Adrian Vatter, Politologe an der Universität Bern, stellte fest,
dass Durrer in einer schwierigen Position steckte. Die CVP, einst
konfessionell klar ausgerichtet, sei mit einer Wählerrealität
konfrontiert, die sich nicht mehr nach den traditionellen
Konfliktlinien richtet. Innerhalb der Partei stünden sich urbane,
sozial eingestellte und ländliche, konservative Kreise gegenüber.
1997 als Hoffnungsträger aus den Bergen angetreten, sei Durrers
Glanz verblasst. Es sei ihm nicht gelungen, frischen Wind in die
Partei zu bringen.
Auf kommunikativer Ebene habe der Obwaldner Schwierigkeiten
gehabt, gegen Gegner wie Christoph Blocher zu bestehen. Immer, wenn
Durrer versucht habe, prononcierte Positionen zu vertreten, sei in
der Partei der Elite-Basis-Konflikt ausgebrochen.
Taktisch ungeschickte Manöver hätten Durrers Glaubwürdigkeit
angekratzt. Mit seiner Bundesrats-Kandidatur habe sich Durrer ins
Abseits manövriert, konstatierte Vatter. Wichtige Kräfte seien
nicht mehr hinter ihm gestanden.
Auch die Initiative «Ja zu Europa!» habe sich für die CVP als
Crux erwiesen. Das Ja der Delegiertenversammlung und die Nein-
Parolen zahlreicher Kantonalparteien hätten klar den Graben
zwischen urban-aufgeschlossener Elite und der ländlichen Basis
aufgezeigt.
Bei der Fristenlösung sei dann Durrer und seiner Partei der
Spagat nicht mehr gelungen. Die Familienpolitik, immer ein Trumpf
der Partei, sei angesichts des innerparteilichen Konflikts nicht
mehr auszuspielen.
Die CVP brauche nun einen Supermann oder eine Superfrau. Die
Aufgabe der neuen Parteiführung werde kein Zuckerlecken. Die CVP
habe strukturelle Probleme, die nur in einer parteipolitischen
Flurbereinigung zu beheben seien, sagte Vatter. Dabei stelle sich
die Frage, ob die CVP ins rechte, bürgerliche Lager eingeht oder
eher ihrem linken CSP-Flügel folgt.
Auch Vatters Fachkollege Andreas Ladner betonte die
Heterogenität der CVP. Sie stecke in der Zwickmühle und verliere
seit gut 20 Jahren Wähleranteile. Das Steuer herumzuwerfen, werde
schwierig. Die Partei habe sich in der Mitte positioniert und damit
wenig erreicht.
Unter Druck des SVP, die in ihre Stammlande einbricht, sucht sie
neue Positionen. Besinne sie sich auf ihre katholisch-konservativen
Wurzeln, behalte die CVP ihre Hochburgen auf dem Land. Andererseits
gerate sie dadurch in den Städten unter Beschuss, in denen sie seit
Jahren mit recht wenig Erfolg Fuss zu fassen versucht.
Die CVP verliert auf nationaler Ebene seit 20 Jahren
Wähleranteile - bei den Nationalratswahlen 1979 wählten 21,3
Prozent CVP, bei den 1995 noch 16,8 und 1999 15,9 Prozent. Durrer
konnte diesen Abwärtstrend nicht bremsen.
Sitzmässig rutschte sie in der Grossen Kammer von 44 (1979) auf
34 (1995). 1999 konnte sie trotz Wähleranteilverlusten dank
Proporzglück einen Sitz hinzugewinnen.
Auch in den Kantonen ist die CVP im Krebsgang. Ihre Sitzzahl in
den Kantonalen Parlamenten sank von 1991 bis 2001 von 768 auf 637.
(sda)