Die zeitlose Göttliche

publiziert: Freitag, 16. Sep 2005 / 07:04 Uhr

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An der Riviera stand einst die junge Jane Fonda abseits einer illustren Gästeschar. Eine knapp 50jährige Dame forderte sie auf, nackt im Meer schwimmen zu gehen. Greta Garbo lebte sie zu dieser Zeit schon seit über 15 Jahren ausserhalb des Filmgeschäfts. Man bekam sie sowenig zu Gesicht wie Howard Hughes. Die junge Fonda war sprachlos, nahm das Angebot aber an. Die Schwedin enthüllte einen sportlichen, wenn auch nicht makellosen Körper und tauchte perfekt ins eiskalte Wasser. In ihrer tiefen «Ninotchka»-Stimme fragte die Garbo, ob sie Schauspielerin werden wolle. Sie hätte zuwenig Talent, gab die Fonda schüchtern zur Antwort. «Ich wette doch», sagte die wassertretende Diva.

Ob so direkt wie hier oder indirekt über ihre Filme: Greta Garbo hat mehr als ein Mädchen ermutigt, Filmstar zu werden. Diese unnahbare Erscheinung, die ihr den treffenden Beinamen «die Göttliche» einbrachte, war als Lichtwesen der Leinwand der Wirklichkeit entrückt. Am 18. September wäre die kühle Diva aus dem hohen Norden 100 Jahre geworden. Womit sie beinahe so alt wie die Erfindung des Kintopps ist.

Es ist paradox, dass Garbo neben Chaplin wohl der einzige noch geläufige Name aus der Stummfilmzeit ist. Selbst aktiven Kinogängern sagt ein D.W. Griffith nichts mehr, und von der Schauspieler-Dynastie Barrymore kennt man gerade noch den jüngsten Spross Drew.

Garbo hingegen ist ein Begriff wie ein Markenname – selbst wer keinen ihrer Filme gesehen hat, verbindet mit dem Klang dieses Namens den Glamour des alten Hollywoods. Paradox darum, weil die Garbo sich rar gemacht hat, aus eigenem Wunsch in der Versenkung verschwand.

1941 hatte sie ihren letzten Film abgedreht. In der Öffentlichkeit liess sie sich nur noch mit dunkler Sonnenbrille und getarnt mit Kopftuch blicken (in Anspielung auf die Garbo wählt die alternde Diva im morbiden «Sunset Boulevard» dieselbe Verkleidung). Selbst noch, als Hollywood 1954 ihr den Ehren-Oscar verleihen wollte, kriegte man nur die kalte Schulter zu sehen: Die Schwedin weigerte sich, den Preis persönlich in Empfang zu nehmen.

Man nannte sie «The Face», weil die Fotografen ihr Gesicht als vollkommen priesen. Und dieses Antlitz alterte nicht, weil sie zeitlebens dem körperlichen Zerfall und damit dem Zerfall der Legende ein Schnippchen geschlagen hatte: Sie liess sich einfach nicht mehr blitzen, blieb in der Erinnerung ewig jung. Ein Privileg, das sonst nur Königshäusern zukommt.

«Ich möchte allein sein», sagte sie in ihrer Rolle in «Grand Hotel» – was die echte Garbo nicht präziser hätte formulieren können. Die Dietrich hat einen ähnlichen Weg gewählt, allerdings erst, als die Schönheit schon zu verblassen drohte, und sperrte sich mit den Worten «Man hat mich zu Tode fotografiert» selbst weg. Der Entzug der Präsenz als einzige Möglichkeit, präsent zu bleiben.

Sieht man sich nun all die Music-Stars und Super-Stars und Möchtegern-Stars an, von allen Gazetten strahlend, in jeder Talkshow sitzend, jede Nichtigkeit zur nationalen Nabelschau machend, darf man sich fragen, welche Erinnerung daran in 100 Jahren noch übrig sein wird.

Wird ihr Ruhm überdauern wie jener der Garbo? Man möchte es heute schon anzweifeln, obwohl das physisch begrenzte Leben uns den Beweis schuldig bleiben wird, ebenso wie die Garbo selbst daran nicht mehr teilhaben kann. Sicher aber ist: Die «Göttliche» hat’s allen gezeigt – indem sie sich überhaupt nicht zeigte.

Am 18. September wäre sie 100 Jahre alt geworden.

(von Roland Schäfli/news.ch)

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