Zuwanderung

Bundesrat muss selber über flankierende Massnahmen entscheiden

publiziert: Dienstag, 9. Feb 2016 / 18:13 Uhr / aktualisiert: Dienstag, 9. Feb 2016 / 18:41 Uhr
Bundesrat Johann Schneider-Ammann.
Bundesrat Johann Schneider-Ammann.

Bern - Arbeitnehmer und Arbeitgeber können sich nicht über die Verstärkung der flankierenden Massnahmen einigen. Die vom Bundesrat eingesetzte Arbeitsgruppe hat die heisse Kartoffel zurückgegeben. Nun muss die Regierung selber entscheiden, wie es weitergeht.

7 Meldungen im Zusammenhang
Genau das wollte Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann vermeiden. Darum beauftragte er kurz vor Weihnachten Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit, die Sozialpartner noch einmal an einen Tisch zu bringen. Sie sollten sich im Hinblick auf die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative über eine Stärkung der flankierenden Massnahmen einigen. Dafür gab ihnen Schneider-Ammann bis Ende Februar Zeit.

Die Sozialpartner brauchten nicht die ganze Frist, um festzustellen, dass es keine einvernehmliche Lösung gibt, wie der Tages-Anzeiger schon letzte Woche berichtete. Von beiden Seiten ist zu hören, dass die Gespräche ohne Ergebnis abgebrochen worden sind. «Die Arbeitsgruppe konnte sich nicht einigen», sagte Unia-Präsidentin Vania Alleva der Nachrichtenagentur sda. Bei einem Teil der Arbeitgeber gebe es grossen Widerstand gegen die Verstärkung der flankierenden Massnahmen.

Zweite Chance

Das ist keine Überraschung, denn in dem Streit gibt es nun seit drei Jahren keine Lösung. Schneider-Ammann und Justizministerin Simonetta Sommaruga hatten bereits 2013 eine Arbeitsgruppe mit dem gleichen Auftrag eingesetzt. Diese konnte sich nicht einigen, zumindest nicht rechtzeitig, um die gewerkschaftlichen Zweifler an Bord zu holen und am 9. Februar 2014 für ein Abstimmungsresultat im Sinne des Bundesrats zu sorgen.

Als die Arbeitsgruppe ihren Bericht dann mit einigen Wochen Verspätung vorlegte, lagen verschiedene handfeste Vorschläge auf dem Tisch. Über einen davon, die höheren Bussen bei Verstössen gegen minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen, entscheidet der Nationalrat in der Frühlingssession. Die übrigen hat der Bundesrat letztes Jahr auf Eis gelegt.

Gleiches Resultat

In der Vernehmlassung hatte sich die Wirtschaft vor allem gegen die erleichterte Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen gesträubt. Aber auch die Möglichkeit, eine Allgemeinverbindlichkeit zu verlängern, sowie die Voraussetzungen zur Verlängerung eines Normalarbeitsvertrages fielen durch.

Die gleichen Vorschläge lagen nun noch einmal auf dem Tisch der Sozialpartner. Für Fredy Greuter, Sprecher des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, eine schwierige Ausgangslage für eine Einigung. Man könne das nach einem halben Jahr noch einmal zur Diskussion stellen, sagte er. «Aber wenn sich die Ausgangslage nicht verändert hat, muss man damit rechnen, dass auch das Resultat das gleiche ist.»

Offenbar hat der Druck des Bundesrats nicht ausgereicht, um die verhärteten Fronten aufzuweichen. Darum ist die Regierung nun wieder selber am Zug. Für sie ist die Stärkung der flankierenden Massnahmen ein tragender Pfeiler bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. Bis am 18. März erwartet der Bundesrat nun konkrete Vorschläge von Schneider-Ammann.

Dem erklärten Anhänger sozialpartnerschaftlicher Lösungen sind solche hoheitlichen Eingriffe in den Arbeitsmarkt ein Gräuel. Es ist darum denkbar, dass Schneider-Ammann dem Bundesrat empfiehlt, auf eine Stärkung der flankierenden Massnahmen zu verzichten. Ob er sich damit durchsetzen könnte, ist ungewiss, trotz neuer Zusammensetzung des Siebnergremiums.

Druck der Gewerkschaften

Doch der Druck ist gross. Ohne Stimmen von Links wäre die Masseneinwanderungsinitiative nicht angenommen worden. Und ohne die geschlossene Unterstützung der Linken ist eine tragfähige Umsetzung kaum denkbar. Auch die Gewerkschaften stehen zu den bilateralen Verträgen - sofern sie den Arbeitnehmenden nützen.

Die Verstärkung der flankierenden Massnahmen sei entscheidend, sagte Alleva. Die Abstimmung über die Initiative habe gezeigt, dass viele Arbeitnehmende verunsichert seien, gerade ältere. «Diese Verunsicherung muss man ernst nehmen, darum braucht es stärkere Schutzmassnahmen.»

Dabei gehen die Vorstellungen der Gewerkschaften weit über die ursprünglichen Vorschläge des Bundesrats hinaus. Im November haben die Delegierten des Gewerkschaftsbunds einen langen Forderungskatalog verabschiedet. Dieser umfasst unter anderem zusätzliche Kontrollen, mehr Prävention, Bussen für Arbeitgeber bei Scheinselbständigkeit oder ein stärkerer Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmende. Bei den Arbeitgebern haben die Gewerkschaften damit auf Granit gebissen.

 

(fest/sda)

Kommentieren Sie jetzt diese news.ch - Meldung.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Bern - Bei der Durchsetzungsinitiative und der Initiative gegen die Heiratsstrafe ... mehr lesen 1
Seit der ersten Befragung hat sich die Zustimmungsbereitschaft um 5 Prozentpunkte verringert.
Die flankierenden Massnahmen wurden schon mehrmals verschärft.
Bern - Die Debatte um die flankierenden Massnahmen spaltet die Wirtschaft. Arbeitgeber und Gewerbeverband widersetzen sich jeder Verschärfung. Doch Westschweizer Wirtschaftsverbände und ... mehr lesen
Bern - Vor zwei Jahren haben Volk ... mehr lesen
Die Masseneinwanderungsinitiative gibt auch nach zwei Jahren noch zu diskutieren.
Die Erwerbslosigkeit hat einen Höchststand erreicht. (Symbolbild)
Bern - Die Arbeitslosigkeit muss aus ... mehr lesen
Weitere Artikel im Zusammenhang
Unia möchte Angriffe auf Arbeitsbedingungen und Löhne bekämpfen.
Bern - Die Gewerkschaft Unia will ... mehr lesen
Bern - Unter dem Strich sind letztes ... mehr lesen 2
Die meisten Zuwanderer kommen zum Arbeiten in die Schweiz. (Archivbild)
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
Teil des Plans ist die Durchmischung von Arbeits- und Wohnzonen sowie eine Überprüfung möglicher höherer Bauprojekte an geeigneten Standorten.
Teil des Plans ist die Durchmischung von Arbeits- und Wohnzonen ...
Bei einem Treffen am 13. Februar 2024 in Bern diskutierten Vertreterinnen und Vertreter der Kantone, Städte, Gemeinden, Bau- und Immobilienwirtschaft sowie der Zivilgesellschaft unter Leitung von Bundesrat Guy Parmelin Massnahmen zur Behebung der Wohnungsknappheit. Ein Aktionsplan mit über 30 Empfehlungen wurde vereinbart, um das Wohnungsangebot zu erhöhen und qualitativ hochwertigen, erschwinglichen und bedarfsgerechten Wohnraum zu schaffen. mehr lesen 
Um den Anforderungen der Wirtschaft Genüge zu tun  Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) hat im Jahr 2023 insgesamt 50 neue oder überarbeitete Berufe genehmigt und ... mehr lesen  
Für die Solarwirtschaft wurden die Berufe «Solarinstallateur/in EFZ», «Solarmonteur/in EBA» eingeführt.
Bernerhof, Sitz des Staatssekretariat für internationale Finanzfragen SIF.
Buchhaltung Das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) hat ihren Jahresabschlussbericht für das Jahr 2023 vorgelegt und ... mehr lesen  
Mehr Geld, mehr Qualität  Das Finanzierungssystem für überbetriebliche Kurse in der Berufsbildung (üK) erweist ... mehr lesen  
Die überbetrieblichen Kurse (üK) sind der dritte Lernort in der beruflichen Grundbildung.
Titel Forum Teaser
  • melabela aus littau 1
    es geht nicht nur um homosexuelle ich bin eine frau und verheiratet mit einem mann. leider betrifft es ... So, 14.08.16 13:18
  • Pacino aus Brittnau 731
    Kirchliche Kreise . . . . . . hatten schon immer ein "spezielles" Verhältnis zu ... Do, 09.06.16 08:07
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Das wird die Deutschen aber traurig machen. Wenn man keinen Flughafen und keinen Bahnhof ... Mi, 08.06.16 17:49
  • Pacino aus Brittnau 731
    Demokratie quo vadis? Wenn die Demokratie den Stacheldraht in Osteuropa-, einen Wahlsieg von ... Mo, 06.06.16 07:55
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Es... muss darum gehen, die Kompetenz der Kleinbauern zu stärken. Das sorgt ... Do, 02.06.16 13:07
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Kindeswohl egal! Es geht doch vor allem um die eigenen Kinder der Betroffenen. Die ... Do, 02.06.16 08:10
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Verlust der Solidarität: Verlust der Demokratie! Vollständig und widerspruchsfrei beantworten lässt sich das wohl nicht. ... Mi, 01.06.16 00:18
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Unterstützung "Deshalb sind für die Sozialhilfe 267 Millionen Franken mehr und für ... Di, 31.05.16 10:38
 
Stellenmarkt.ch
Der Remoteserver hat einen Fehler zurückgegeben: (500) Interner Serverfehler.
Source: http://www.news.ch/ajax/top5.aspx?ID=0&col=COL_3_1
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Mi Do
Zürich 5°C 16°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt, Regen
Basel 8°C 18°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt, Regen
St. Gallen 4°C 14°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt, Regen
Bern 4°C 16°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt, Regen
Luzern 6°C 16°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt, Regen
Genf 5°C 16°C sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich wechselnd bewölkt, Regen
Lugano 6°C 17°C sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt freundlich
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten