Mussa sprach vor den Medien von einem neuen Kapitel, das
aufgeschlagen worden sei. Deiss sagte, auf offizieller Ebene sei
die «Tragödie» beigelegt. Er beeilte sich aber hinzufügen, keine
Seite werde den durch das Massaker entstandenen Schmerz vergessen.
Auch erwähnte er seinen für Montag geplanten privaten Gedenkbesuch
in Luxor.
Aus dem Anschlag habe die Lektion gelernt werden müssen, dass
Sicherheitsvorkehrungen für Touristen nötig seien, drückte sich
Deiss vorsichtig aus. Mussa sagte dagegen unter Hinweis auf «in der
Praxis getroffene Massnahmen», so etwas werde nie wieder geschehen.
Bei dem Massaker im November 1997 hatten militante Islamisten 62
Menschen erschossen, darunter 36 aus der Schweiz.
Am Vormittag war der Schweizer Aussenminister vom ägyptischen
Präsidenten Hosni Mubarak zu einem halbstündigen Treffen empfangen
worden. Das Zustandstandekommen des Treffen war über längere Zeit
unklar. Wie auch bei dem Gespräch mit Mussa ging es dabei unter
anderem um die bilateralen Beziehungen und den Friedensprozess im
Nahen Osten.
Deiss betonte, die Schweiz wolle wo immer möglich zu einem
«fairen Frieden» in Nahost beitragen. Ein solcher müsse sowohl die
Rechte des palästinensischen Volkes wie auch das Existenzrecht
Israels umfassen.
Flüchtlingsfrage
Nachdrücklich wies Deiss am Samstag auf das menschliche
Schicksal der palästinensischen Flüchtlinge hin, die teilweise seit
Jahrzehnten in Lagern leben. Nebst der Jerusalem-Frage sei eine
Lösung des Flüchtlingsproblems der Schlüssel zu einer Einigung bei
den israelisch-palästinensischen Verhandlungen.
Mussa sagte, Deiss sei sehr an der ägyptischen Haltung zur
Palästina-Frage interessiert gewesen. Der Schweiz gestand er zu,
sie könne in einigen Bereichen der Nahostverhandlungen eine
wichtige Rolle spielen.
Deiss kündigt Konferenz zu Kinderrechten an
Die Schweiz hat die Aufgabe, im Rahmen der multilateralen
Nahostgespräche die «menschliche Dimension» in fünf Arbeitsgruppen
zu vertreten. Deiss kündigte an, die Schweiz wolle in diesem Jahr
eine früher verschobene Kinderrechtskonferenz in Tunis
organisieren.
Wirtschaftliche Fragen standen im Zentrum eines Treffens des
Schweizer Aussenministers mit dem ägyptischen Wirtschafts- und
Aussenhandelsminister Jussef Butros-Ghali.
Daneben brachte er einige Wünsche der Schweizer Wirtschaft an
die ägyptischen Behörden an, so zum Beispiel bei den Flug- oder
Patentrechten. Butros-Ghali bat die Schweiz seinerseits um
technische Hilfe beim Exportmarketing und bei der internationalen
Zertifizierung von ägyptischen Kontrollinstitutionen.
Von Deiss um eine Einschätzung der wirtschaftlichen Konsequenzen
eines eventuellen Nahost-Friedens gebeten, sagte Butros-Ghali, ein
Frieden würde einen «spektakulären Schub» bringen, insbesondere da
sich die Wirtschaft Ägyptens und diejenige Israels gut ergänzten.
Zurzeit hätten allerdings politische Krisen im Verhältnis zu
Israel auch immer direkte wirtschaftliche Folgen. Nach Darstellung
Butros-Ghalis ist dies weniger der Wirtschaftselite zuzuschreiben
als vielmehr dem «Mann von der Strasse». Bei politischen Spannungen
brächen zum Beispiel in mit Israel kooperierenden Fabriken Streiks
aus, sagte der Minister.
Zum Abschluss der politischen Gespräche vom Samstag stand noch
ein Treffen mit dem ägyptischen Planungsminister Ahmed el Dersh auf
dem Programm.
(ba/sda)