Mitten in die zweite Sitzung des UEFA-Exekutivkommitees in
Stockholm war am Mittwoch Vormittag die brisante Verlautbarung der FIFA
geplatzt, welche die Auseinandersetzung zwischen dem europäischen
Fussballverband und dem Schweizer FIFA-Präsidenten weiter anheizte.
Der Dringlichkeitsausschuss der FIFA unterstützte im Schreiben
einen Entscheid Blatters vom 11. April, die im März eingesetzte
interne Ad-hoc-Buchprüfungskommission wegen eines Vertrauens-
Missbrauchs vorläufig zu suspendieren. Diese Aussetzung wurde nun
vom Dringlichkeitsausschuss bis zum 3. Mai verlängert. An diesem
Datum findet die nächste Sitzung der FIFA-Exekutive in Zürich
statt. Dann will auch FIFA-Generalsekretär Michel Zen-Ruffinen
seine Vorwürfe gegen Blatter beweisen.
Blatter habe mit dieser Suspendierung gegen die Statuten
verstossen und der Dringlichkeitsausschuss habe ebenfalls keine
Befugnis, die vom FIFA-Exekutivkommitee eingesetzte
Buchprüfungskommission zu stoppen, teilte UEFA-Präsident Johansson
gestern mit. Pikant: Als Europa-Vertreter gehört auch Johansson dem
Dringlichkeitsausschuss an. Der Schwede boykottiert aber
mittlerweile dessen Sitzungen.
Das 14-köpfige UEFA-Exekutivkommitee forderte die FIFA in einer
Resolution beinahe einstimmig auf, die Suspendierung sofort
aufzuheben, um endlich die Finanzen untersuchen zu können. Einzig
der Spanier Angel Maria Villar Llona enthielt sich der Stimme. «Was
hat die FIFA zu verbergen, wenn nicht einmal ein Vizepräsident
Einsicht in die Bücher haben darf?» fragt Johansson und unterstützt
David H. Will, den Vorsitzenden der Buchprüfungskommission, der von
Blatter in seiner Arbeit gestoppt worden war. Will hat gestern
seine Absicht kundgetan, die Untersuchungen trotz Suspendierung
weiterzuführen, so weit es möglich sei. Er muss der FIFA-Exekutive
am 3. Mai einen detaillierten Untersuchungs-Bericht vorlegen.
«Es herrscht eine Konfusion, die nicht mehr zu überbieten ist»,
sagt UEFA-Generaldirektor Gerhard Aigner und forderte Blatter zum
Rücktritt auf, «in jeder Organisation, die etwas auf sich hält,
wäre der Verantwortliche in einer solchen Situation
zurückgetreten.» Aigner erhielt bei der Pressekonferenz nach der
gestrigen Sitzung Unterstützung durch Johansson: «Ein Rücktritt
wäre eine gute Idee, aber er wird es nicht tun, sondern am 29. Mai
kandidieren. Blatter ist überzeugt, in Seoul wieder gewählt zu
werden.»
Blatter heute in Stockholm
Mit diesem Selbstvertrauen wird Blatter am Donnerstag auch
beim UEFA-Kongress in Stockholm auftreten, um seinen Wahlkampf im
Beisein von Widersacher Issa Hayatou «in der Höhle des Löwen»
fortzuführen. Nicht alle Delegierten der 51 UEFA-Mitgliedsländer
unterstützen Johansson, der sich vehement für eine Wahl des
Kameruners Hayatou stark macht. So steht Gerhard Mayer-Vorfelder
noch immer auf der Seite Blatters und stimmt als Vertreter
Deutschlands für den Schweizer. Mayer-Vorfelder bewirbt sich bei
den heutigen Wahlen um einen Sitz in der FIFA-Exekutive.
Edwin Rudolf leitet EM-Bewerbung
Seit Dienstag ist in Stockholm eine 18-köpfige Delegation aus
der Schweiz und Österreich an der Arbeit, um die gemeinsame
Bewerbung für die EM 2008 in ein möglichst gutes Licht zu stellen.
In der schwedischen Hauptstadt buhlen heute alle sieben EM-Bewerber
um die Gunst der UEFA-Delegierten. Als Delegationsleiter in
Stockholm fungiert der frühere Sporthilfe-Direktor Edwin Rudolf,
der eine langjährige Erfahrung als Betreiber des Schweizer Hauses
bei Olympischen Spielen vorweisen kann.
(René Baumann, Stockholm /sda)