Bei Boykott Etikette checken

publiziert: Montag, 17. Mrz 2008 / 11:32 Uhr / aktualisiert: Montag, 17. Mrz 2008 / 12:15 Uhr

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Es war eine Sache des Prestiges, des internationalen Ansehens und der Selbstachtung: Die olympischen Sommerspiele auszutragen war schon seit langem ein Wunsch gewesen und nun stand seine Erfüllung bevor, war zum Greifen nah. Die eigenen Athleten, seit Jahren schon staatlich intensiv gefördert und heimisch aufs Siegertreppchen der ganzen Welt, sollten nun zu Hause in den neuen Stadien und den prächtigen Sporthallen ihre Überlegenheit gegenüber der Welt demonstrieren.

Man sah sich als ein Vorbild für die Welt an, als ein System, dass den anderen Beispiel sein sollte. Mit dem sportlichen Triumph bei sich zu Hause würde dieser Punkt nachdrücklich gemacht werden – der eigenen Bevölkerung zur Bestätigung, der Welt zur Demonstration und auch ein wenig zur Warnung. Doch alles verpackt in einen farbigen, frohen, friedlichen Anlass der Völkerfreundschaft.

Doch dann... kam Afghanistan dazwischen und die olympischen Spiele in Moskau 1980 wurden zu einer Farce. Obwohl mit Ausnahme der seinerzeitigen BRD alle Westeuropäischen Staaten teilnahmen (allerdings unter der olympische Flagge antretend), fehlten unter anderen mit den USA, China und Kanada wichtige Nationen. Auch wenn so getan wurde (wie dann auch 4 Jahre später, als der Ostblock in Los Angeles die Retourkutsche lieferte), als sei alles in Ordnung, so waren es doch verkrüppelte, überschattete Spiele, die nicht den Effekt hatten, den sich die Sowjets so sehnlich gewünscht hatten.

Nun ist Peking nicht Moskau, ist der Tibet nicht Afghanistan. Völkerrechtlich und politisch sind diese beiden Fälle weit von einander entfernt. Doch der Beigeschmack ist von grosser Ähnlichkeit und bereits wird von einigen Seiten nach einem Boykott der diesjährigen Spiele gerufen. Doch wäre das wirklich clever?

Einfach nicht zu gehen, ist eine vermeintlich attraktive Art, den Chinesen zu zeigen, wo der Hammer hängt. Doch das wichtige Wort ist «vermeintlich». Betrachtet man vergangene Boykotts, kommen berechtigte Zweifel an deren Wirksamkeit auf. Die Sowjets sind nach 1980 noch 9 Jahre in Afghanistan geblieben und der Olympiaboykott hat bestimmt nicht zu ihrem Rückzug beigetragen.

Peking würde ein Boykott natürlich weh tun. Doch diese Art der Isolierung brächte den Tibetern rein gar nichts. Die chinesische Führung würde noch mehr Mauern und in Abwehrstellung gehen. Es dürfte wirksamer sein, vor Ort, während der Spiele, mehr Offenheit zu fordern. Die freie Welt sollte China zwar die Achtung der Teilnahme an diesem Prestige-Projekt geben, dieses Leckerli aber mit einem gewissen Protest garnieren: mit dem Hinweis, dass Unterdrückung, Gewalt gegen Minderheiten und Angst vor Dialog Zeichen der Schwäche sind.

Die Forderung nach einem Olympiaboykott ist zudem eine ziemlich heuchlerische Sache, wäre es doch nichts als ein hoch-symbolischer Akt, der nur den Sportlern richtig weh täte. China verletzt die Menschenrechte schon seit Jahrzehnten, doch das hat scheinbar niemanden im Westen davon abgehalten, dort Bohrmaschinen, DVD-Player, Turnschuhe und Computer herstellen zu lassen. Dieser Warenstrom würde auch bei einem Boykott der Sommerspiele unvermindert weiter fliessen.

Wer aber trotzdem glaubt, ein Boykott sei das Richtige und seiner Meinung mit einem T-Shirt Ausdruck verleihen will, sollte sicherheitshalber erst die Etikette checken – könnte gut möglich sein, dass das Shirt aus China stammt.

(von Patrik Etschmayer/news.ch)

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