Die wiederhergestellte Ehre der Experten

publiziert: Sonntag, 12. Aug 2012 / 17:54 Uhr / aktualisiert: Sonntag, 12. Aug 2012 / 21:04 Uhr
Nikola Karabatic gegen die schwedische Abwehr.
Nikola Karabatic gegen die schwedische Abwehr.

«Les Experts» sind in Handball-Fragen wieder das Mass aller Dinge! Frankreich vollendete die erfolgreiche Titelverteidigung dank eines 22:21-Siegs gegen Schweden und bestätigte damit den Ruf als unbestrittene Nummer 1.

Sechs Minuten vor Schluss intonierten die französischen Supporter, welche eine Ambiance wie beim Heimturnier in Paris-Bercy die "Basketball Arena" zauberten, voller Inbrunst die Marseillaise. Zum Zeitpunkt dieses Unterbruchs stand es zwar erst 20:18 und der skandinavische Widerstand war noch längst nicht gebrochen, aber kaum ein Fan der deutlich erfolgreichsten "equipe tricolore" aller Mannschaftssporarten zweifelte mehr am finalen Triumph.

Diese leicht superiore Haltung hätte sich fast noch einmal gerächt: Schweden kam noch zweimal bis auf ein Tor heran und nahm zwölf Sekunden vor Matchende noch ein letztes Timeout. Ohne Wirkung allerdings, Frankreich monopolisierte in den letzten Sekunden den Ballbesitz und durfte sich dann von der Mehrheit der Fans feiern lassen.

Der Jubel kannte kaum Grenzen, wohl auch, weil der Titel der Dominatoren der letzten Jahre diesmal nicht unbedingt hatte vorausgesetzt werden können. Nachdem die Franzosen in Peking den Final gegen Island dominiert hatten (28:23), gelang ihnen das einmalige Kunststück, alle grossen Titel in ihren Besitz zu bringen. Die Gourmands traten auch als Gourmets auf und holten zusätzlich zwei WM- und einen EM-Titel.

Reaktion auf EM-Versagen

Im Januar folgte dann der Fehltritt, den viele mit dem Ende der goldenen Generation gleichsetzten. Bei der EM in Serbien wurden aus den "Ausserirdischen" sehr schnell "Durchschnitssspieler", die nach dem 11. Platz in der Öffentlichkeit zerrisen wurden.

Superstar Nikola Karabatic hatte aber immer gesagt: "Das war ein Unfall. Abgerechnet wird an den Olympischen Spielen." Minuziös bereitete Trainerfuchs Claude Onesta das "défi en or" vor, das in den französischen Alpen mit einem knallharten Trainingslager begann. "Wir haben viele erfahrene Spieler, sie sind nun gefordert", hatte Onesta seine Leader in die Pflicht genommen.

Sie haben den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden und seit dem 12. August ist die teilweise angekratzte Ehre nun wieder intakt. Das grosse Plus der Franzosen war genau die Leistung der Routiniers, respektive der Senioren, wie sie im Misserfolgsfall despektierlich genannt worden waren.

10 von 14 Spielern hatten schon in Peking Gold bejubelt, die Achse mit dem katzenhaften Goalie Thierry Omeyer, Verteidigertank Didier Dinart und dem ehemaligen Welthandballer Karabatic riss die Teamkollegen regelrecht mit.

Eine "hübsche" Verletzung

Ein vermeintlicher Tiefschlag erwies sich als Glücksfall. Zum Ende der Vorrunde verletzte sich Guillaume Joli am Knie und für ihn rückte William Accambray ins Team. Der vorher vom Coach überraschenderweise übergangene 24-Jährige avancierte im Viertelfinal mit sieben Toren zum Topskorer und erzielte den für Spanien so vernichtenden Siegtreffer zum 23:22 zwei Sekunden vor Schluss. Im Halbfinal brachte dann "Titi" Omeyer die Kroaten mit 19 Paraden bei 41 Abschlussversuchen (46 Prozent) zur Verzweiflung.

Onesta war über die wiedergefundene Stärke von "les experts" unglaublich happy: "Man muss nur schauen, wie sich die Jungs freuen, obwohl sie schon so viel gewonnen haben. Jeder weiss, dass dieser Titel noch mehr wert ist als die Medaillen zuvor." Nicht nur aus ihrer Sicht auch objektiv ist ihre Leistung einzigartig: Ein Double hatte bisher einzig eine ganz grosse Nation geschafft: 1988 hatte die Sowjetunion gewonnen, vier Jahre später ihr Nachfolgestaat, die GUS.

Ob die Franzosen je wieder einen ähnlichen Expertise-Grad erreichen, muss sich weisen. Acht Kadermitglieder sind über 30, fünf sogar mindestens 35, ein erneutes Auflaufen ihrerseits in Rio in vier Jahren würde zumindest überraschen. Mit Ausnahme von Ersatzkeeper Daouda Karaboue sollen aber alle Spieler erklärt haben, mindestens bis zur WM in Spanien im nächsten Jahr weiterzumachen.

Viertes Silber für Olsson

Und die Schweden? Sie haben an diesem Turnier zweifelsfrei mehr erreicht, als sie hatten erwarten dürfen. Seit 2002 ohne Medaille, schalteten sie im Viertelfinal Mitfavorit Dänemark aus und nützten nachher die Gunst der Stunde im Halbfinal gegen Ungarn.

Auch im Endspiel wäre angesichts der nicht unwiderstehlichen Darbietung Frankreichs mehr dringelegen. Die "Tre Kronor" führten unter den Augen des Monarchenpaars nur einmal mit zwei Toren (5:3), leisteten sich aber zu viele "unerzwungene Fehler". Nationalcoach Staffan Olsson fehlte in seinem Team zweifelsfrei einer wie ... Staffan Olsson. Er, der einst weltweit beste Rückraumspieler, musste ohnmächtig mitansehen, wie Kim Andersson und Kim Ekdahl du Rietz total nur 5 von 13 Schüssen ins Netz brachten.

Neben dem Geschehen auf dem Platz bot auch Olsson viel Spektakel. Wenn er eine Reinkarnation eines Tennisspielers wäre, dann wäre Olsson eine Mischung aus dem stoischen Björn Borg und dem legendären "Zappel-Philipp" Kent Carlsson. Olsson wirkte gelegentlich wie unbeteilgt, einen Wimpernschlag später wäre er aber am liebsten ins Feld gesprungen oder animierte seine Spieler tänzelnd, schreiend oder sie umarmend zu mehr Konzentration. Als Spieler hatte er die gelbblaue Erfolgsgeschichte orchestriert, dabei aber die drei Olympiafinals zwischen 1992 und 2000 alle verloren. Äusserlich blieb er gestern zwar ruhig und gratulierte den Widersachern - wie alle Schweden selbstredend vorbildlich fair - innerlich war seine vierte Silbermedaille im vierten Anlauf aber definitiv eine zuviel: Er schmiss das Tuch wütend und voll aus dem Wurfarm auf den Stuhl...

(fest/Si)

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