Literatur im Gefängnis «wertvoll»
Bücherverbot für britische Häftlinge - Protestwelle
publiziert: Donnerstag, 24. Apr 2014 / 10:32 Uhr / aktualisiert: Donnerstag, 24. Apr 2014 / 10:48 Uhr
Nadeschda Tolokonnikowa betont den Wert von Literatur im Gefängnis.
London - Grossbritannien erregt mit dem Verbot von Bücher- und Zeitschriftensendungen für Gefängnisinsassen zunehmend den Unmut von nationalen und internationalen Menschenrechtsaktivisten.
Eine entsprechende Protestinitiative der britischen Charity-Organisation Howard League for Penal Reform und des Literaturnetzwerks English PEN hat nun mehrere Briefe namhafter Künstler, Schriftsteller und Aktivisten aus den unterschiedlichsten Ländern dieser Welt veröffentlicht, die die britische Regierung zu einer sofortigen Aufhebung des Verbots bewegen sollen. Darunter findet sich auch ein Schreiben eines Mitglieds der derzeit wohl berühmtesten Mädchen-Punk-Band «Pussy Riot».
«Bücher stellen für dich die ganze Welt dar, wenn du im Gefängnis sitzt», zitiert der Guardian aus dem Schreiben von Nadeschda Andrejewna Tolokonnikowa, die als eine der zentralen Figuren der 2011 gegründeten feministischen, regierungs- und kirchenkritischen Punkrock-Band gilt. Das Pussy-Riot-Mitglied spricht aus leidlicher persönlicher Erfahrung, schliesslich musste sie nach einer umstrittenen Verurteilung wegen «Rowdytums» gemeinsam mit zwei weiteren Bandkolleginnen 21 Monate in einem russischen Gefängnis ausharren. «Nur wenn man Bücher hat, weiss man, dass jeder Tag, den man hinter Gittern verbringt, nicht vollkommen umsonst gewesen ist», betont Tolokonnikowa.
«Reinste Folter»
Mit ihrer offenen Kritik an den übertrieben strengen Haftregeln in Grossbritannien ist die bekennende Putin-Gegnerin aber längst nicht alleine. So haben sich neben der Pussy-Riot-Mitgründerin auch insgesamt neun andere prominente Künstler, Autoren und Menschenrechtsaktivisten in schriftlicher Form zu den «skandalösen Vorschriften» geäussert. Darunter etwa die weissrussische Journalistin Iryna Kahlip, die nach der Kritik des heimatlichen Regimes im Mai 2011 zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. «Wenn ihr den Gefangenen die Bücher wegnehmt, ist das reinste Folter. In Haft braucht man Bücher wie die Luft zum Atmen», stellt sie in ihrem Protestbrief klar.
Auch ihr nigerianischer Kollege Kunle Ajibade, der dreieinhalb Jahre lang in einem alten, noch während der britischen Kolonialzeit errichteten Gefängnis in Makurdi zubringen musste, kann die aktuelle Situation in Grossbritannien nicht nachvollziehen. «Ich war an einem Ort gefangen, der nach verrottendem Fleisch und Exkrementen stank. Aber sogar dort war es mir erlaubt, Bücher geschickt zu bekommen», kritisiert Ajibade. Er habe in Haft auch persönlich erlebt, welche therapeutische Wirkung Literatur in derart trostlosen Situationen haben kann. «Warum sollte jemand, der sich auch nur einigermassen für Menschlichkeit einsetzt, das einem Gefangenen wegnehmen wollen», so der Journalist.
Vergünstigungen und Privilegien
Hintergrund für die gegenwärtige internationale Protestwelle ist eine Anordnung des britischen Justizministeriums Ministry of Justice. Die Regierungsbehörde hatte im November 2013 ein flächendeckendes Verbot ausgesprochen, das es Angehörigen untersagt, ihren inhaftierten Verwandten oder Bekannten Bücher oder Zeitschriften zukommen zu lassen. Mit der gleichen Massnahme wurde den Gefängnisinsassen zudem auch die Annahme anderer essenzieller Gegenstände wie etwa Unterwäsche verboten. Mit den neuen Regeln wollte das Justizministerium laut eigenen Angaben «mit Vergünstigungen und Privilegien» von Gefangenen aufräumen.
«Bücher stellen für dich die ganze Welt dar, wenn du im Gefängnis sitzt», zitiert der Guardian aus dem Schreiben von Nadeschda Andrejewna Tolokonnikowa, die als eine der zentralen Figuren der 2011 gegründeten feministischen, regierungs- und kirchenkritischen Punkrock-Band gilt. Das Pussy-Riot-Mitglied spricht aus leidlicher persönlicher Erfahrung, schliesslich musste sie nach einer umstrittenen Verurteilung wegen «Rowdytums» gemeinsam mit zwei weiteren Bandkolleginnen 21 Monate in einem russischen Gefängnis ausharren. «Nur wenn man Bücher hat, weiss man, dass jeder Tag, den man hinter Gittern verbringt, nicht vollkommen umsonst gewesen ist», betont Tolokonnikowa.
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Mit ihrer offenen Kritik an den übertrieben strengen Haftregeln in Grossbritannien ist die bekennende Putin-Gegnerin aber längst nicht alleine. So haben sich neben der Pussy-Riot-Mitgründerin auch insgesamt neun andere prominente Künstler, Autoren und Menschenrechtsaktivisten in schriftlicher Form zu den «skandalösen Vorschriften» geäussert. Darunter etwa die weissrussische Journalistin Iryna Kahlip, die nach der Kritik des heimatlichen Regimes im Mai 2011 zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. «Wenn ihr den Gefangenen die Bücher wegnehmt, ist das reinste Folter. In Haft braucht man Bücher wie die Luft zum Atmen», stellt sie in ihrem Protestbrief klar.
Auch ihr nigerianischer Kollege Kunle Ajibade, der dreieinhalb Jahre lang in einem alten, noch während der britischen Kolonialzeit errichteten Gefängnis in Makurdi zubringen musste, kann die aktuelle Situation in Grossbritannien nicht nachvollziehen. «Ich war an einem Ort gefangen, der nach verrottendem Fleisch und Exkrementen stank. Aber sogar dort war es mir erlaubt, Bücher geschickt zu bekommen», kritisiert Ajibade. Er habe in Haft auch persönlich erlebt, welche therapeutische Wirkung Literatur in derart trostlosen Situationen haben kann. «Warum sollte jemand, der sich auch nur einigermassen für Menschlichkeit einsetzt, das einem Gefangenen wegnehmen wollen», so der Journalist.
Vergünstigungen und Privilegien
Hintergrund für die gegenwärtige internationale Protestwelle ist eine Anordnung des britischen Justizministeriums Ministry of Justice. Die Regierungsbehörde hatte im November 2013 ein flächendeckendes Verbot ausgesprochen, das es Angehörigen untersagt, ihren inhaftierten Verwandten oder Bekannten Bücher oder Zeitschriften zukommen zu lassen. Mit der gleichen Massnahme wurde den Gefängnisinsassen zudem auch die Annahme anderer essenzieller Gegenstände wie etwa Unterwäsche verboten. Mit den neuen Regeln wollte das Justizministerium laut eigenen Angaben «mit Vergünstigungen und Privilegien» von Gefangenen aufräumen.
(bert/pte)
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