Diplomatischer Blechschaden

publiziert: Donnerstag, 1. Okt 2009 / 16:00 Uhr

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Roman PolanskiRoman Polanski
Die Schweiz sei einst eine diplomatische Grossmacht gewesen, heisst es. Dezent, zurückhaltend, effektiv, ein Land, das verstand, grosse Dinge geräuschlos in Bewegung zu setzen. Das hat sich in den letzten Jahren krass geändert. Nun werden vor allem kleine Dinge mit riesigem Getöse im Sand festgefahren. Die letzte Spitzenleistung ist die Verhaftung des französich-polnischen Regisseurs Roman Polanski bei seiner Einreise in Zürich.

Im Zusammenhang mit diesem medialen Supercoup unseres Justiz-Ministeriums müssen zwei Dinge klar getrennt werden.

Zum Einen die juristische und moralische Seite des Falles. Polanski ist seit 30 Jahren auf der Flucht. Nicht vor einem Unrechtsregime sondern vor einem Geschworenengericht in den USA aufgrund eines sehr unappetitlichen Vergehens, der Vergewaltigung eines 13-jährigen Mädchens. Anderweitige Meriten eines Täters sind dabei völlig unwichtig, ja, es ist nicht einmal entscheidend, ob das Opfer dem Täter unterdessen vergeben hat und die Tat schon lange her ist. Das befand ja auch das Schweizer Stimmvolk, als es vor einem knappen Jahr mit 52% der abgegebenen Stimmen eine Initiative, die die Unverjährbarkeit solcher Straftaten forderte, an nahm.

Daher handelte die Schweizer Justiz nicht nur im Sinne der US-Strafbehörden und deren internationalem Haftbefehl, sondern auch in dem der Schweizer Bevölkerung, was scheinbar auch durch Meinungsumfragen bestätigt wird, in denen zwei Drittel der Befragten finden, dass Polanski zu Recht eingebuchtet wurde.

In diesem Belang ist also alles in Ordnung und man kann formaljuristisch und moralisch der Schweiz keinen Vorwurf machen... dies Betreffend des «zum Einen»-Teils. Zum Anderen hingegen muss man sich fragen, warum sich die offizielle Schweiz diesen Ärger einbrockt, und Polanski an ein von dem Bundesamt für Kultur gesponserten Anlass einlud und nicht über diplomatische Kanäle Frankreich wissen liess, dass für solche hoch-offiziellen Anlässe Gäste, die mit einem internationalem Haftbefehl gesucht werden, mit gewissen Problemen zu rechnen hätten. Stattdessen wurde Polanski erst indirekt von der Schweizer Regierung eingeladen um dann von der selben Regierung (aber einem anderen Ministerium) in den USA verpfiffen zu werden.

Das ganze noch absurder macht die Tatsache, dass Polanski ein Ferienhaus in Gstaad besitzt, dass er scheinbar auch öfters benutzte und in dem er nie von Schweizer Justizorganen behelligt wurde. Dass im Angesicht dieser Fakten im Ausland der Eindruck entstanden ist, gewisse Schweizer Justizkreise hätten Polanski eine Falle gestellt und gegenüber den USA lieb Kind spielen wollen, kann da nicht verwundern.

Charles de Gaulle sagte einmal, dass ein Staat, der seinem Namen gerecht werde, keine Freunde habe – nur Interessen. Kein sehr schöner, aber ein richtiger Ausspruch. Aus dieser Perspektive dürfte die Affäre Polanski zu einer Hypothek für die Schweiz werden. Den Interessen der Schweiz ist am besten gedient, wenn sie als dezenter, zuverlässiger Partner wahrgenommen wird, der grossen Trubel auf dem internationalem Parkett vermeidet, wie wenn man Polanskis Einreise zum Beispiel im Vorfeld des Besuchs dezent blockiert hätte.

Von den USA grosse Dankbarkeit zu erwarten, ist absurd: Wie schon vielfach betont, erfüllt die Schweiz nur eine Pflicht, einen Vertrag. Dafür gibt es keine Bonuspunkte. Die öffentliche Meinung in Frankreich und Polen hingegen schlägt hohe Wellen und irgend eine Retourkutsche darf erwartet werden, sei dies nun bei Verhandlungen um die bilateralen Verträge oder bei anderen wirtschaftlichen, kulturellen oder politischen Geschäften mit diesen Ländern.

Der Schweizer Politik ist in den letzten Jahren das Bewusstsein abhanden gekommen, dass für einen Kleinstaat wie uns, keine News die besten News sind. Stattdessen hat Bern schon wieder einen diplomatischen Auffahrunfall verursacht. Ganz egal wie recht wir auch haben: auf diesem Blechschaden werden wir sitzen bleiben.

(von Patrik Etschmayer/news.ch)

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Na da..
hat doch Herr Etschmayer genau das Gleiche wie ich vor ein paar Tagen geschrieben.
Leider bin ich nicht so sprachlich und schriftstellerisch begabt.

Unterschreibe ich doppelt.
Zeitpunkt
Hätte die schweizer Justiz Polanski auch tatsächlich festgenommen, nach dem der internationale Haftbefehl auf dem Tisch lag, würde ich Ihnen zustimmen.

Aber das hat sie nicht getan. Stattdessen lässt sie Polanski jahrelang - trotz bestehendem Haftbefehl - unbehelligt in die Schweiz ein- und ausreisen. Ganz offensichtlich hat die Schweiz sich also jahrelang diesbezüglich nicht im geringsten um ihre Pflicht gekümmert. Damit hätte sie einen allfällig dadurch entstehenden "diplomatischen Schaden" schon längst angerichtet gehabt. Das ist schon schlimm genug.

Dann aber nach Jahren der offensichtlichen "Pflichtverletzung" Polanski trotzdem noch zu verhaften ist - wie es auch Herr Etschmayer schon dargelegt hat - juristisch gesehen sicher vollkommen in Ordnung, hat aber für mich - und anscheinend auch etliche Andere - einen etwas undurchsichtigen, hinterhältigen und unmoralischen Beigeschmack.

Hätte die schweizer Justiz Polanski bei einer seiner ersten einreisen in die Schweiz - nach bestehen des Haftbefehls - verhaftet, so hätten bestimmt auch etliche Kulturschaffende sich darüber moniert, da einige von Ihnen ja zu Denken scheinen, dass Ihresgleichen sich durchaus straffrei Minderjährige mittels dem verabreichen von Rauschmitteln für den Beischlaf gefügig machen dürfen. Auch hätten wohl etliche Staatsbürger von Frankreich und Polen der Schweiz - wie auch jetzt - übel genommen, dass sie einen ihrer prominenten Mitbürger dingfest macht.

Ganz egal ob die Schweiz Polanski direkt nach Ausschreibung des Haftbefehls festgenommen, oder ihn sowohl zu diesem wie auch zu keinem anderen Zeitpunkt verhaftet hätte, hätte sie damit Zeugnis abgelegt, dass sie in ihrem Tun gradlinig, konsequent und verlässlich ist. Eigenschaften, welche - sowohl bei "Freund" wie "Feind" - gern gesehen sind, Respekt abnötigen und Vertrauen wecken. Eine Reputation, welche gerade auch auf dem diplomatischen Parkett von hohem Wert ist.

Polanski aber jahrelang unbehelligt in der Schweiz ein- und ausgehen zu lassen um ihn dann plötzlich doch zu verhaften, ohne dass erkennbar wäre - oder kommuniziert würde - weshalb sich jetzt plötzlich die Haltung der Schweiz in Sachen Polanski geändert hat, lässt sie inkonsequent, unzuverlässig und unberechenbar erscheinen. Eigenschaften welche niemand mag, misstrauisch machen und sicher keinen Respekt verdienen, sondern kosten.

Dass Polanski in der Schweiz verhaftet wurde finde ich völlig in Ordnung. Wieso aber erst nach sovielen Jahren, bedarf für mich einer wirklich plausiblen, von offizieller Stelle erfolgten Erklärung, um den wirklich schlechten Beigeschmack loszuwerden.
Öffentliche Meinung in Frankreich und Polen
Umfragen in verschiedenen Ländern, auch in Frankreich und Polen, haben gezeigt, dass eine grosse Mehrheit der Bevölkerung die Verhaftung von Polanski richtig findet. Seine Tat ist alles andere als ein Bagatelldelikt. In einer Umfrage in Polen haben sich nur gerade 25% für eine Freilassung von Polanski ausgesprochen. Sicher, es gibt eine kleine elitäre Schicht von Kulturschaffenden, die meinen, für ihresgleichen müssten bevorzugte Regeln gelten (zum Glück gehören nicht alle Regisseure dazu), und zuerst hat man sich in einigen Ministerien in Frankreich und Polen von diesen beeinflussen lassen. Nachdem aber klar geworden ist, dass die Forderung nach Sonderrechten für Polanski kaum Unterstützung geniesst, haben sich sowohl die polnische als auch die französische Regierung dafür ausgesprochen, dass das korrekte Auslieferungsverfahren normal weitergeht.

Ich finde es beschämend, dass so viele Journalisten zwar zugestehen, dass der Haftbefehl für Polanski korrekt ist, aber meinen, man hätte die Verhaftung aus Rücksicht auf die Empörung irgendwelcher Leute, die glauben, sie stünden über dem Recht, doch nicht durchführen sollen.

Für die Schweiz ist es kein grosses diplomatisches Verdienst, dass sie Polanski verhaftet hat, angesichts des gültigen internationalen Haftbefehls war das nur eine Selbstverständlichkeit. Diplomatischer Schaden wäre dagegen entstanden, wenn die Schweiz ihre Pflicht nicht getan hätte.

Roman Polanski

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