Frauensäbel, der vor wenigen Wochen erst zum dritten Mal im WM-Program stand, wird 2004 in Athen als sechste Fecht-Disziplin olympisch. Das beschloss der Internationale Fechtverband FIE bei seinem Kongress in Havanna. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte bereits im September "grünes Licht" gegeben. Allerdings darf gemäss den IOC-Vorgaben die Anzahl von zehn Wettbewerben und 200 Athleten nicht erhöht werden.
Der mit 41:33 Stimmen angenommene Kompromiss sieht nun vor, die Teamwettbewerbe von sechs auf vier zu verringern (nur noch je einer pro Waffe sowie ein zusätzlicher Königswettbewerb mit allen drei Disziplinen). Je zwei Männer und Frauen werden in diesen Teamkonkurrenzen als "Mixed-Equipe" gemeinsam antreten. Von dieser happigen Änderung betroffen sind auch die Schweizer, die an den letzten Weltmeisterschaften in Nîmes mit drei Medaillen (zwei Mal Silber und einmal Bronze) erfolgreichste Degen-Nation der Welt waren.
Die Geschlechter werden innerhalb dieses Teamwettbewerbes weiterhin unter ihresgleichen gegeneinander fechten. Die Mannschaften erhalten aber dennoch eine klar veränderte Charakteristik.
Die beiden nächsten Weltmeisterschaften im August 2002 in Lissabon und im September 2003 in Havanna werden jedoch nochmals nach dem bisherigen Muster ausgetragen, also mit jeweils sechs Einzel- und Team-Wettbewerben ausgetragen. Nach Havanna wird eine Serie von Teamweltcupturnieren für die Team-Olympiaqualifikationen massgebend sein. Am Ende jener Team-Weltcup-Saison (2003/2004) erhalten die vier erstklassierten Länder der einzelnen Disziplinen einen Olympia-Teamstartplatz in Athen.
Hablützel-Bürki hadert
Zusätzliche Startplätze werden via Kontinental-Qualifikationen verteilt, so dass es in Athen mindestens Team-Viertelfinals geben wird. "Das Ganze ist ein Rückwärtsschritt im Fechten. Es ist eine Benachteiligung der kleinen Nationen. Wir Schweizer zählen zwar leistungsmässig zu den grossen Ländern im Degenfechten, infrastrukturell und verbandstechnisch gesehen sind wir aber Zwerge", meint Gianna Hablützel-Bürki. "Ich weiss nicht, was durch den Mixed-Teamwettbewerb attraktiver werden soll. Ich denke, dass die grossen Nationen noch besser werden."
Gianna Hablützel-Bürki hegt keine grossen Solidaridäts-Gefühle gegenüber dem Frauensäbel, der trotz geringer WM-Erfahrung und weniger WM-Teilnehmerinnen im Vergleich zu den Frauendegen-Anfängen (WM-Premiere 1989, Olympia-Premiere 1996) im Schnellzugtempo olympisch wird: "Etwas böse ausgedrückt kämpfen diejenigen Frauen in dieser Disziplin, die im Florett und Degen keine Erfolgsaussichten besassen oder besitzen."
Hablützel-Bürki will sich aber nicht grundsätzlich gegen Neuerungen wehren: "Man könnte doch vielmehr die von meinem Klubtrainer Hendryk Nielaba gemachte Erfindung einer Mischwaffe zwischen Florett und Degen pushen. Für Arm- und Bein-Treffer gibt einen Zähler, Kopf- und Rumpf-Touchen zählen zwei Punkte. So ist immer Action auf der Planche."
Hablützel-Bürki, Lamon und Romagnoli als interne Konkurrentinnen
Das Schweizer Team des Jahres 2000 mit Gianna Hablützel-Bürki, Diana Romagnoli und Sophie Lamon wird es im Jahre 2004 im olympischen Teamwettbewerb also nicht mehr geben. Dabei hatte die Ära des Schweizer Frauendegen-Teams mit Hablützel-Bürki, Diana Romagnoli und Sophie Lamon erst im Vorjahr an den Europameisterschaften mit Gold auf Madeira so ruhmreich begonnen und mit Olympia-Silber in Sydney sowie WM-Silber vor sechs Wochen in Nîmes eine erfolgreiche Fortsetzung gefunden.
Die Schweizer Degenfechter hatten zuletzt in Nîmes mit Rang 9 und nur einer einzigen Niederlage (Achtelfinal gegen den nachmaligen Weltmeister Ungarn) ebenfalls eine viel versprechende Mannschafts-Zukunft angedeutet. Mit dem WM-Zweiten Basil Hoffmann, dem Olympia-Vierten Marcel Fischer und dem aufstrebenden Schweizer Meister Benjamin Steffen schien das Team so stark wie schon lange nicht mehr besetzt.
Fecht-Nationalcoach Rolf Kalich befindet sich derzeit auf einer Ferienreise in Asien. Er war an den Weltmeisterschaften noch davon ausgegangen, dass die Einzel-Qualifikation für Olympia verschärft würden. Mit einer Einführung des Mixed-Teamwettbewerbs hatte er für Athen 2004 aber noch nicht gerechnet.
Der Einzel-WM-Zweite Basil Hoffmann ist sich bewusst, dass auch die individuelle Olympia-Qualifikation noch härter wird. "Das Ganze ist eine happige Umstellung. Gegen die Einführung des Frauensäbels kann ich nichts sagen. Das ist durchaus gerecht. Doch vielleicht wird die Schweizer Degen-Nationalmannschaft in Athen ja als Mixed-Team vom Podest winken."
(ba/sda)