Dramatiker beklagen «Uraufführungssucht»

publiziert: Sonntag, 11. Nov 2007 / 11:08 Uhr / aktualisiert: Sonntag, 11. Nov 2007 / 23:34 Uhr

Bern - In der Theaterwelt zirkuliert derzeit ein Schreiben, in dem Dramatiker ihren Missmut über «Uraufführungssucht» und «Frischfleischwahn» der Intendanten bekunden. Die Autoren wünschen sich eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit den Häusern.

Ist auch das Publikum vom «Frischfleischwahn» befallen?
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«In immer weniger Tagen immer mehr Uraufführungen zu stemmen», sei «Trendsport für Intendanten» geworden, heisst es in dem «Rundbrief für ein neues Autorentheater», den der Zürcher Dramatiker Andreas Sauter mitinitiiert hat. Bis Ende Oktober sind rund 170 Unterschriften zusammengekommen, wie Sauter erklärt.

Auf der Liste finden sich mehrere bekannte Namen aus der Schweiz, etwa Guy Krneta, Reto Finger oder Laura de Weck. Die Situation hierzulande sei sehr ähnlich wie in Deutschland, sagt Sauter gegenüber der SDA. Sie habe sich bloss später entwickelt.

Nach der Uraufführung würden Stücke meist kein zweites Mal gespielt; die Honorare gingen «in den Keller». In dem Brief sind «10 Wünsche» der Dramatiker aufgeführt, etwa dass bereits gespielte Stücke wiederentdeckt oder mehr Hausautoren beschäftigt werden.

Missbach: «Das Gegenteil ist der Fall»

Bei den Verantwortlichen der grossen Schweizer Häuser ist die Reaktion gemischt. Klaus Missbach, Chefdramaturg am Schauspielhaus Zürich kann mit dem Schreiben «nicht viel anfangen». Er bestreitet rundweg, dass die Honorare sinken würden: «Das Gegenteil ist der Fall.»

«Talentierte Autoren haben im Moment ökonomisch wenig Probleme», sagt auch Erik Altorfer, Dramaturg am Stadttheater Bern und künstlerischer Leiter des Autorenförderungsprogramms «Dramenprozessor» in Zürich. In den Neunziger Jahren sei die Situation viel schlechter gewesen.

Dies bestätigt Uwe Carstensen, Leiter der Medien- und Theaterabteilung des S. Fischer Verlags in Frankfurt. Er hat für den Verlag das Schreiben der Dramatiker dennoch unterzeichnet, «weil wir uns wünschen, dass die Stücke öfter aufgeführt werden.»

Mentha: «Ich fühle mich nicht süchtig»

Den im Rundschreiben zentralen Vorwurf der «Uraufführungssucht» weisen die Verantwortlichen allesamt von sich. «Sucht ist immer schlecht. Ich empfinde mich nicht als süchtig», sagt der Luzerner Theaterdirektor Dominique Mentha. Vielmehr ist bei ihm wie an den andern Häusern von einer «Leidenschaft für neue Stücke» die Rede.

Georges Delnon, Direktor des Theater Basel, konstatiert zwar in der Theaterlandschaft einen bedauerlichen «Event-Trend», merkt aber an, dieser werde von den Medien gefördert. In keiner der Städte wird ein Kurswechsel als nötig erachtet, überall wird betont, dass die kontinuierliche Zusammenarbeit mit Autoren gepflegt werde.

Initianten: «Man rennt offene Türen ein»

Die Initianten des Schreibens kommen in einem Interview mit dem Fachblatt «Theater der Zeit» zu einem andern Schluss: «Die Theater selbst spüren ganz stark, dass sich Strukturen wandeln müssen», erklärt Rolf Kemnitzer. Er fügt an: «Man rennt da offene Türen ein, da wird sich bald was ändern.»

Einig sind sich die Initianten und die Theater-Verantwortlichen darin, dass derzeit eine hohe Dichte guter Autoren das deutschsprachige Theaterschaffen bereichert. «Das Interesse ist riesig», sagt der Berner Dramaturg Altorfer.

(von Serge Kuhn/sda)

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