«Die Schweizer Spiele und Cooly waren der Hammer»

publiziert: Dienstag, 12. Mai 2009 / 07:46 Uhr / aktualisiert: Dienstag, 12. Mai 2009 / 08:13 Uhr

Die Eishockey-WM 2009 in Bern und Kloten ist Geschichte. Der Abbruch der provisorischen Bauten war am Montagmorgen, elf Stunden nach der Medaillenübergabe, schon weit vorangeschritten. Gian Gilli (51), der «Macher» der Schweizer WM, blickt auf das gelungene Turnier zurück.

Gian Gilli kann auf eine erfolgreiche Organisation der Eishockey-WM zurückblicken.
Gian Gilli kann auf eine erfolgreiche Organisation der Eishockey-WM zurückblicken.
Herr Gilli, vor drei Jahren wurden Sie mit der Durchführung der WM betraut. Wie haben Sie die Zeit erlebt?

Gian Gilli: «Es waren intensive Jahre. Es begann ungewöhnlich, weil erst die Stadien evaluiert werden mussten. Es musste mit den Städten ´gedealt´ werden. Das beanspruchte viel Zeit. Erst danach konnten Konzepte erstellt werden. Die ersten acht Monate arbeitete ich alleine, später wurden Zug um Zug Leute angestellt. Wir verfügten über relativ kleine Arenen. Schritt um Schritt wurde mir klar, in welche Richtung sich das Projekt entwickelt.»

Was erschwerte die Arbeit im Vorfeld?

«Es fehlte manchmal an Vorwissen. Das kritisiere ich am Umfeld. Schon an der Ski-WM in St. Moritz (wo Gilli ebenfalls für die Organisation zuständig war) ist das so gewesen. Dabei wäre es einfach, den Veranstaltern ein Organisations-Manual zur Verfügung zu stellen. Alle Organisatoren beginnen jedes Jahr bei null und werden immer mit den gleichen Anforderungen konfrontiert. Das ist Wahnsinn -- ein riesiger Ressourcen- und Know-how-Verschleiss. Wenn wir etwas erfahren wollten, mussten wir uns bei den Kanadiern, Russen und Letten erkundigen, die vor uns die letzten Weltmeisterschaften organisiert haben.»

Besonders präsentierte sich die Situation in Bern...

«In Bern sind wir eigentlich in eine Baustelle eingezogen. Wir konnten vor dem WM-Start in der PostFinance-Arena nie üben. Dann ging es los von 0 auf 100 mit zweimal 10'000 Zuschauern am ersten Spieltag. Deshalb gab es am Anfang Diskussionen und Unklarheiten. In der Theorie war zwar alles gut vorbereitet, in der Praxis wollte es am ersten WM-Tag aber nicht so richtig funktionieren. Danach haben wir eine Nacht lang durchgerackert. 30 Massnahmen wurden in zwölf Stunden umgesetzt. Danach griffen die Konzepte auch in der Praxis.»

Am Ende erhielten Sie von René Fasel für die gute Organisation eine symbolische Goldmedaille.

«Genau, denn die Abläufe funktionierten nach den Anpassungen. Die Feedbacks von allen Seiten am Ende der WM waren super. Aber um auf die ursprüngliche Frage zurückzukommen, wie ich die drei Jahre erlebt habe: Ich begann allein und hatte am Ende 20 Festangestellte um mich.

Drei Jahre lang lautete das Motto: Sparen, sparen, sparen! Vom ersten Tag bis zum Schluss wurde extrem spitz kalkuliert. Das prägte das Projekt businessmässig. Wir gaben Geld aus, das wir noch nicht in der Tasche hatten. Stimmungsmässig wurde ich während des Turniers positiv überrascht. Die Schweizer Spiele waren der Hammer! Auch die internationalen Fans sorgten für Stimmung, auch wenn sie weniger zahlreich anreisten als an anderen WM.»

Was bedauern Sie?

«Wir mussten viel investieren für nicht permanente Infrastrukturen. Diese Kosten sind nicht nachhaltig. Es ist traurig, dass der Videowürfel wieder heruntergeholt werden musste, dass der SC Bern den nicht weiternutzen kann. Andere Länder befinden sich da im Vorteil. Deutschland muss in einem Jahr nicht für 200'000 Franken temporäre Sitzplätze in ein Stadion bauen.

Und ich hätte nie und nimmer erwartet, dass wir für 1,1 Millionen Franken Stromkosten haben werden. Deshalb mussten wir später Abstriche machen. Es stand sogar zur Diskussion, in Kloten auf die Eventzone zu verzichten. Wir wagten diese grosse Investition aber, denn wir wollten die Fans nicht zwischen den Spielen im Wald im Regen stehen lassen.»

Schon früh war bekannt, dass Sie 303 000 Zuschauer für eine ausgeglichene Rechnung benötigten. Später mussten Sie erkennen, dass sich Hospitality-Pakete in Kloten nicht verkaufen liessen.

«Deshalb wurde in einigen Bereichen das Budget runtergefahren. Wir hätten gerne noch viele schöne Sachen rund um die WM organisiert. Aber wir mussten die Ausgabenseite den Einnahmen anpassen. Die aktuelle ökonomische Situation hat uns belastet. Wir verzeichneten weniger Besucher aus dem Ausland als frühere Turniere. Wir schätzen, dass die Konsumationsmenge in der Eventzone tief geblieben ist. Die Fans besuchten zwar das Zelt, aber sie konsumierten wenig.

Das schwache deutsche Abschneiden schadete uns, denn aus Deutschland wären für die Zwischenrunde carweise Fans angereist. Und natürlich fehlten uns die Schweizer im Viertelfinal. Das hätte nochmals einen Wahnsinns-Tag gegeben -- einerseits im Stadion, aber auch ums Stadion rum. Am Tag nach dem Schweizer Ausscheiden herrschte plötzlich eine ganz andere Stimmung auf dem Platz.»

Wann wurde Ihnen klar, dass «Cooly» der Star der WM wird?

«Ich erzählte in jedem Vortrag vor der WM: ´die Inszenierung von Cooly wird ein Höhepunkt´. Als wir die kanadischen Darsteller angestellt hatten, war mir das klar. In dieser Art und Weise kannte man das in Europa bislang noch nicht. Die Kuh als Maskottchen war schon vorher bestimmt, auch das eine gute Wahl.

Die Kuh passt gut zum Image der Schweiz -- Milch, Käse, Schokolade, Natur, Tradition. Wir besitzen die schönsten Kühe der Welt. Aber dass Cooly derart einschlägt, dass sie gleich noch Bundesrätin werden sollte (wie am Sonntag mittels Transparent verlangt wurde), ist eine Riesengeschichte. Darum haben wir Cooly am Sonntag speziell verabschiedet.»

Was macht Gian Gilli ab dem Herbst?

«Ich weiss es wirklich noch nicht. Ich habe in meinem Leben einen Fehler gemacht. Ich habe im Februar 2003 zwei Tage nach der Ski-WM einen Job bei Swiss-Ski angefangen. Die ganzen Entscheide beim Skiverband fallen zwischen März und Ende April: Traineranstellungen, Budgets, Planungen und so weiter. Mit einem 50-Prozent-Pensum führte ich die Ski-WM zum Abschluss. Daneben arbeitete ich voll für den Skiverband.

Ende April stand ich so nahe (zeigt auf ein Kaffeerahm-Deckeli) an einem Burnout. Ich musste Entscheide fällen, obwohl mir die Grundlagen fehlten. So schnell in einen neuen Job zu steigen war der grösste Fehler, den ich in meinem Leben gemacht habe. Diesmal lasse ich mir Zeit. Ich überlege mir gut, in welche Richtung ich mich begeben will. Ich weiss, dass sich Gerüchte jagen. Es gibt Leute, die sehen mich als Nachfolger von Augsburger bei Swiss Olympic, andere sehen mich schon in Sotschi. Aber das sind nur Gerüchte. Ich habe über meine Zukunft noch keinerlei Gespräche geführt.»

(Rolf Bichsel, Bern/Si)

 
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