EU-Politiker-Skandal: Wenn im Roten Schwarzes steckt
Wenn man bisher einen Politiker wählte, konnte man darauf vertrauen, dass dieser auch das war, was auf seiner Parteiliste drauf stand. Doch einige Stichproben im Europäischen Parlament ergaben erschütternde Resultate - wo Sozi drauf steht, sei mitunter sogar Nazi drin!
Da diese Parlamentarier aber für die nächste Amtszeit gewählt sind, lassen sie sich nicht so einfach entsorgen. Da ist es ein kleiner Trost, dass es den Konservativen ganz ähnlich geht. Ein Vertreter der Europäischen Volkspartei gibt im gemeinsamen vertraulichen Gespräch zu, dass auch sie, nachdem sie von den Funden bei den Sozis gehört hätten, eine Analyse durch führten.
Die Resultate waren scheinbar so schockierend, dass der Bericht unter Verschluss gestellt wurde. Doch unsere Gesprächspartner, die wir vor zwei Wochen in der kleinen Pizzeria «il Sorriso» an der «Rue Général Leman», nicht allzuweit vom Europäischen Parlament entfernt, aber so billig, dass dort nicht die Gefahr herrscht, von Politik-Kollegen entdeckt zu werden, trafen, kennen voreinander keine Geheimnisse. Dies, obwohl ihre Parteiführungen kein Wort zu dem «Politiker-Verfälschungs-Skandal» nach aussen dringen lassen wollen.
«Wir sitzen, ob uns das passt oder nicht, im selben Boot,» erklärt der Sozialdemokrat.
«Genau,» pflichtet ihm sein konservativer Kollege, der sich vom Anderen vor allem durch die Farbe der Krawatte unterscheidet (Dunkelblau gegenüber Dunkelrot), bei, «wir Beziehen unsere Kandidaten aus den gleichen Quellen.»
«Es sind generell die gleichen Universiäten und Institute, welche unsere Abgeordneten mit Diplomen und Abschlüssen ausstatten,» erklärt die rote Krawatte.
«Dabei werden schon am Anfang die ideologischen Einteilungen gemacht und die zukünftigen Abgeordneten, Beamten und Funktionäre gelabelt, so dass es sich zurück verfolgen lässt, welcher Absolvent für welche Partei in Frage kommt. Wir akzeptieren zum Beispiel nur solche, die zu mindestens 80% konservativ sind!» ergänzt sein Kollege von der anderen Seite des Polit-Spektrums.
Das falsche Labeln der Abgeordneten ist vermutlich auf das immer häufigere Outsourcing der Evaluationsarbeiten zurück zu führen.
«Es sind vor allem jüngere Politiker betroffen,» erläutert der Sozialdemokrat, während wir auf unser Essen warten, «deren Ersteinteilung in einem rumänischen Institut stattgefunden hat. Die angehenden Jungpolitiker wurden jeweils für eine Woche aus ganz Europa dort hin gefahren, bevor sie danach mit ihren Analyseresultaten in einem im Hinterkopf eingepflanzten RFID-Chip nach Luxemburg zur endgültigen Einteilung befördert wurden. Von dort aus wurden uns dann die Kandidaten aufgrund ihrer Profile vorgeschlagen. Profile, auf die wir uns wegen der strengen EU-Normen absolut verlassen hatten.»
«Genau. Eine trügerische Sicherheit: als erst einmal die EU-Lizenz erteilt worden war, wurde skrupellos gepfuscht. Und jetzt haben wir den Salat. Hätte es keine merkwürdigen Abstimmungsresultate gegeben, wir hätten es vermutlich nie gemerkt.»
Die beiden grössten Europäischen Parteien wollen den Skandal möglichst Diskret handhaben, denn noch mehr als erratische Abstimmungsresultate fürchten sie den resultierenden Skandal, der mit Garantie die Populisten aus aller Herren Länder auf den Plan rufen würden.
«Wir versuchen daher, die grössten Mängel mit einem Austausch der Fehlbesetzungen zwischen den Fraktionen zu beheben. Auf diese Weise haben wir bereits zwei tolle Sozis bekommen und mein Kollege hier konnte diese gegen einen Christ- und einen Sozialkonservativen eintauschen, die in ihrer neuen politischen Heimat auch sofort aufgeblüht sind. Speziell mit einem, der eher braun als rot ist, haben wir momentan Mühe. Zu unserem Glück ist es ein Deutscher, der mit seiner Anti-Israelischen und Antisemitischen Haltung deshalb nicht besonders auffällt und den wir bei den nächsten Wahlen hoffentlich unauffällig in die dortige Regionalpolitik entsorgen können.»
Der Vorschlag des Konservativen, diesen Problemfall doch in die Deutsche FDP abzuschieben, verursacht allgemeine, wenn auch nur kurze, Heiterkeit
Die Wurzel des Skandals, da sind sich die beiden Parteien unterdessen scheinbar auch einig, liegt in der Kontrolle der Evaluationsinstitute. Dem Fehlbaren in Bukarest solle die Zulassung entzogen werden. Ein Ersatz-Institut in Vilnius sei bereits gefunden worden.
Endlich wird das Essen serviert. Der konservative Funktionär bringt es noch einmal auf den Punkt: «Ich meine, was wir hier haben ist ein Skandal, und eigentlich unvorstellbar. Es ist in etwa so unvorstellbar, wie wenn sie hier in der Füllung drin statt Rind- zum Beispiel Pferdefleisch hätten!» und deutet dabei auf die auf unseren Tellern dampfende, leckere Lasagne.
(Patrik Etschmayer/news.ch)
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