Borkenkäfer im Klimawandel

publiziert: Mittwoch, 23. Sep 2015 / 12:47 Uhr

Sicher kennen Sie noch den Borkenkäfer. Vor einigen Jahren befiel er nach starken Stürmen und dem Hitzesommer 2003 grossflächig Fichtenbestände und verursachte enorme forstwirtschaftliche Schäden. Aber ist er auch heutzutage noch gefährlich? Und wie wird sich der Klimawandel auf ihn auswirken?

1 Meldung im Zusammenhang
«Den Borkenkäfer - gibt's den noch?» Solche Fragen hören wir oft, wenn wir Nicht-Fachleuten über unsere Forschung berichten. Wenn man hier landläufig vom «Borkenkäfer» spricht, ist meistens der Buchdrucker (Ips typographus) gemeint, der bekannteste und bedeutendste der 119 Borkenkäferarten der Schweiz. Er kommt in jedem Wald mit Fichten vor und ist ein wichtiges Pionierinsekt beim Abbau stark geschwächter oder abgestorbener Bäume. Wenn er sich jedoch in Massen vermehrt, üblicherweise nach grossen Sturmereignissen, kann er grossflächig auch vitale Fichtenbestände befallen. Nach den Stürmen Vivian (1990) und Lothar (1999) war «der Käfer» nicht nur in den Wäldern, sondern auch in den Medien allgegenwärtig. In den letzten Jahren ist es aber ruhiger um ihn geworden, da wir zurzeit in den meisten Regionen der Schweiz sehr niedrige Käfer- und Befallszahlen verzeichnen.

Profitiert der Buchdrucker vom Klimawandel?

Neben Sturmereignissen beeinflussen vor allem Temperatur und Niederschlag die Wechselwirkungen zwischen dem Buchdrucker und seinem Wirtsbaum, der Fichte. In einem vom BAFU finanzierten Forschungsprojekt haben wir an der WSL den Einfluss des Klimawandels auf diese Zusammenhänge untersucht. Ein wichtiges Mass für das Gefährdungspotenzial des Buchdruckers ist die Anzahl der Generationen, die er einem Jahr hervorbringen kann. Mit jeder Generation vervielfacht sich die Käferpopulation, sofern ausreichend befallsfähige Fichten verfügbar sind: Ein Weibchen produziert  etwa 50 Käfer (1. Generation), daraus entstehen um die 1'250 Individuen in der 2. Generation, und in der dritten können es dann bereits über 30'000 sein. Bei steigenden Temperaturen entwickeln sich die Käfer schneller und können somit eher eine weitere Generation anlegen (siehe nachfolgende Abbildung). Vor allem im Mittelland, wo zurzeit meist zwei Generationen ausgebildet werden, könnte bis Ende des Jahrhunderts vermehrt eine dritte entstehen. Auch werden die Käfer früher im Jahr beginnen zu fliegen, wodurch sich die Befallsperiode verlängern wird. Erhöhte Temperaturen und die möglicherweise ebenfalls ansteigende Trockenheit werden die Fichten vor allem in tiefen, südexponierten Lagen schwächen und so ihre Abwehrfähigkeit vermindern. Zusammen mit dem schnelleren Populationswachstum kann der Käfer diese Bäume leichter besiedeln. Insgesamt wird der Klimawandel schweizweit die Anfälligkeit für den Befall von Fichtenbeständen erhöhen. Extremsituationen wie im Jahrhundertsommer 2003 könnten dann gegen Ende des Jahrhunderts der Normalfall sein.

Aktuelle Informationen für die Praxis

Neben langfristigen Prognosen interessieren sich Förster vor allem dafür, wie sich das aktuelle Wetter auf die Borkenkäfer vor Ort auswirkt. Dazu haben wir an der WSL die Online-Plattform www.borkenkaefer.ch entwickelt. Hier können sich Förster, Kantonsvertreter, Waldbesitzer, aber auch interessierte Laien darüber informieren, wie sich im Frühjahr oder Sommer der Käferflug auf einer bestimmten Höhenlage und Exposition entwickelt und wie die Prognose bis zum Winterbeginn aussieht. Ausserdem gibt es Hintergründiges zum Buchdrucker und zur regionalen Befallsgeschichte der letzten 30 Jahre.

Das Risiko für Borkenkäferbefall steigt

Es gibt ihn also durchaus noch, den Borkenkäfer, und seine Zukunftsperspektive unter veränderten Klimabedingungen ist gar nicht schlecht. Auch wenn die Fichte zurzeit im Mittelland zurück geht, werden steigende Temperaturen und sinkende Sommerniederschläge dort mittelfristig noch zu einem erhöhten Befallsrisiko führen. Auch in höheren Lagen, wo die Fichte eher noch zunehmen wird, wird eine zusätzliche Käfergeneration das Befallsrisiko steigern. Man muss also weiterhin mit ihm rechnen, dem Käfer.

(ETH-Zukunftsblog)

Lesen Sie hier mehr zum Thema
Davos/Neuenburg - Bäume treiben gemäss einer internationalen Studie ihre Blätter im ... mehr lesen
Die Bäume treiben nicht so viel schneller aus, wie eigentlich vermutet wurde - der Grund soll darin liegen, dass wegen wärmeren Temperaturen im Herbst die Winterruhe nicht ausgelöst wird.
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
Mit Biogas betriebene Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen (WKK) können fluktuierenden Solarstrom kompensieren und Gebäude beheizen.
Mit Biogas betriebene ...
Eine zentrale Herausforderung der Energiewende ist es, die schwankende Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen auszugleichen. Eine Machbarkeitsstudie zeigt nun für drei Schweizer Kantone auf, wie ein Verbund von Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen kurzfristige Engpässe überbrücken und Gebäude mit Strom und Wärme versorgen kann. mehr lesen 
Vor rund hundert Jahren begann die Industrialisierung der Landwirtschaft - heute erleben wir den Beginn ihrer Digitalisierung. Damit die Big-Data-Welle den Bauer nicht vom Acker schwemmt, sondern ihn optimal unterstützt, gilt es, das Feld früh zu bestellen und Marken zu setzen, damit die digitale Landwirtschaft die richtigen Fragen adressiert. mehr lesen  
Die Schweizer Wasserkraft darbt. Die Ursache dafür sind letztlich Verzerrungen im europäischen Strommarkt. Nun diskutiert die Politik Subventionen für die ... mehr lesen  
Wie werden Wasserkraftwerke wieder rentabel?
Climate change has been communicated as a global concern affecting all of mankind; but this message doesn't seem to be getting through.
Climate change has been communicated as a global concern affecting all of mankind; but this message doesn't seem to be getting through. If indeed the human brain responds better to experience ... mehr lesen  

Fakten und Meinungen zu Nachhaltigkeit

Der Zukunftsblog der ETH Zürich nimmt aktuelle Themen der Nachhaltigkeit auf. Er bietet eine Informations- und Meinungsplattform, auf der sich Expertinnen und Experten der ETH zu den Themenschwerpunkten Klimawandel, Energie, Zukunftsstädte, Welternährung und Natürliche Ressourcen äussern. Prominente Gäste aus Forschung, Politik und Gesellschaft tragen mit eigenen Beiträgen zur Diskussion bei.

Lesen Sie weitere Beiträge und diskutieren Sie mit auf: www.ethz.ch/zukunftsblog

Viele Start-ups in der Schweiz haben sich dem Umweltschutz verschrieben.
Green Investment Start-ups für die Nachhaltigkeit aus der Schweiz Kaum ein anderes Land in Europa ist beim ...
 
Stellenmarkt.ch
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Sa So
Zürich 1°C 7°C trüb und nassleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen trüb und nass
Basel 3°C 9°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
St. Gallen 1°C 5°C trüb und nassleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig starker Schneeregen immer wieder Schnee
Bern -1°C 7°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
Luzern 2°C 7°C trüb und nassleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen trüb und nass
Genf 0°C 12°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wolkig, aber kaum Regen
Lugano 6°C 16°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig wolkig, aber kaum Regen
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten