Der Platzspitz der Öl-Junkies

publiziert: Montag, 7. Jun 2010 / 11:37 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 14. Jul 2010 / 13:44 Uhr

Erdöl ist ein schreckliches, ekliges, wunderbares, brillantes Zeug. Organische Überreste längst gestorbener Meeresorganismen, konzentriert und gewandelt durch ungeheuren Druck und Hitze vom Erdmantel.

1 Meldung im Zusammenhang

Langkettige Moleküle werden in kurze Kohlenwasserstoffe gecrackt, die dann in porösen Gesteinen gespeichert und von undurchlässigen Schichten am Aufstieg an die Erdoberfläche gehindert werden.

Diese geologische Destillation des Algenschlamms ergibt nach einigen Millionen Jahren ein dünn- bis dickflüssiges, eklig oder angenehm riechendes Gebräu, dass eine sehr hohe Energiedichte aufweist. Erdöl und die aus ihm gewonnenen Produkte sind der wahr gewordene Traum eines jeden, der eine Wärmekraftmaschine bauen und den Treibstoff mitnehmen, ein Haus beheizen oder eine Industrieanlage mit einem grossen Wärme-Energiebedarf betreiben will.

Scheinbar grenzenlos vorhanden, verwandelte Erdöl die Welt im 20. Jahrhundert: Massenmobilität auf der Strasse und mechanisierte Kriege zu Boden und in der Luft, Zentralheizungen und Kunststoffe, Treibhäuser und Waschmittel. Es gibt kaum einen Bereich im Alltag, der vom Erdöl nicht berührt wird.

Das High, das unserer Gesellschaft von dieser Hoch-Energie-Droge verpasst wurde, liess uns die möglichen Folgen dieser Abhängigkeit lange Zeit ignorieren... ja, nicht mal das. Da sie es gar nicht bis ins Gesichtsfeld der meisten schafften, war selbst ignorieren unnötig.

Spätestens 1974, bei der ersten Ölkrise, dem ersten Ölschock, wurde der Gesellschaft kurzzeitig bewusst, dass nicht unbedingt alles so problemlos mit dem Öl war, wie man das gerne hätte.

Doch sobald die Krise vorüber war, ging man wieder zur Tagesordnung über und schloss die nächsten 35 Jahre nach bewährter Manier die Augen.

Doch spätestens als nun im Golf von Mexiko ein ganzes Meer und tausende Küstenkilometer durch eine verpfuschte Ölbohrung verseucht werden und Millionen Lebewesen sterben, unzählige Biotope zu Todeszonen verwandelt werden, wäre es vielleicht endlich an der Zeit, Öl mal wieder als das zu betrachten, was es ist: eine tolle Droge mit grausamen Nebenwirkungen.

Und die Nebenwirkungen beschränken sich nicht auf die Natur und das Klima, sondern zeigen auch politisch verheerende Wirkungen.

Nur Ölreichtum ermöglicht es den radikalen wahhabitischen Saudis ihr weltweites Terrorsponsoring zu betreiben. Fast jeder sunnitische Terrorist ist indirekt durch die Tankstellen der Welt finanziert worden. Nachwuchs wird weltweit durch die saudisch finanzierte Propaganda für fundamentalistischen Irrsinn über Satelliten-TV und im Internet aufgehetzt.

Die schiitische Konkurrenz (wie die Hamas im Gaza-Streifen) wird ebenso durch Öl, aber auch Erdgas, aus dem Iran finanziert. Auch die Spannungen im Libanon wären ohne die Einflussnahme durch den Iran durch die Finanzierung der Hisobllah wesentlich geringer.

In den Öl fördernden Ländern selbst ist der Segen für die Bevölkerung ebenfalls vielfach gering oder kontraproduktiv, weil durch die im Zusammenhang mit dem Öl stehende Korruption und viel Geld aus den Verkäufen es Diktatoren möglich macht, sich die Macht mit Geschenken oder ansonsten nicht finanzierbaren Sicherheitsapparaten zu sichern. An anderen Orten führt Öl und der Kampf darum zu Bürgerkrieg und Gräueltaten wie in Nigeria oder im Sudan.

Doch auch im Westen untergräbt Öl vielerorts die Institutionen. Die Einflussnahme der Öllobby sorgt für verzerrte politische Prozesse oder – wie bei der gegenwärtigen Ölpest – für Korruption und Nachlässigkeit bei Aufsichtsbehörden.

Der verheerte Golf von Mexiko, seine verseuchten Strände, die gefährdeten Fischbestände, das dezimierte Plankton, die elend verreckenden Seevögel und die Bevölkerung, die ihre Existenzgrundlage auf Jahre, wenn nicht Jahrzehnte hinaus verloren hat, sind wohl die perfekte Demonstration des verrottenden Einflusses der süssen Droge Öl auf die Welt; er ist der «Platzspitz» von uns Öl-Junkies.

Erdöl ist ein schreckliches, ekliges, wunderbares, brillantes Zeug. Wir müssen dringend daran arbeiten, eine Zukunft ohne möglich zu machen, bevor es uns und unsere Welt zerstört.

(von Patrik Etschmayer /news.ch)

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Überzogener Beitrag von mir?
Ja mit allergrößter Wahrscheinlichkeit haben Sie recht, Jason Bond. Ich bin aber von Etschmayer wesentlich besseres gewohnt und deshalb meine überzogene Äusserungen

Er nennt namentlich wahhabitischen Saudis oder sunnitische Terroristen, etc. und hinterlässt bewusst oder unbewusst den Eindruck, das Erdöl ist in der Hand der Islamisten.
Niemand merkt aber, dass genau das Gegenteil der Fall ist!

Der Islam, ist noch mehr als es das Christentum schon ist, eine Religion für dumme und eignet sich wunderbar dazu die Massen zu manipulieren.

Was die Saudis zur Finanzierung von Terror ausgeben sind Peanuts verglichen mit dem was sie am Erdöl verdienen.

Es sind aber alle Länder, die einen möglichst grosses Stück vom Kuchen wollen Verbrecherstaaten!
Seien es die Saudis oder die Israelis keiner kämpft für Gott oder Freiheit sondern nur ums Geld und auch den Amis geht es, egal unter welchem Präsidenten nie um freiheitliche Werte, sondern immer ums Geld.

Ich mag nun mal keine Welt in der suggeriert wird, mit einem Burka oder Minarett Verbot können wir unsere Probleme lösen und in Frieden Freiheit und Wohlstand leben. Dort die grundsätzlich Bösen wir die im Prinzip Guten.
Etschmayers Kolumne hat aber in meinen Augen genau diese Färbung.
Der Wunschtraum ist Gedanke
Das wäre die perfekte Welt.
Wir haben schon hunderte Jahre gebraucht um die Kirche aus der Politik zu bekommen. Vielleicht schaffen, das meine Ur-Urenkel mal.
Der Entzug
dieser Droge wird vermutlich etwas länger dauern, viel zu abhängig sind wir doch vom Öl.
Und weil wir ja so schrecklich süchtig sind nach diesem heiklen Rohstoff, nehmen wir in Kauf, dass deswegen nicht nur die Natur, sondern auch der Mensch selbst grossen Schaden erleidet.

Leider ist dieses Muster nicht nur beim Öl, sondern auch bei anderen Rohstoffen zu beobachten. Man denke etwa an die illegalen Goldschürfer im südamerikanischen Regenwald oder an afrikanische Uranminen.

Übernutzung von natürlichen Ressourcen ist allerdings keine Erfindung der Neuzeit, sondern das gab es auch schon früher. Während damals allenfalls der betreffende Volksstamm ausstarb oder auswanderte, hat es heute globale Dimensionen angenommen und wir können nicht von der Erde auswandern.

Es bleibt zu hoffen, dass uns das Aussterben erspart bleibt.
Etwas überzogener Beitrag
von Eschmeyer, aber auch Ihnen kuwilli. Wieso empfinden Sie das als solch populistischen Schrott?

Ich frage mich wenn es nicht das Erdöl wäre, was wäre es dann? Die Menschheit findet immer ein Gut um das sich zu kämpfen lohnt.

Die Erdölabhängigkeit müsste wirklich eingeschränkt werden. Vor allem Benzin muss weg. Es wäre möglich, schon lange. Aber eben, wie im Artikel beiläufig erwähnt...
...die Öl Lobby.
Die wird heutzutage nur noch übertroffen von den Finanzlobbyisten.
Die Waffenlobby und Tabaklobby mutet dagegen direkt wie zahme Hauskätzchen an.

Politik und Wirtschaft gehört getrennt. Total, mit allen Konsequenzen. Lobbyisten gehören verboten, keine CEO's mehr als Politiker, keine VR-Mandate mehr. Gar nichts.
Dann könnte vielleicht eine wirklich freie Marktwirtschaft funktionieren ohne all diese Auswüchse.

Noch ein Gedanke, man überlege mal welche Parteien in all den Länder vor allem von diesen Lobbyisten infiltriert werden.
Ach Quatschmayer was soll das?
Heist BP Bahrain Petroleum? Verdient die Familie Bush Ihre Millionen mit sammeln von Feuerholz.
Ich hätte nie gedacht, dass Sie einen solchen populistischen Sch*** (hat die Selbstzensur nicht bestanden) von sich geben.
Aber es kann ja auch sein, dass Sie recht haben. Nur dann müssen Sie auch die letzte Konsequenz eingehen und zur Vernichtung der Übeltäter aufrufen.
Zum Krieg gegen die Länder, die sie hier genannt haben.

Was dafür sind Sie nicht kompetent, meinen Sie? Ok, auch gut, dann sabbern und hetzen Sie weiter, wenn Sie dafür über die nötige Kompetenz verfügen.
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