Debatte respektvoll führen und keine Probleme erfinden

publiziert: Mittwoch, 30. Jun 2010 / 14:43 Uhr / aktualisiert: Freitag, 2. Jul 2010 / 17:31 Uhr

Die Frage der Woche lautete: Minarettverbot aufheben: Wie soll die Schweiz reagieren? Heute der Beitrag von Brenda Mäder. Sie ist Präsidentin der Jungfreisinnigen Schweiz.

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Am 29. November war das klare Ergebnis der Minarettabstimmung für die Gegner des Verbots ein rechter Schock. Die Befürworter ihrerseits schienen über den eigenen Erfolg erstaunt zu sein. Politikexperten wirkten in ihren Kommentaren, wenigstens im ersten Moment, eher auf verlorenem Posten.

Dafür zeigte sich mit der Spontandemo auf dem Bundesplatz eine grosse Solidarität mit der islamischen Religionsgemeinschaft, die von dem Verbot, einen Turm zu bauen, direkt betroffen ist. Die Resolution des Europarats fordert die Schweiz auf, das Minarettverbot aufzuheben. Natürlich kann bei uns nicht einfach so ein Volksentscheid ausgehebelt werden. In der Schweiz hat das Volk das letzte Wort.

Der Präsident des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte erklärte in den Medien die rechtliche Problematik. Er verwies darauf, dass bisher nur Parlamente oder Staaten verklagt worden seien. Ein Rechtsmittel gegen eine Abstimmung kennt er nicht – zudem müsste vor einer Beschwerde am Gerichtshof der nationale Instanzenzug ausgeschöpft werden. Dieser existiert aber so nicht, da die Schweiz keine Verfassungsgerichtsbarkeit kennt. Das Minarettverbot kann also einzig durch eine erneute Verfassungsänderung, die dies ermöglicht, aufgehoben werden. Es bräuchte also einen zweiten Volksentscheid.

On etwas in diese Richtung initiiert wird, hängt vom Willen der politischen Akteure ab. Und dieser wiederum hängt stark davon ab, wie solche Debatten in Zukunft geführt werden. Ob konkret die Minarette nochmals diskutiert werden oder nicht, ist für mich sekundär. Viel wichtiger ist es, denselben Fehler nicht noch einmal zu begehen. Daher ist es zentral, dass der Dialog in Zukunft besser geführt wird.

So spricht sich der Europarat ebenfalls gegen ein generelles Burkaverbot aus. In diesem Feld fordern bereits einige SVP-Politiker lautstark ein solches Kleiderverbot. Das ist mir unbegreiflich – wir brauchen keine Kleidervorschriften. Dies wäre ein weiterer Eingriff in die Privatsphäre. Wie wir herumzulaufen haben, hat der Staat nun wirklich nicht zu bestimmen. Nach einem Burkaverbot käme nur noch der Wunsch nach noch mehr Regeln, Geboten und Verboten.

Den Umweg über ein allgemeines Vermummungsverbot zu nehmen, ist mindestens so scheinheilig. Damit wird zwar „Vermummung“ gesagt, aber „Burka“ gemeint. Daher hoffe ich, dass die Debatte um die Burka mit mehr Vernunft und weniger Emotionalisierung von rechts geführt wird. Dies ist durchaus realistisch: Ein Hardliner wie Schlüer etwa, erklärter Kämpfer gegen die Minarette, sieht darin ebenfalls eine überflüssige Kleidervorschrift. Wählerstimmen zu fangen, in dem die Handvoll Burkaträgerinnen in der Schweiz zum grossen Problem heraufstilisiert wird, schadet dem Religionsfrieden und dem Ansehen der Schweiz als offnes Land.

Zudem würde die grosse Religionsgemeinschaft der Muslime, die zu grossen Teilen gut integriert ist, einmal mehr vor den Kopf gestossen. Nun sind alle gefragt, einen respektvollen Dialog zu führen, Politiker sowie Vertreter der verschiedenen Religionsgemeinschaften.

(fkl/sda)

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