Das Grauen geht weiter

publiziert: Freitag, 12. Mrz 2004 / 14:37 Uhr

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Der ungeheuerliche Anschlag von Madrid, der bisher 198 Menschen das Leben gekostet und 1500 weitere zum Teil schwer verletzt hat, wird als Fanal in die Geschichte des Krieges von Fanatikern gegen Unschuldige eingehen.

Dabei ist eigentlich unerheblich, wer am Ende als Täter feststeht. Denn, ob nun ETA oder El Kaida, der Hass und die Menschenverachtung, die diesem Anschlag zu Grunde liegen, disqualifizieren die Täter und die dahinter stehenden Organisationen aus der Gesellschaft.

Doch dies kümmert diese Wesen nicht. Die Welt, die sie sich erschaffen haben, besteht aus sich selbst (gut) und dem Rest (schlecht, böse und deshalb zu beseitigen). Wer nicht für sie ist, ist gegen sie. Schattierungen gibt es in solchen Denkschemata nicht. Was kann nun daraus gefolgert werden?

Braucht es eine weitere Einschränkung der Bürgerrechte, eine engere Kontrolle von Organisationen, von denen man annimmt, dass sie mit Terrorgruppen Kontakte haben? Und sind nun grössere Freiheiten für Polizei und Geheimdienste, also einen Ausbau des Repressionsapparates, nötig? Diese Massnahmen würden kurzfristig eine Erhöhung der Sicherheit ergeben.

Aber das Problem der tobenden Fanatiker wäre weiterhin vorhanden. Langfristig ist die Frage vor allem die, ob unsere Gesellschaft flexibel und stabil genug ist, um den Angriffen auf diesem Niveau zu widerstehen.

Bleibt das demokratische Europa trotz der Bedrohung offen genug, die Bürgerrechte zu bewahren; trotz des Hasses Einzelner eine gewisse gesellschaftliche Toleranz gegenüber jenen, die anders sind, aufrecht erhalten? Oder verhärtet sich der Westen nun weiter? Verwandelt er sich in einen keinen Dissens duldenden Block, der das Zusammenleben wieder auf Normen ausrichtet, wie sie in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts Geltung hatten.

Es ist daher verständlich, dass – so absurd es einem vorkommen mag – eigentlich alle flehentlich hoffen, es möge sich bei den Attentätern um die ETA gehandelt haben. Dann kann sich nämlich das Resteuropa entspannt zurücklehnen, dem geschockten spanischen Volk seine Sympathien bezeugen und froh sein, selbst keine Basken zu haben.

Sollte aber die El Kaida oder eine andere islamistische Organisation hinter dem Anschlag stecken (die Hinweise sprechen im Moment eher gegen diese Variante), dann hat der Anschlag weitestreichende Folgen für Europa, ja sogar im globalen Kontext. Alle Länder, die momentan im Irak oder Afghanistan involviert sind, werden sich plötzlich auf der Zielscheibe eines nebulösen Feindes wieder finden.

Auch die EU-Erweiterung um die Türkei erhielte einen extremen Schlag. Die Furcht, dass diese ein Einfallstor für muslimische Extremisten nach Europa werden könnte, ob die Attentäter nun diesen Weg genommen hätten oder nicht, würde das weitere EU-Vorgehen sicher stark beeinflussen.

So hofft am Tag nach den Anschlägen in Madrid jeder und jede darauf, dass die ETA einfach gewisse Dinge von El Kaida kopiert hat. In diesem Glauben werden diese düsteren Tage nicht noch dunkler, während wir uns in traurigem Schweigen vor den unschuldigen Opfern verneigen.

(von Patrik Etschmayer/news.ch)

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