer, ein Fels der Weltpolitik, krümelt mit einem Male einfach so dahin. Eine feste Grösse ist von einem Moment auf den nächsten nicht mehr. Oder nur noch in einem Koma, an Schläuche und Geräte angehängt, die seine Lebensfunktionen aufrechterhalten.

Jeden Tag erleiden Hunderte, ja Tausende von Menschen Hirnschläge, erleiden schwere neurologische Schäden oder sterben daran. Manche kommen davon, können wieder ein normales Leben führen – jene die Glück gehabt haben und sofort richtig behandelt wurden. Doch Ariel Scharon hat offenbar kein Glück gehabt – dann kann leider auch die richtige Behandlung nicht mehr viel ausrichten. Jedenfalls nicht genug, um wieder ein Leben wie zuvor zu erlauben.

Es ist also ein normales Schicksal (und schon gar nicht eine Strafe Gottes, wie der grenzdebile Fernsehprediger Pat Robertson verzapfte), das den israelischen Premier ereilt hat.

Doch darum geht es offenbar nicht. Scharon scheint der Welt mehr als nur ein Mann zu sein, er ist ein Symbol, eine Lichtgestalt für die einen, ein Buhmann für die anderen. Jedenfalls niemand, der einfach mit einem Schlaganfall umkippt. Deshalb auch die Panik – ein Idol zu ersetzen, scheint immer unmöglich zu sein. Vakuum und Katastrophe, heisst es – der einzige Mann, der den Friedensprozess voran bringen kann. Naja. Gekonnt hätte. Doch stimmt das wirklich?

Denn in der Kadima Partei Scharons sind viele fähige, pragmatische Politiker. Auch sein Interims-Nachfolger Ehud Omert gilt als starker Mann, der den Kurs von Scharon – vielleicht etwas weniger stur – weiterführen könnte. Auch ein anderer Name ist im Spiel: Simon Peres, der langjährige Vorsitzende der Arbeiterpartei wird auch als neuer Spitzenkandidat portiert. Doch ob diese Kandidatur weise wäre, darf angezweifelt werden: Peres ist bereits 82jährig und auch wenn er nicht den legendären Appetit von Scharon hat (der ja alle Diät-Vorschriften seiner Ärzte in den Wind geschlagen hatte), so darf angezweifelt werden, dass er eine Amtszeit als Premier durchstehen würde.

Es ist nun mal eine Tatsache, dass Politik – ganz besonders in Israel – eine sehr aufreibende Tätigkeit ist, für die der 60 jährige Olmert vermutlich besser geeignet sein wird als der elder Statesman Peres, auch wenn dieser im Moment zwei Sitze mehr erringen könnte.

In einer Demokratie sollte die Politik im Zentrum stehen. Sicher, sie wird von Menschen bestimmt, aber ein Kurs kann auch gehalten werden, wenn der Kapitän von seinem ersten Offizier ersetzt werden muss. Vor Schrecken gelähmt zu sein, wenn ein alter Mann stirbt oder schwer Krank wird, zeigt nur, dass man Grundsätzliches vergessen hat. Denn auch ein Bulldozer wie Scharon ist letzten Endes sterblich.

(von Patrik Etschmayer/news.ch)

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