Der Besuch der reichen Tante
Auf meinen Schweiz-Besuchen erinnere ich mich immer wieder, weshalb ich ausgewandert bin. Nicht am ersten Tag. Nein. Da bin ich noch völlig überwältigt von der unendlichen Naturschönheit meines Heimatlandes und beginne sogar zu jodeln.
Meldung der Bundesverwaltung
Die Bundesverwaltung zum Arbeitsbesuch Doris Leuthards in Brüssel
news.admin.ch
Da begegnet mir sicher einer dieser kleinkrämerischen, neidischen, kurzgewachsenen Besserwisser. Einer, der mir, ohne sich zu schämen, von unten nach oben, knapp auf Busenhöhe nörgelt: „Hä, im Fernsehen sahen Sie aber viel besser aus.“ Oder eine, die mir, ohne sich zu schämen, wieder von unten nach oben, wieder knapp auf Busenhöhe nuschelt: „Eh also! Hätten eigentlich zwei Kinder nicht auch gereicht?“ Oder einer, der meiner wunderbaren, heissgeliebten und weisen Mama vorschreibt, dass sie in der Hitze in ihrem Alter (!) keine Glacé mehr auf der Strasse schlecken sollte.
Genauso besserwisserisch, kleinkrämerisch und von unten nach oben, knapp auf Brusthöhe von Barroso (und auch der ist auch schon unendlich klein), benahm sich die Bundespräsidentin Doris Leuthard auf ihrem letzten brüsseler Besuch. „Nänänä!“ meinte sie während der anschliessenden Pressekonferenz. „Die Schweiz erfüllt die Maastricht-Kriterien, sollten sie noch existieren.“ Echt. Peinlich.
Klar erfüllt die Schweiz alle Maastricht-Kriterien! Sie hat ja auch keinen Cent für a) für die Wiedervereinigung Deutschlands, b) die Demokratisierung des gesamten osteuropäischen Raumes und c) für die finanzielle Stabilisierung der Eurozone ausgegeben. Die Kohäsionsmilliarde war kein Beitrag, sondern lediglich das billigste aller Eintrittstickets in einen der grössten, stabilsten und demokratischsten Binnenmärkte dieser Welt.
Doris Leuthard benahm sich in Brüssel wie die reiche Tante in unserer Familie, die – zynisch lächelnd - auf das Bedauern meiner Mutter, sich mit ihrer fünfköpfigen Familie und einem arbeitslosen Ehemann den Besuch eines Restaurants nicht leisten zu können, meinte: Wenn Du so wie ich haushalten würdest (kein Mann, keine Kinder, vollerwerbstätig), hättest Du all diese Probleme nicht. Selber schuld!
Bundespräsidentin Leuthard kann froh sein, dass der Kommissionspräsident Barroso leider noch peinlicher ist. So fällt ihr zynisches Besserwissergehabe in Brüssel nicht wirklich auf. Bundespräsidentin Leuthard kann auch froh sein, dass viele der skrupellosen Eurokraten ihr Geld schon längst auf Schweizer Banken verschoben und versteckt haben. Nur deshalb konnte sich nämlich die Schweiz nicht nur Rosinen aus dem EU-Kuchen, sondern mit den Bilateralen eigentlich das fetteste Stück sichern. Bundespräsidentin Leuthard kann froh sein, dass sich in diversen Mitgliedstaaten der EU wie Ungarn, Slowakei, den Niederlanden, Italien etc. rechtspopulistische Antieuropäer rumtreiben, welche die Schweiz allein deshalb lieben, weil sie ihnen als lebendiger Beweis monetär erfolgreicher, antieuropäischer, antidemokratischer und egoistischer Prahlerei als Vorbild dient. Doris Leuthard kann froh sein, dass der rechtskonservative Barroso sich ebensowenig wie die schweizerische Bundespräsidentin wirklich um europäische Demokratie, Chancengleichheit, Fairness, Gerechtigkeit, Verteilung, Partizipation etc. bemüht. Wenn Sie lange genug auf das Foto der Pressekonferenz in Brüssel gucken, sehen Sie vielleicht in den Augen Leuthards Schweizer Franken und in den Augen Barrosos Gold, Dollarnoten und ein paar Euros tanzen.
Die Bundespräsidentin kann nach diesem brüsseler Besuch (wofür war das Ganze übrigens?) nicht nur froh, sondern eigentlich stolz sein. Darauf, einem Land vorstehen zu können, das mit sämtlichen Tricks allein die Sicherung der eigenen Vorteile durchbringt. Sie darf einem Land dienen, welches alles besser weiss, selber aber nie etwas Besseres tut. Sie repräsentiert ein Land, das sich zu einem grossen Teil dank der dreckigsten und hinterhältigsten Politik und Erwirtschaftung anderer Länder monetär gesund und munter präsentiert. Ja. Doris Leuthard darf stolz darauf sein. Vor allem weil ihr Land sich in dieser fehlgeleiteten Politik (Moneten für eine kleine Minderheit statt Demokratisierung für die moderne Massengesellschaft) in nichts von der EU unterscheidet.
(von Regula Stämpfli/news.ch)
Lassen wir die Frage ob EU oder nicht EU aussen vor und betrachten wir das ganze mal als Joint Venture oder Fusion.
Wenn man dann mit einem Management auffahren wuerde,das voller Komplexe, sich fuer seine bisherigen Taetigkeiten entschuldigend und in Selbstweifel zerfliessend in die Verhandlungen gehen wuerde, kaeme nicht viel dabei raus. Das Resultat waere ein schlechter Vertrag oder eine schlechte Jahresbilanz.
Deshalb ist dieser Kommentar dumm und daneben, wenn auch provokant und bedingt lustig. Es gibt einen riesigen Unterschied zwischen einem schoengeistigen, ideologischen Geschwafel und einem politischen Auftritt, der am Ende nichts als Business bedeutet.
Unsere Bundespraesidentin muss alleine die Interessen unseres Landes und den Willen des Volkes vertreten. Genau das machen die anderen Laender, selbst als EU Mitglied, auch. Sich zuscheissen lassen, danke sagen und dann in dummer Selbstkritik zerfleischen gibt es im Big-Biz nicht. Unsere reiche Tante hat richtig gehandelt und den Tarif von unserer Seite durchgegeben. Ansonsten fehlen uns beim weiteren Haendeschuetteln danach alle Finger.
Allen ach so kritischen Schweizern empfehle ich mal einen Blick nach Norwegen zu richten. Die Wursteln sich dank Petro-Milliarden naemlich so richtig nett und erfolgreich durch. Ohne sich dabei dafuer zu schaemen Norweger zu sein oder sich fuer den Volkswillen zu entschuldigen. Dabei erwaehnt Norwegen immer, dass es keine Lust hat die Rechnungen fuer die Fehler von anderen zu begleichen. Es gibt somit auch noch andere Laender, die eine EU-Vollmitgliedschaft nicht brauchen weil sie nicht so schlecht wirtschaften und keine Nachteile wollen. IIn einer Abstimmung mit einer Wahlbeteiligung von 89 % hat das Volk 1994 einen Vollbeitritt mit 52,2 % abgelehnt. Norwegen passt seine Gesetze trotzdem den EU-Gesetzen an.
Eine unabhaengige Politik kann man nur mit Rueckgrat betreiben. Dieses fehlt leider den meisten Politikern.
Blocher und seiner Partei verdanken wir den groben Fehler beim EWR. Aber jetzt gibt es nur vorwaerts und dies muss in Einigkeit erfolgen. Dies geht aber auch in Verhandlungen und Kommentaren wo man nicht den EU-Hintern kuesst. Biz eben.
Zusaetzlich muss man sagen, jeder Italiener, jeder Deutsche, jeder Ami ist stolz auf seine Nationalitaet. Schweizer entschuldigen sich fast noch dafuer dass sie Schweizer sind. Gelegentlich flammt etwas Nationalstolz auf (Bsp. Fussball) aber ansonsten geben wir international meist ein erbaermliches und zerstrittenes Bild ab. Allen voran unsere Journalisten und Medienschaffenden.
...allerdings bin ich ja schon verheiratet.
Ach die gute Stämpfli ist ein Brüller, immer wieder.
Egal ob in der Arena oder im Kommentar oder wo auch immer sie medial auftritt.
Mir ist der Besuch von Tante Leuthart in Brüssel auch etwas sauer aufgestossen. Soviel Gedanken wie Frau Stämpfli habe ich mir zwar nicht gemacht, aber leider hat sie im Kern recht (Frau Stämpfli nicht Frau Leuthard)...
Ich war mal so ein Fan von Bundesrätin Leuthard...wäre ich wohl noch immer...wenn sie bloss nicht mehr vor der Kamera reden würde...
Kommunikation scheint ihr grosses Manko zu sein (Frau Leuthard, nicht Frau Stämpfli)...
Eine originelle Beschreibunng!
Könnte man dann nicht umgekehrt argumentieren, dass Ihre Konversation ab Tittenhöhe, nach unten stattfindet?
Übrigens: "So fällt ihr zynisches Besserwissergehabe in Brüssel nicht wirklich auf." Wohnen Sie vielleicht auch in Brüssel? Genau diese Eingenschaft fallen mir bei Ihnen auch auf.
Jedes Land zieht das andere zu seinen Gunsten über den Tisch. Ja Frau Stämpfli so sind wir Menschen. Also tun Sie doch nicht so überrascht. Aber auswandern ist immer eine gute Lösung.
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