Der doppelte Triumph des Magiers

publiziert: Sonntag, 8. Jul 2012 / 19:17 Uhr / aktualisiert: Montag, 9. Jul 2012 / 07:42 Uhr
Roger Federer als strahlender Sieger.
Roger Federer als strahlender Sieger.

Roger Federer hat in Wimbledon ein sensationelles Double geschafft: Durch den 4:6, 7:6, 6:3, 6:4-Finalerfolg gegen Andy Murray holte er sich die 7. Wimbledon-Krone und übernimmt nach mehr als zwei Jahren Unterbruch wieder die Weltranglistenspitze.

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Roger FedererRoger Federer
Als der letzte Vorhand-Passierball von Andy Murray um 18.14 Uhr Lokalzeit wenige Zentimeter neben der Grundlinie landet, fällt die ganze Anspannung ab. Roger Federer lässt sich zu Boden fallen und geniesst den magischen Moment. Erstmals nach zweieinhalb Jahren gewinnt er wieder ein Major-Turnier, erstmals seit 2009 und dem Finalsieg nach epischem Match gegen Andy Roddick (16:14 im fünften Satz) darf er wieder den begehrtesten Pokal im Tennis entgegennehmen. «Es ist, als ob der Pokal nie weg gewesen wäre», so Federer beim Siegerinterview. In seiner Box tauchten dort auch zwei ganz besondere Gäste auf: Federers Zwillingstöchter wurden unmittelbar vor der Siegerehrung von den Nannys hereingeführt und amüsierten sich bestens, als ihr Papa die Ovationen und den Goldpokal entgegennahm. Für ihn ein ganz besonderer Moment, hatte er doch stets gesagt, er wolle noch mindestens solange Spitzentennis spielen, bis ihn seine Töchter sehen können. «Es ist ein unglaublicher Moment in meiner Karriere und meinem Leben», so Federer zurecht stolz.

Federer indoor unantastbar

Die enorm partisanischen Supporter - die Unterstützung war mit etwa 80:20 recht einseitig verteilt - gaben ihr bestes, um Murray im Unterfangen, die 76-jährige britische Durststrecke zu beenden, Hilfe zu leisten. Ihrer aller Hoffnungen lösten sich buchstäblich im britischen Sommerregen auf. Als zu Beginn des dritten Satzes plötzlich ein heftiger Regen über die Anlage im Londoner Südwesten niederging, entschieden sich die Organisatoren zum Schliessen des Dachs, welches anfänglich nach einem eher überraschend gekommenen sonnigen Abschnitt offengeblieben war. Federer nützte den 39-minütigen Unterbruch zu einer Besprechung mit seinen Coaches Paul Annacone und Severin Lüthi und kam mit veränderter Strategie zurück. Er spielte viel offensiver als vorher und überraschte Murray vor allem durch konsequentes Attackieren von dessen zweitem Aufschlag. Im sechsten Game des Satzes trug diese Strategie erstmals Früchte, allerdings nach langer Anlaufzeit: Federer, der nun auch Länge und Schnitt ideal variierte, gewann das Marathon-Game nach 20 Minuten und 26 Punkten mit seinem insgesamt sechsten Breakball.

Anschliessend war er klarer Chef in der «Halle», umlief leichtfüssig wie ein Tänzer immer wieder die Rückhand und zwang Murray zu viel Laufarbeit. Der Schotte, der sich wiederholt an die Leiste griff und den Rücken streckte, war nicht mehr so spritzig wie in den ersten Sätzen und wurde angesichts der Federer-Gala zusehends frustrierter. Obwohl er alles versuchte und bis zuletzt kämpfte, war die Wende angesichts von Federers Brillanz nicht mehr möglich.

In der Nachbetrachtung wird Murray noch lange dem zweiten Satz nachtrauern. Bei 4:4 hatte er zwei Breakchancen zum wohl vorentscheidenden 5:4 und verschlug zuerst eine durchaus machbare Rückhand, ehe Federer mit einem Smash weiteres Ungemach abwendete. Murray gewann in dieser Spielphase seine Servicegames viel leichter und Federers Satzausgleich kam bei sich verdunkelndem Himmel aus heiterem Himmel. Murray führte bei 6:5 schon 30:0, als Federer ein Comeback gelang unter anderem dank drei Punktgewinnen, die er mit Stopbällen einleitete. «Mich hat vor allem überrascht, dass ich das Break gegen den Wind schaffte», so Federer.

Murrays Stimme weg

Natürlich war der Gemütszustand der beiden Protagonisten bei der Siegerehrung völlig unterschiedlich. Murray versagte nach seiner vierten Niederlage im vierten Major-Final beim Platzinterview die Stimme, dass er erstmals einen Satz gewonnen hatte, war natürlich kein Trost. «Ich werde versuchen, zu reden, aber es wird nicht einfach», sagte er, bevor er erneut in Tränen ausbrach. Der Schotte, der die Hoffnungen eines ganzen tennismässig ausgehungerten Königreichs auf den ersten Titel seit 76 Jahren auf seinen Schultern getragen hatte, verlor aber nicht seinen Humor. «Was Roger gezeigt hat, ist für einen 30-Jährigen nicht schlecht.» Support erhielt er vom Bezwinger: «Ich kann Andy verstehen, das zeigt, wie stark er das Tennis liebt. Er wird aber ganz sicher mindestens einen Grand-Slam-Titel gewinnen.

Selber hat der 11. Mann über 30, der in der Open Era einen Grand-Slam-Titel gewinnt, seine vielen Fans in den letzten zwei Wochen auf ein Wechselbad der Gefühle mitgenommen. Besonders kritisch wurde es in der dritten Runde, als er gegen den entfesselten Julien Benneteau nur zwei Punkte vor dem Out stand und im Achtelfinal, als gegen Xavier Malisse ein blockierter Rücken Schlimmstes befürchten liess. Dass er nun als ältester Spieler seit Andre Agassi (Melbourne 2003) ein Major-Turnier gewonnen hat, ist alles andere als selbstverständlich.

Federer, der seit dem Australian Open 2010 keinen Major-Titel mehr gewonnen hatte, ist nun nach seinem siebten Triumph auch offiziell »König von Wimbledon«. Er hat nun gleich viele Titel auf dem Konto wie William Renshaw und Pete Sampras und baut seinen Vorsprung auf sein amerikanisches Jugendidol punkto Major-Titel auf drei Einheiten aus. Mit einem weiteren Titel könnte er Chris Evert und Martina Navratilova einholen, davor rangieren mit Helen Wills Moody (19), Steffi Graf (22) und Margaret Court (24) noch drei Frauen. »Ich hätte nie gedacht, dass ich je 16 Grand Slams gewinnen würde. Dass ich nun noch einen mehr habe, ist schlicht unglaublich.«

Gleich viele Titel wie die anderen grossen Drei

Dass Federer nun schon in Wimbledon und nach 25 Monaten wieder auf den Weltranglisten-Thron zurückkehrt, hätte im letzten Herbst wohl nicht einmal der kühnste Optimist erwartet, betrug doch nach Flushing Meadows sein Rückstand auf Djokovic 6340 Punkte oder den Gegenwert von mehr als drei Majors. Er zeigte aber seither einen gigantischen Steigerungslauf und hat seit Oktober acht Titel gewonnen, gleich viele wie seine drei Haupt-Kontrahenten zusammen.

Viele hatten Federer schlichtweg nicht mehr zugetraut, die noch fehlende 286. Woche zum Rekord von Pete Sampras zu egalisieren. Nun hat er dies nicht nur gemacht sondern auch beste Aussichten, das Ranking mindestens einige weitere Monate anzuführen. Bis und mit dem US Open hat er fast viermal weniger Punkte zu verteidigen als der Serbe und verfügt zudem über so viel Selbstvertrauen wie schon lange nicht mehr.

Federer wird nun in die Schweiz zurückkehren und nach einer Ferienwoche alsbald den nächsten Höhepunkt vorbereiten. In 20 Tagen beginnt an selbiger Stätte das olympische Tennisturnier. Mit einem Favoriten, der mit besten Erinnerungen an den Ort seiner grössten Triumphe zurückkehren wird: Roger Federer.

(fest/Si)

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