Die Schweiz sucht den Super-Lobbyisten

publiziert: Mittwoch, 13. Mai 2015 / 12:09 Uhr
Wandelhalle Bundeshaus: Wer hier lobbyieren will, soll auch was dafür tun in SsdSL!
Wandelhalle Bundeshaus: Wer hier lobbyieren will, soll auch was dafür tun in SsdSL!

Die Causa Markwalder hat es an den Tag gebracht: Dass Lobbyingsystem in der Schweiz ist kaputt. Es ist intransparent und entzieht sich der Einsicht durch das Volk. Zeit, dass das SRF ran geht, und für Transparenz, Action und Unterhaltung sorgt.

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Das Problem ist bekannt. Unsere Volksvertreter dürfen, ohne dass der Stimmbürger etwas dazu zu sagen hätte, einfach irgendwelche Lobbyisten mit Besucherpässen ausstatten. Diese Praxis führt zu korruptem Verhalten, Maucheleien und einer übermässigen Strahlenbelastung unserer Parlamentarier durch die unzähligen Flugstunden, die sie bei den vielen Informationsreisen an die Top-Strände und zu den Exclusiv-Resorts dieser Welt in Buisiness-Jets verbringen.

Nun wollen wir unseren Parlamentariern ja nichts weg nehmen. Aber zumindest sollte das Volk ein wenig mit bestimmen können, welche Lobbyisten unserer Parlamentarier umgarnen. Dazu würde sich das neue Polit-Entertainment-Format «Helvetien Sucht den Super-Lobbyisten» (HsdSL) anbieten.

Als erstes müssten sich sämtliche Möchtegern-Lobbyisten einer Vorausscheidung mit ihren Profilen stellen, die durch spassige Handy-App-Games vorgenommen werden könnte. Dabei würden den Lobbyisten in Spe je nach ihren Profildaten von einem von nordkoreanischen Programmierern verfassten Algorithmus Power- und Sympathie-Punkte vergeben. Danach steigen die Lobbyisten-Avatare in einer von den Handy-Spielern gewählten Paarung in einen Kampfring und verprügeln sich gegenseitig, wobei die Spieler mit geworfenen Bomben, Ambossen, Baumstämmen und anderen Wurfgeschossen den Kampf beeinflussen können.

Die 500 Lobbyisten, die nach dieser Vorrunde noch übrig sind, haben einen Besucherausweis für die nächste Legislaturperiode ins Bundeshaus auf sicher. Doch nur die besten fünfzig kommen in die grossen Final-Fernsehshows.

In den von Roger Schawinski (er ist Talk-Show-Host, er ist Kommentator, er ist SHOWMASTER!) moderierten Shows treten in einer Vorrunde jeweils 10 Lobbyisten gegeneinander an. Sie müssen dabei in einer Schnell-Antwort-Runde die liebsten Ferienziele, die Namen der geheimen Liebhaber(innen), die Lieblingsweine und die für ihre Sprösslinge bevorzugten Top-Schulen der Schweizer Parlamentarier nennen.

Die vier besten kommen in die nächste Runde der Sendung, während die Verlierer sich mit den vertraulichen Kommissionsprotokollen der nächsten Parlamentssession, einem intimen Abendessen mit einem bürgerlichen Parteipräsidenten und einem Pin mit der Aufschrift «I Love the Democratic Process», begnügen müssen.

Die vier übrige gebliebenen Kandidaten müssen sich im Anschluss durch eine weitere Quizrunde quälen (Wieviel kostet es, ein intellektuell herausgefordertes Politikerkind in einer Ivy-League Uni unter zu bringen? An wie vielen Punkten lässt sich eine neue Sozialgesetzgebung sabotieren?). Aber sie müssen ihre Fähigkeiten als Lobbyist auch beweisen, indem sie auf Podesten sitzende Politiker mit Bällen in ein Wasserbecken abschiessen (Zeit und Treffsicherheit werden bewertet). Wertvolle Punkte gibt es auch, wenn sie anhand des Geruchs der Gesässregion von verschiedenen Hosen den Politiker, der diese getragen hat (oder zumindest dessen Parteizugehörigkeit) identifizieren können.

Die schwierigste Aufgabe dürfte hingegen sein, in einem fünfminütigen Talk mit Roger Schawinski einen Satz unterbringen zu können, ohne von diesem unterbrochen zu werden. Diese Aufgabe gilt als so schwer, dass mit jedem Erfolg die bisher errungene Punktzahl verdoppelt würde. Sollte am Ende trotzdem noch ein Punktegleichstand herrschen, wird, ganz demokratisch, eine Telefonabstimmung über den Sieger befinden. Der Ertrag der 900er Nummer würde übrigens der Notleidenden SRF-Gebührenkasse gut geschrieben.

Die Sieger dieser Sendungen kommen in das am Abend der Gesamterneuerungswahlen abgehaltene Finale weiter, während die «Verlierer» sich mit drei von Ihnen zu formulierenden Gesetzesvorlagen, die durch einen Parlamentarier ihrer Wahl eingebracht werden, einen Passepartout für alle Kommisionszimmer des Bundeshauses und Wochenenden mit den Parteipräsidenten der grossen Schweizer Parteien und einem Block von 100 Parlamentarierstimmen für eine Abstimmung ihrer Wahl geströstet.

Die Finalsendung wird gemeinsam von Roger Schawinski und Roger Köppel präsentiert. Während diese nach der Begrüssung im off streiten, leitet Viktor Giagobbo stellvertretend den Rest der Sendung. Als erste Aufgabe müssen die 5 Finalisten ihre Fähigkeiten im Polit-Alltag beweisen, indem sie zum Beispiel vor laufender Kamera einen der neu gewählten Parlamentarier von einem ihrer Anliegen überzeugen (Euphemismus für bestechen), ohne etwas strafrechtlich relevantes zu begehen. Ebenso müssen Sie beweisen, dass sie Gesetzesvorlagen so umschreiben können, dass deren Bedeutung, obwohl auf den ersten Blick dieselbe, sich ins Gegenteil verkehren wird. Zudem müssen sie sich auch noch im Lobbyisten-Fünfkampf aus Rufmord, Obstruktion, Verschleierung, Propaganda und Faktendrehen bewähren. Nach dieser Runde bleiben dann noch zwei Lobbyisten übrig, die sich dem Fernsehpublikum stellen müssen.

Die drei «Runner-Ups» (und der Verlierer des Finales) erhalten je 500 Parlamentarierstimmen (ausreichend, um 4 Abstimmungen auf sicher zu entscheiden), 5 Gelegenheiten, Gesetzestexte ein- und dank der Stimmen auch durchzubringen, einen ständigen Sitz bei den Ständeräten, den bereits den anderen zugesprochenen Passepartout für alle Kommissionen und je ein Weekend mit 4 Bundesräten der freien Wahl.

Die besten beiden hingegen müssen sich noch einmal dem Fernsehpublikum stellen und dieses davon überzeugen, warum genau er oder sie es sein soll, die einen Schlüssel zum Bundesratssitzungszimmer, 1000 Parlamentarierstimmen, einen festen Platz beim Bundesrats-Schulreisli, acht selbst zu formulierende Gesetzestexte, ein Bundesgerichtsurteil und 500 Stunden freie wählbare Redezeit mit Chefbeamten bekommen soll.

HsdSL würde dem Durchschnittsbürger endlich näher bringen, wer jene Leute, die man alle vier Jahre ins Parlament wählt, beeinflusst, bewegt und letztendlich beherrscht. HsdSL wäre ein wichtiger Beitrag, mit dem das Fernsehen SRF zeigen könnte, wen unserer Volksvertreter wirklich vertreten. Und wenn das keine Leistung ist, so darf man zu Recht fragen, was dann?

(Patrik Etschmayer/news.ch)

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