Blair fehlt die eigene Stimme

publiziert: Donnerstag, 2. Feb 2006 / 10:26 Uhr / aktualisiert: Montag, 13. Feb 2006 / 06:55 Uhr

London - Eigentlich hätte Tony Blair gewarnt sein müssen. Eben erst hatte er im Unterhaus eine Niederlage eingesteckt. Trotzdem entschied er sich am Dienstagabend, nach Hause zu gehen - ein Fehler, wie sich zeigte.

Tony Blairs Autorität wird inzwischen auch in den eigenen Reihen in Frage gestellt.
Tony Blairs Autorität wird inzwischen auch in den eigenen Reihen in Frage gestellt.
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Trotz einer Mehrheit von 65 Mandaten verlor die Labour-Partei erneut. Und diesmal fehlte bei der Entscheidung über ein Gesetz gegen islamistische Hassprediger eine einzige Stimme - wäre Blair geblieben, hätte es gereicht.

Als eigentlicher Sündenbock wurde schnell Labour-Fraktionsführerin Hilary Armstrong ausgemacht, die vor den Abstimmungen nicht auf der Rechnung hatte, dass mehr als ein Dutzend Labour-Abgeordnete wegen einer Wahlkampf-Tour fehlten.

Dennoch ist die doppelte Niederlage für den 52-jährigen Regierungschef äusserst peinlich. Die Schlappe zeigt, wie sehr Blairs Autorität inzwischen auch in den eigenen Reihen in Frage gestellt wird. Mindestens 27 Hinterbänkler verweigerten dem Premierminister am Dienstagabend ihre Unterstützung.

Wichtige Abstimmungen stehen an

Grund genug für den neuen Oppositionsführer David Cameron, im Rede-Duell mit dem Premierminister zu frohlocken: «Welches Vertrauen kann das Land noch haben, dass Sie ihre Agenda fortsetzen?» In der Tat stehen für Labour wichtige Abstimmungen an, darunter Reformen im Gesundheits- und Bildungssystem.

Blair versicherte, dass es bei dem Programm bleibt - und versuchte, die Schlappe mit Ironie zu nehmen: «Wahrscheinlich wäre es eine gute Idee, wenn ich bei der Abstimmung über das Bildungswesen dabei bin.»

Ansonsten könnten dem Premierminister, der bis vor zwei Monaten noch jede Entscheidung im Parlament gewinnen konnte, bald schon die nächsten Niederlagen drohen. Die Tatsache, dass er angekündigt hat, bei der nächsten Wahl nicht mehr anzutreten, verbessert seine Position wenig.

Konservative im Aufwind

Der lange Zeit erfolgsverwöhnte Premierminister erlebt, dass sich die Stimmung verändert hat. In den Zeitungen wird augenblicklich der neue Konservativen-Chef verwöhnt.

Cameron betreibt eine Art Doppelstrategie: Zum einen findet er viel Lob für Blair (ganz im Gegensatz zu dessen wahrscheinlichstem Nachfolger, Finanzminister Gordon Brown); zum anderen versucht er mit einigem Erfolg, ihn als Mann von gestern darzustellen.

Irak-Malaise

Hinzu kommt, dass Blair auch in der Debatte über die britische Beteiligung am Irak-Krieg erheblich in der Defensive ist. Am Dienstag musste das Verteidigungsministerium den Tod des 100. britischen Soldaten bekannt geben.

In der Bevölkerung ist die Zustimmung auf ein Rekord-Tief gesunken, und viele geben Blair persönlich die Schuld. Auch der Karikaturist der Tageszeitung «The Times»: Er veränderte am Mittwoch die Adresse des Premiers: Aus der Hausnummer von Downing Street 10 machte er eine blutige 100.

(Christoph Sator/dpa)

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In diesem Wahlkreis war Blair stets vorne.
 
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