Blair und die 'Massenvernichtungswaffe' in den eigenen Reihen

publiziert: Freitag, 27. Feb 2004 / 15:34 Uhr

London - Die Gespenster des Irak-Kriegs verfolgen Tony Blair ohne Ende. Kaum dachte der Premier, er könne endlich einen Schlussstrich unter alle Kritik ziehen, tauchte aus dem Nichts seine innerparteiliche Intimfeindin auf.

Die Ex-Ministerin und Kriegsgegnerin Clare Short trat am Donnerstag mit der Behauptung auf, der britische Geheimdienst habe UNO-Generalsekretär Kofi Annan im Vorfeld des Krieges heimlich ausspioniert. Am Freitag weitete sich der Kreis der abgehörte auch auf die Waffeninspektoren Hans Blix und Richard Butler aus.

"Grossbritanniens Spionage-Schande" titelte der linksliberale "Independent" und sah in einem Kommentar bereits das "Ende der Demokratie" nahen. Grossen Schaden für Blair, der die Vorwürfe nicht dementieren wollte, konstatiert auch Nick Assinder, Politikkorrespondent der BBC.

Im Gesicht explodiert

Falls Blair immer noch nach Massenvernichtungswaffen Ausschau halte, müsse er sich nur in den eigenen Reihen umsehen. "Clare Short ist direkt in seinem Gesicht explodiert", analysierte er.

Die ehemalige Entwicklungshilfeministerin hat sich nach der einhelligen Meinung politischer Beobachter den Sturz Blairs auf die Fahnen geschrieben, mit dem sie sich über den Krieg entzweite. "Aussergewöhnliche Rücksichtslosigkeit" hatte sie ihrem Premier noch als Ministerin vor dem Krieg vorgeworfen, war aber erst Monate später während des Feldzuges zurückgetreten.

Vorwürfe ohne Fakten

Seitdem bescheinigte sie ihm wiederholt und öffentlich "messianischen Eifer", "Besessenheit" und "Machtmissbrauch". Ihre sehr persönlichen Angriffe aber konnte die früher als "linkes Gewissen" der Labour-Partei bezeichnete Short nicht mit Fakten belegen. Und dies trifft nun auch für die UNO-Abhörvorwürfe zu.

Freunde und Feinde Blairs hätten sich nach den Anschuldigungen vom Vortag an den Kopf gefasst und sich gefragt, "welche Granaten sie als nächstes gegen den Premierminister werfen wird", hiess es im "Guardian". "Das ist pathologisch, nicht politisch", zitierte die angesehene Zeitung einen Staatssekretär.

Und nicht zu Unrecht wird die Frage gestellt, warum Short ihr Wissen über mutmassliche britische Geheimdienstschnüffeleien im UNO-Hauptquartier nicht schon damals an die Öffentlichkeit gegeben hat.

Cooks Zweifel

Selbst Kriegsgegner Robin Cook, der als ex-Aussenminister Zugang zu allen Geheimdienstinformationen hatte, kommt Blair zu Hilfe und zweifelt die Behauptungen Shorts an: "Es ist Teil von Clares politischer Kampagne zur Unterminierung des Premiers, und es schadet sowohl der Regierung als auch der Partei", der sie alles zu verdanken habe.

BBC-Korrespondent Assinder meint, Blair setze darauf, dass sich der Rauch dieser kleinen Schlacht bald verzogen und sich der nicht belegte Vorwurf in Wohlgefallen aufgelöst haben wird.

Doch langfristig bestehe die Gefahr für den Premierminister, dass mit der ganzen Angelegenheit wieder Öl auf das fast schon erloschen geglaubte Feuer gegossen wird, wenn es in der Öffentlichkeit um die Frage geht, aus welchen Gründen britische Soldaten in den Irak geschickt wurden.

(bsk/sda)

 
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