Brecht in Luzern, Nabelschau in Zürich
Zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung arbeiten nicht in ihrer Wohngemeinde. Die Schweiz ist kein Raum, sondern mehr und mehr ein Städtenetz, das sich von Genf nach Fribourg über Bern, Olten, Zürich nach St. Gallen ausdehnt. Seit 1970 sind Pendler nicht mehr männlich und in der Minderheit, sondern «das Volk». Also höchste Zeit, dazu ein Stück zu verfassen.
«Stosszeit», die Pendlerballade von Gisela Widmer als Theaterproduktion von Annette Windlin macht genau das. Sie macht es so brillant, dass frau sich als Zuschauerin plötzlich fühlt als hätte man Brecht in Luzern entdeckt.
Die Elvetino-Stewardess Klara erzählt uns zwischen den Geleisen, im Zug, auf dem Zug und auf dem Bahnsteig (die Bühnenkomposition ist ebenso genial wie der Text) ihr Leben, ihren Alltag, die herrschende Politik. Sie beginnt wie viele in der modernen Gesellschaft: Mit Einsamkeit. Die Pendler sehen durch die Frau, die ihre 200 Kilogramm schwere Railbar vor sich stossen oder hinter sich ziehen muss; sie sehen sie als Funktion, nicht als Mensch. Klara ist anständig, nett, sie bewundert einige ihrer Stammgäste: Die Dame im eleganten Kostüm, den Mann, dessen Ehefrau ihn zuhause betrügt, die Menschen, welche gemeinsam vom Büro zuhause in ein fast identisches Büro, das nicht zuhause liegt, hin- und herfahren.
Für 215 Stunden pro Monat verdient Klara brutto nur 3'500 Franken. Die Zwangspausen an den Bahnhöfen werden nicht bezahlt. Die Railbar-Stewards dürfen an den Bahnhöfen nicht mal rauchen, da dies schlecht für das Elvetino-Image ist. Ständig muss jemand bei der Railbar stehen, sonst werden die Sandwiches, Gummibärchen, Twix und Brezel geklaut. Fehlt etwas, muss die Rail-Stewardess für den Verlust aufkommen. Der Job geht massiv in den Rücken. Kein Wunder. Bei 200 Kilogramm! Es ist eigentlich unglaublich, welch hohen Preis viele Menschen zu zahlen bereit sind, nur um ein Arbeitssystem aufrechtzuerhalten, welches einem Manager ermöglicht, auch beim halbstündigen Puffbesuch noch «16'000 Franken» zu «verdienen» (Escort wird dann unter «Spesen» abgebucht) während dieser Betrag auf dem Bau, an der Kasse, im Kiosk im besten Fall einem Vierteljahr-Lohn entspricht.
All dies geht der Zuschauerin bei Widmers Stosszeit fast unter die Haut. Annette Windlin alias Klara erspielt auf der Bühne die Schweiz in Bildern, die seit Dürrenmatt und Bärfuss eher selten auf Schweizer Bühnen zu sehen sind. Klara ist unsere Mutter Courage. Sie wagt den Krieg, der heutzutage «Reality-Show» heisst. Sie durchlebt die Nichtigkeit und den Glanz einer Gesellschaft, welche es sich leistet, Prominenz höher zu gewichten als Kompetenz. Klara wagt die Revolution, um am Ende klassisch und gut bürgerlich stillgestellt zu werden; Klara kriegt das Leben wie es ist, statt ein Leben wie es auch sein könnte. Annette Windlin ist als Klara schlicht grossartig und Widmers Stück ist ein Stück Brecht in Luzern, das Allen zu empfehlen ist.
So. Nun reiben Sie sich die Augen und fragen sich, weshalb an dieser Stelle statt dem üblichen polit-philosophischen Kommentar die Hymne an ein Theaterstück steht.
Das Stück ist feinste Politik und gelebte Demokratie in einer Art, wie dies ausschliesslich poetische Dramatikerinnen zustande bringen. Tragisch am Ganzen ist, was mit diesem grossartigen Stück in diesem kleinen Land und in dessen Medien passiert. «Stosszeit» wird in Luzern, Küssnacht, Altdorf, Frauenfeld, Baden, Sursee, Mels SG, Schwyz, Stans und Zug aufgeführt. «Stosszeit» zeigt nicht nur eine der besten Schauspielerinnen, welche die Schweiz wohl hat, sondern auch ein Bühnenbild, dessen Kreativität Vergleiche lange suchen muss.
Doch was passiert in der deutschschweizerischen Medienlandschaft? «Stosszeit» gibt es ausserhalb der erwähnten Städte nicht. «Stosszeit» erleidet das Schicksal aller Kultur, Poesie und Events, die nicht in Zürich und die nicht via einen befreundeten Fernseh- oder Tamediaredaktor gesehen, anerkannt, diskutiert werden. Luzern ist schon seit Jahren das Herz vieler poetischer, kultursinniger und ökonomisch klugen Entwicklungen. Hören wir Nicht-Luzerner irgendwie davon? Sehen wir, wie es auch geht in einer Schweizer Stadt, die nicht nur Migration, Blocher oder die Polizei thematisieren kann? Diskutieren wir die Vielfalt der sogenannten Innerschweiz mit ihren herausragenden Talenten statt uns mit hässigen Anti-Deutschlandparolen oder Bahnhofstrassenmentalität auseinanderzusetzen? Nö.
Zürich ist echt eine grossartige Stadt. Ich würde sofort wieder dorthin ziehen, wenn ich einen Wohnort in der Schweiz suchen würde. Doch die Medienkonzentration, die von Zürich in Verbindung mit der SVP und den Grossbanken ausgeht, zerstört seit einigen Jahren die Schweiz, die realpolitisch existiert. Medial finden Nabelschauen statt, die nicht mehr amüsant, sondern nur noch peinlich und wirklichkeitsfremd sind. Die in den Medien zelebrierte totalitäre Zürichfixiertheit erinnert an Charlotte Roche's «Feuchtgebiete»: Da wird ein narzistischer Bestseller einer oversexed and underfucked Generation zelebriert, während anderswo schon längst die besseren Brechts, Bachmanns, Dürrenmatts, Mulischs und Lewinskys das Leben vieler und entscheidender Menschen wort- und handlungsstark zeigen, reflektieren und bereichern. Es ist höchste Zeit und für die Schweiz entscheidend, dass Zürichs Medien, Politik und Kultur statt in einer Nabelschau in der Vielfalt der Eidgenossenschaft aufgehen.
(Regula Stämpfli/news.ch)
Eines scheint gesichert zu sein, sie verdient ihre (Lachs-)Brötchen viel ringer als die Elvetino-Stewardess Klara!
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