Auseinandersetzung um «deutsche Leitkultur»

publiziert: Sonntag, 19. Nov 2000 / 13:45 Uhr

Hamburg - Ungeachtet der scharfen Auseinandersetzung um den Unionsbegriff der «deutschen Leitkultur» hat der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, die Verdienste der CDU um die jüdische Gemeinschaft in Deutschland gewürdigt.

In einem Interview der «Welt am Sonntag» betonte er, «dass wir gerade der CDU sehr viel zu verdanken haben». Dies gelte insbesondere für Konrad Adenauer, Heinrich von Brentano, Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble. Die gegenwärtige Diskussion sei kein Grund, «kein gutes Verhältnis zur CDU zu haben».

CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz, der den Begriff «Leitkultur» in die Debatte gebracht hatte, erklärte die Kontroverse mit Spiegel für beendet. Sie hatte sich an Äusserungen des Zentralratspräsidenten während der Demonstration gegen Rechtsextremismus am 9. November in Berlin entzündet.

Dort hatte Spiegel die rhetorische Frage gestellt: «Ist es etwa deutsche Leitkultur, Fremde zu jagen, Synagogen anzuzünden, Obdachlose zu töten?» Merz sagte der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung»: «Wir haben eine, wie ich finde, masslose und überzogene Kritik an uns erlebt. Das muss man aushalten, damit ist das Thema erledigt.»

Spiegel wiederholte in dem Interview seine Kritik, schon die Nationalsozialisten hätten den Begriff «Leitkultur» benutzt, um ihr Anspruchsdenken deutlich zu machen. Die CDU hätte in ihrem Grundsatzpapier zur Zuwanderung einfach den Begriff «deutsche Kultur» verwenden sollen.

Zuvor hatten erneut Unionspolitiker und der FDP-Ehrenvorsitzende Otto Graf Lambsdorff den Zentralratspräsidenten wegen seiner Demonstrationsrede kritisiert. CSU-Chef Edmund Stoiber warf Spiegel in der ARD vor, bewusst etwas missverstehen zu wollen.

Lambsdorff schrieb nach Angaben des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» in einem Brief, der Zentralratspräsident habe seine Rede «zu einer parteipolitisch gezielten Polemik» benutzt. Ex-CDU-Chef Wolfgang Schäuble sagte dem Magazin, Spiegels Sätze am 9. November «waren nicht in Ordnung.»

Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, verteidigte Spiegel. Er habe in Berlin vielen Demonstranten aus der Seele gesprochen und sei mit minutenlangem Beifall bedacht worden.

Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder erteilte im ZDF dem Leitkultur-Begriff erneut eine Absage. Ausländer, die dauerhaft in Deutschland leben wollten, müssten drei Voraussetzungen erfüllen: die Verfassung anerkennen, die Gesetze einhalten und die deutsche Sprache lernen. Auch in der Union hielt derweil die Debatte an. CDU-Vize Annette Schavan sowie der Leiter der CDU-Zuwanderungskommission, Saarlands Ministerpräsident Peter Müller, erklärten, sie würden den Leitkultur-Begriff nicht verwenden. Der Begriff Kultur sei völlig ausreichend, sagte Schavan im Südwestrundfunk.

(sda)

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