Drei Wochen Drama

publiziert: Montag, 7. Jul 2003 / 07:43 Uhr / aktualisiert: Montag, 7. Jul 2003 / 10:37 Uhr

Heute nix über Politik und Moral, Korruption und Verschwendung von Steuergeldern. Nein, heute geht es um das grösste einzelne Sportereignis der Welt, das am Samstag mit dem Prolog begonnen und am Sonntag bereits mit einem grausigen Sturz, der vier Fahrer ins Spital schickte, seine Fortsetzung erfahren hat: die Tour de France. Alle Radsportfans und jede Menge von Leuten denen die Pedaleure den Rest des Jahres am Arsch vorbeifahren, verfolgen an diesen drei Wochen gebannt, was für Dramen und Freudenfeste sich auf den Strassen Frankreichs entwickeln werden. Emotionen ganzer Radsportnationen fokussieren sich auf einzelne Athleten. Dementsprechend wird jede Regung dieser Männer registriert, interpretiert und (über-)bewertet. Etwa die 5 Sekunden die Ullrich auf Armstrong im Prolog herausgefahren hat, in Deutschland schon als Zeichen dafür gelten, dass er bereit ist, den Amerikaner dieses Jahr schlagen zu können. Für die Italiener ist Gilberto Simonis gute Prolog-Zeit wiederum ein Zeichen dafür, dass er sich vom Giro d'Italia ausreichend erholt hat und so vielleicht Armstrong in den Bergen Paroli bieten kann. Die Franzosen hoffen wiederum auf eine Überraschung, wissen aber eigentlich, dass weder Brochard noch Virenque oder Halgand etwas mehr als einen gelegentlichen Husarenritt werden bieten können. Und die Amerikaner sind voller Spannung was Lance Armstrong anbelangt, der dieses Jahr mit seinem fünften Tour-Sieg nicht nur in den Pantheon der Rekordhalter wie Merckx, Indurain, Hinault und Anquetil aufsteigen, sondern als einst durch Krebs zum Tode Verurteilter eine Story weiter schreiben könnte, die sogar Lazarus in den Schatten stellt. Manche Leute wollen allerdings nichts davon wissen. 'Die sind ja alle gedopt' ist der häufigste Spruch nach 'mit den Medikamenten drin kann das ja jeder' und wenden sich wieder dem Fussball und dem Tennis zu, wo es ja sauber zu und her gehe. Dass diese Aussage konzentrierter Blödsinn ist, sollte eigentlich jedem klar sein. Zum einen ist der Radsport wahrscheinlich der bestüberwachte Sport mit den wenigsten Möglichkeiten, zu betrügen: Die Fahrer wohnen in Hotels, die den Kontrollinstanzen bekannt sind, können zu jeder Zeit kontrolliert werden und in Frankreich auch strafrechtlich belangt werden. Ausserdem schauen die Sponsoren keineswegs weg, wenn ein Doper erwischt wird: Nach einem Dopingvergehen löste der Bauchemiekonzern Mapei seine ganzen Teams auf. Und Raimondas Rumsas, der letztjährige Tour-Dritte, dessen Frau damals mit Dopingmitteln im Koffer erwischt wurde, dürfte seinen Job bei Lampre nun endgültig los sein, nachdem er positiv getestet wurde. Radfahrer müssen Tests über sicher ergehen lassen, die beispielsweise im Tennis undenkbar wären. Vielleicht ist es ja nur Zufall, dass weibliche Spitzentennisspielerinnen von der Statur her an die einstigen DDR-Schwimmerinnen erinnern. Naja, honit soit, qui mal y pense... Man kann also davon ausgehen, dass der Radsport - speziell was die Spitzenteams angeht - sauberer ist, als die meisten anderen Profisportarten und die Männer in den Sätteln während der nächsten drei Wochen Leistungen erbringen werden, die jenseits des Horizontes jedes Hobbysportlers liegen. Jene Fahrer zum Beispiel, die in den Bergetappen im 'Gruppetto' knapp vor Kontrollschluss eintrudeln werden, überqueren die Berge immer noch schneller als die meisten Elite-Amateure dies könnten und werden vom Publikum trotzdem als 'schlechte Bergfahrer' bezeichnet. Die wahnsinnigen Leistungen der Spitzenfahrer verzerren durchaus die Wahrnehmung von uns Zuschauern. Jeder, der in Paris wieder ankommen wird, darf getrost als Sieger bezeichnet werden. Er hat ein Monster überwunden und den Jubel der Massen an den Champs Elysées absolut verdient. Geniessen wir also die nächsten drei Wochen, ganz egal wer gewinnt und verliert. Der Vorhang wurde geöffnet, das Drama hat seinen Lauf genommen!

(Patrik Etschmayer/news.ch)

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