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Cornelia Goethe - schattenhafte Muse
publiziert: Montag, 27. Nov 2000 / 08:54 Uhr
Frankfurt - Sie war seine Spielgefährtin und Mitverschworene, später seine Korrespondentin und Leserin, sie ermunterte ihn zum Schreiben und pflegte ihn, wenn er krank war. Cornelia Goethe, am 7. Dezember vor 250 Jahren geboren, ist vor allem als Schwester Johann Wolfgang von Goethes bekannt.
Die Meinung der Nachwelt über sie ist geprägt von der
Darstellung ihres Bruders in «Dichtung und Wahrheit», aber auch von
der feministischen Forschung, die Cornelia als Opfer einer
patriarchalischen Gesellschaft sieht.
Um solche Vorstellungen zu relativieren und Cornelias 250. Geburtstag zu würdigen, hat das Frankfurter Goethe-Museum etwa 80 Dokumente über ihr Leben zusammengetragen. Die am Wochenende eröffnete Ausstellung «Wofür bin ich noch aufgespart» ist noch bis zum 21. Januar zu sehen.
Cornelia war das zweite Kind des Geheimrats Johann Caspar Goethe und seiner Frau Catharina Elisabeth Textor. Ausser dem 15 Monate älteren Johann Wolfgang erreichte keines der später geborenen fünf Geschwister das Erwachsenenalter. Bruder und Schwester waren zeitlebens eng verbunden, für eine inzestuöse Beziehung gebe es jedoch keinerlei Belege, betont Petra Maisak vom Goethe-Museum. Prägend für Cornelias Entwicklung sei vielmehr die stiefmütterliche Haltung ihrer Mutter gewesen. Während diese ihrem «Hätschelhans» Johann Wolfgang eine wahre Affenliebe entgegenbrachte, habe sie die Tochter «total lieblos» behandelt.
In der Erziehung jedoch wurden beide Kinder gleich behandelt. Vom siebten Lebensjahr an erhielt Cornelia, ebenso wie der Bruder, bei Privatlehrern Unterricht.
Sie lernte Griechisch, später Französisch, Englisch, Italienisch, Mathematik, Schönschreiben, Geographie und Zeichnen, wurde in Anstandslehre unterrichtet und war eine ausgezeichnete Pianistin. Vom Vater auf der Flöte begleitet, lernte das Geschwisterpaar sich auf dem Tanzparkett bewegen. «Ein tragischer Aspekt, dass diese Bildung ins Leere ging», sagt Maisak. Während Johann Wolfgang 1765 das Studium an der Leipziger Universität aufnahm, war Cornelia als Frau dieser Weg damals verschlossen.
Mit Briefen und Gemälden, Notenblättern und Zeichnungen, einem Seidenkleid und Pantoffeln aus der Kleinkindzeit, zeitgenössischen Büchern und Dokumenten wie dem Taufeintrag und der Eheurkunde wird das Leben Cornelias nachgezeichnet. So erinnert ein Eintrag im Haushaltsbuch des Vaters an den Besuch einer Laterna-Magica-Aufführung im Jahr 1755. Defoes Roman «Robinson Crusoe» mag zu Cornelias frühester Lektüre gehört haben.
Grossen Eindruck auf die Heranwachsende hatte sicher auch die Einquartierung französischer Soldaten während des Siebenjährigen Krieges im Elternhaus von 1759 bis 1761, von der ein Edikt berichtet. Leider findet sich unter den Objekten kein Brief Cornelias an ihren Bruder, weil Goethe später die gesamte Korrespondenz vernichtet hat.
Zeit ihres Lebens war Cornelia von Minderwertigkeitsgefühlen geplagt. Die vier Porträts, die die Ausstellung versammelt, widerlegen jedoch diese Selbsteinschätzung. Auch der völlige Mangel an Sinnlichkeit, den Goethe der Schwester in «Dichtung und Wahrheit» bescheinigt hat, muss in Frage gestellt werden.
Aus der «Correspondance secrète» jedenfalls, heimlich von Cornelia an die Freundin Katharina Fabricius geschriebenen Briefen, spricht sehr wohl eine grosse Sehnsucht nach Liebe. Am 1. November 1773 heiratete Cornelia den Juristen Johann Georg Schlosser und siedelte nach Karlsruhe über. Zunächst schien die Ehe glücklich zu sein, doch nach dem Umzug in das 1000 Einwohner zählende Städtchen Emmendingen in der Nähe von Freiburg im Breisgau fühlte sich Cornelia völlig vereinsamt. Nach der Geburt ihrer ersten Tochter verfiel sie nach eigenen Angaben «in Kranckheit und Melancolie». Schlosser veröffentlichte die Parabel «Eine Ehestandsscene», in der er dem Schwager Johann Wolfgang die Schuld am Scheitern der Ehe gibt: Dieser habe Cornelia allzu eng an sich gebunden und in höhere geistige Welten entführt, so dass sie für den Alltag nicht mehr tauglich gewesen sei.
Am 8. Juni 1777 starb Cornelia, nur 26 Jahre alt, nach der Geburt ihres zweiten Kindes. «Mit meiner Schwester», schrieb Goethe, «ist mir eine so starcke Wurzel die mich an der Erde hielt abgehauen worden, dass die Äste von oben, die davon Nahrung hatten, auch absterben müssen».
Um solche Vorstellungen zu relativieren und Cornelias 250. Geburtstag zu würdigen, hat das Frankfurter Goethe-Museum etwa 80 Dokumente über ihr Leben zusammengetragen. Die am Wochenende eröffnete Ausstellung «Wofür bin ich noch aufgespart» ist noch bis zum 21. Januar zu sehen.
Cornelia war das zweite Kind des Geheimrats Johann Caspar Goethe und seiner Frau Catharina Elisabeth Textor. Ausser dem 15 Monate älteren Johann Wolfgang erreichte keines der später geborenen fünf Geschwister das Erwachsenenalter. Bruder und Schwester waren zeitlebens eng verbunden, für eine inzestuöse Beziehung gebe es jedoch keinerlei Belege, betont Petra Maisak vom Goethe-Museum. Prägend für Cornelias Entwicklung sei vielmehr die stiefmütterliche Haltung ihrer Mutter gewesen. Während diese ihrem «Hätschelhans» Johann Wolfgang eine wahre Affenliebe entgegenbrachte, habe sie die Tochter «total lieblos» behandelt.
In der Erziehung jedoch wurden beide Kinder gleich behandelt. Vom siebten Lebensjahr an erhielt Cornelia, ebenso wie der Bruder, bei Privatlehrern Unterricht.
Sie lernte Griechisch, später Französisch, Englisch, Italienisch, Mathematik, Schönschreiben, Geographie und Zeichnen, wurde in Anstandslehre unterrichtet und war eine ausgezeichnete Pianistin. Vom Vater auf der Flöte begleitet, lernte das Geschwisterpaar sich auf dem Tanzparkett bewegen. «Ein tragischer Aspekt, dass diese Bildung ins Leere ging», sagt Maisak. Während Johann Wolfgang 1765 das Studium an der Leipziger Universität aufnahm, war Cornelia als Frau dieser Weg damals verschlossen.
Mit Briefen und Gemälden, Notenblättern und Zeichnungen, einem Seidenkleid und Pantoffeln aus der Kleinkindzeit, zeitgenössischen Büchern und Dokumenten wie dem Taufeintrag und der Eheurkunde wird das Leben Cornelias nachgezeichnet. So erinnert ein Eintrag im Haushaltsbuch des Vaters an den Besuch einer Laterna-Magica-Aufführung im Jahr 1755. Defoes Roman «Robinson Crusoe» mag zu Cornelias frühester Lektüre gehört haben.
Grossen Eindruck auf die Heranwachsende hatte sicher auch die Einquartierung französischer Soldaten während des Siebenjährigen Krieges im Elternhaus von 1759 bis 1761, von der ein Edikt berichtet. Leider findet sich unter den Objekten kein Brief Cornelias an ihren Bruder, weil Goethe später die gesamte Korrespondenz vernichtet hat.
Zeit ihres Lebens war Cornelia von Minderwertigkeitsgefühlen geplagt. Die vier Porträts, die die Ausstellung versammelt, widerlegen jedoch diese Selbsteinschätzung. Auch der völlige Mangel an Sinnlichkeit, den Goethe der Schwester in «Dichtung und Wahrheit» bescheinigt hat, muss in Frage gestellt werden.
Aus der «Correspondance secrète» jedenfalls, heimlich von Cornelia an die Freundin Katharina Fabricius geschriebenen Briefen, spricht sehr wohl eine grosse Sehnsucht nach Liebe. Am 1. November 1773 heiratete Cornelia den Juristen Johann Georg Schlosser und siedelte nach Karlsruhe über. Zunächst schien die Ehe glücklich zu sein, doch nach dem Umzug in das 1000 Einwohner zählende Städtchen Emmendingen in der Nähe von Freiburg im Breisgau fühlte sich Cornelia völlig vereinsamt. Nach der Geburt ihrer ersten Tochter verfiel sie nach eigenen Angaben «in Kranckheit und Melancolie». Schlosser veröffentlichte die Parabel «Eine Ehestandsscene», in der er dem Schwager Johann Wolfgang die Schuld am Scheitern der Ehe gibt: Dieser habe Cornelia allzu eng an sich gebunden und in höhere geistige Welten entführt, so dass sie für den Alltag nicht mehr tauglich gewesen sei.
Am 8. Juni 1777 starb Cornelia, nur 26 Jahre alt, nach der Geburt ihres zweiten Kindes. «Mit meiner Schwester», schrieb Goethe, «ist mir eine so starcke Wurzel die mich an der Erde hielt abgehauen worden, dass die Äste von oben, die davon Nahrung hatten, auch absterben müssen».
(sda)
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