Credit Suisse vor Übernahme deutscher Banken

"Wenn die deutschen Häuser Fortschritte bei der Profitabilität machen, können sie interessante Übernahmekandidaten werden", sagt Andreas Pläsier, Analyst bei der Berenberg Bank.

Branchenbeobachter Jörn Kissenkötter von M.M. Warburg bestätigt: "Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um sich zu positionieren und dann von der verbesserten ökonomischen Lage hier zu Lande zu profitieren."

Nutze ein ausländisches Institut die Gunst der Stunde, seien längerfristig weitere Stellenstreichungen nicht ausgeschlossen, sagen Analysten.

Einen weiteren massiven Abbau von Arbeitsplätzen wie in der jüngsten Bankenkrise werde es aber nicht geben. Die drei grössten deutschen Banken hatten in den vergangenen drei Jahren den Abbau von rund 30 000 Stellen angekündigt.

Grübel ist interessiert

Oswald Grübel, Co-Geschäftsführer der Credit Suisse Group (CSG), brachte die Diskussion am Mittwoch mit einem Zeitungsinterview erneut ins Rollen. Er wolle in den nächsten drei Jahren "substanziell" in Deutschland akquirieren und habe dabei vor allem die Filialkunden im Visier.

Damit würde Grübel die CSG-Strategie grundlegend ändern, sagen Analysten. Bislang hatte die Grossbank, die auf ihrem Heimmarkt ein starkes Privatkundengeschäft unterhält, auch in Deutschland die vermögende Privatkundschaft mit einem Anlagevermögen von 500 000 Euro an hofiert.

Citigroup macht es vor

Im Filialgeschäft macht bereits die Citibank, deutscher Ableger der amerikanischen Citigroup, erfolgreich vor, wie man in Deutschland Geld verdient.

Ausserdem sorgt die niederländische ING mit ihrer Direktbank-Tochter DiBa für Furore auf dem deutschen Markt. Noch in diesem Jahr will die DiBa mehr private Kunden haben als die Commerzbank.

Die Royal Bank of Scotland steht ebenfalls zum Sprung nach Deutschland bereit. Sie traut sich zwar nicht an eine Universalbank von der Grösse der Commerzbank heran, doch Bankchef Fred Goodwin bekundete sein Interesse an einzelnen Geschäftsbereichen - denn jetzt sei "die Zeit günstig".

Geringe Ertragskraft

Analysten können sich vorstellen, dass die ausländischen Institute die vorerst noch geringe Ertragskraft und Marktkapitalisierung der deutschen Banken nutzen, um günstig zuzukaufen.

Hinzu kommt, dass das Dreisäulenmodell aus Sparkassen, Genossenschafts- und Geschäftsbanken nicht ewig Bestand haben wird. Von 2006 an fällt die Gewährträgerhaftung für die Landesbanken und Sparkassen - also die Haftungszusage der öffentlichen Träger - weg, so dass die Institute mit ihrem Vermögen haften. Dann wird der Wettbewerb auf dem ohnehin umkämpften Markt noch härter.

Frühestens nächstes Jahr

Olaf Kayser, Analyst der Landesbank Rheinland-Pfalz, erwartet frühestens im kommenden Jahr die Übernahme einer deutschen Bank durch die CSG. Bis dahin dürften noch viele deutsche Institute mit ihrer Restrukturierung beschäftigt sein.

Eine Überraschung sei die CSG-Ankündigung trotzdem, denn das Filialgeschäft sei in Deutschland wenig rentabel, sagte der Anlagestratege.

(Antje Kasper/dpa)