Birma: «Friede und Entwicklung»
Siegessicher sind sie, die Generäle von Myanmar. Sie lassen wählen. Einmal mehr.
Myanmar, besser bekannt unter dem britischen Kolonialnamen Birma oder Burma, wird seit zwanzig Jahren von den USA und Europa wegen Menschenrechtsverletzungen boykottiert. Das Erdgas- und Rohstoffreiche Myanmar allerdings schert sich einen Deut um die westlichen Sanktionen. Schliesslich sind ökonomisch genauso wie politisch sofort die Nachbarstaaten China, Indien und Thailand sowie Singapur eingesprungen. Politisch kann Myanmar zudem im UNO-Sicherheitsrat auf Russland zählen.
Die herrschenden Generäle gaben der Regierung, nachdem «Recht und Ordnung» wieder hergestellt war, einen neuen, schon fast Orwellschen Namen: «Staatsrat für Friede und Entwicklung». Die «Nationale Liga für Demokratie» bestand weiter, doch angesichts der von den Militärs diktierten Entwicklung verzichtete sie auf Mitarbeit an einer neuen Verfassung. Das Dokument wurde 2007 verabschiedet und von den Generälen vollmundig als «Plan für die Demokratie» bezeichnet. Laut Verfassung sind für die Militärs in den zwei Kammern des Nationalen Parlaments ein Viertel aller Sitze reserviert. Abgestimmt über die neue Verfassung wurde 2008, kurz nachdem der Zyklon Nargis den Süden Myanmars verwüstet und 138'000 Todesopfer gefordert hatte. Die Wahlen wurden auf den 7. November 2010 terminiert.
Die Generalität in der Hauptstadt Naypyitaw unter dem Kommando des 76 Jahre alten Generals Nummer 1 Than Shwe gibt sich gelassen und siegesgewiss: «Die Wahlen sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Demokratie». Die NLD von Aung San Suu Kyi beschloss im Frühjahr, die Wahlen zu boykottieren, was zum sofortigen Verbot der Partei führte. NLD-Politiker sagen deshalb, dass die Wahlen «eine Veranstaltung zu Scheinlegitimierung der regierenden Generäle» sei und die «Diktatur verlängert» werde. In der Opposition freilich teilen nicht alle diese Meinung. Jüngere Politiker, ebenfalls aufrechte Kämpfer gegen die Diktatur, sind gegen einen Boykott. Ihr Argument: in den letzten zwanzig Jahren habe sich unter der Ägide der alten Oppositionspolitiker rein gar nichts verändert. Zwar bringe der Wahlgang gewiss keine Demokratie, doch bestehe eine minimale Chance, dass sich endlich etwas, wenn auch gering, bewegen werde.
International wird der Urnengang in Myanmar mit Argwohn beobachtet. UNO-Generalsekretaer Ban Ki Moon, ein erklärter Gegner des Regimes in Myanmar, meint, es sei «nicht zu spät für faire und glaubwürdige Wahlen». Sogar im Schosse der «Assoziation der Süostasiatischen Staaten» (ASEAN), die sich sonst strikte an das Prinzip der «Nichteinmischung in die Innneren Angelegenheiten» hält, wird Widerspruch laut. Der philippinische Aussenminister Alberto Romulo sprach von einer «Wahl-Farce».
Die Militärs überlassen nichts dem Zufall. Weder internationale Beobachter noch Auslands-Journalisten dürfen derzeit nach Myanmar reisen. Der Leiter der Wahlkommission, General Thein Soe, begründet diesen Schritt mit dem etwas sehr weit hergeholten Argument: «Birma hat viel Erfahrung mit Wahlen». Die Generalität jedenfalls glaubt felsenfest an einen Sieg. 1990 wird sich nicht wiederholen. Das wohl hat dem burmesischen Aussenminister Nyan Win am ASEAN-Gipfel in Hanoi die Bemerkung entlockt, Aung San Suu Kyi werde «vielleicht» nach den Wahlen freikommen. Am 13. November nämlich, eine Woche nach der Wahl, steht die jährliche Überprüfung des Hausarrestes der Friedensnobelpreisträgerin an.
(von Peter Achten/news.ch)
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