Ein Held wider Willen

publiziert: Samstag, 8. Jul 2006 / 21:36 Uhr

Die Frage, wann Zinédine Zidanes Karriere zu Ende gehen würde, beschäftigte in den letzten Wochen nicht nur Frankreich. Seit Mittwoch ist bekannt, dass seine letzte Bühne das Berliner Olympiastadion sein wird.

Die schönsten Geschichten schrieb Zinedine Zidane mit Frankreichs Nationalteam.
Die schönsten Geschichten schrieb Zinedine Zidane mit Frankreichs Nationalteam.
2 Meldungen im Zusammenhang
Es ist nicht vielen Sportlern oder Künstlern vergönnt, vor den Augen der ganzen Welt abzutreten. Zidane hatte sein Karrierenende bereits im April auf das Ende der Weltmeisterschaft terminiert.

Die Zeitung «El Pais» forderte vor dem Achtelfinal die spanische Nationalmannschaft auf, den 34-Jährigen in Rente zu schicken, Brasiliens Robinho versprach im Viertelfinal, das nachzuholen, was die Spanier verpasst hatten. Doch weder ihm noch am Mittwoch den Portugiesen gelang es, Zidane von seinem letzten grossen Ziel abzubringen.

Weit entfernt scheinen die ersten beiden WM-Spiele, als Zidane nur noch einen Schatten seiner früheren Tage war und bereits spekuliert wurde, ob Frankreichs Nationalteam ohne ihn nicht besser dran wäre. Aus der Umkleidekabine verfolgte der Gelbgesperrte an seinem Geburtstag das letzte Gruppenspiel gegen Togo.

Bereits ein Unentschieden hätte seine Karriere beendet. Die Hintertür war sperangelweit offen gewesen. Seine Mitspieler verhinderten den unwürdigen Abgang. Seither hat der Spielmacher ihnen den Gefallen mehrfach zurückgezahlt, mit zwei Toren und dem entscheidenden Assist gegen Brasilien.

Cannes, Bordeaux, Turin, Madrid

Nur noch Italien kann den triumphalen Abgang des gebürtigen Marseillais verhindern, der in Frankreich längst ein Nationalheld ist. Dabei hat Zidane nicht die Allüren eines Stars. Er ist scheu, wortkarg und am liebsten mit seiner Frau und seinen vier Söhnen zusammen. Seit 1998 und seinen zwei Toren im WM-Final gegen Brasilien befindet er sich aber in der jährlichen Umfrage, die den beim Volk beliebtesten Franzosen eruiert, in den vorderen Rangierungen.

Er lieferte sich jahrelang einen «Zweikampf» mit dem Armenpriester Abbé Pierre. Seine fussballerische Eleganz, seine Zurückhaltung und sein soziales Engagement verzückt das Hexagone, obwohl er als algerischstämmiger Franzose sozusagen aus der hintersten Reihe starten musste.

Olympique Marseille, das Team seines Herzens, hatte sein Talent verkannt. Seine ersten Schritte auf Profiniveau machte er beim benachbarten AS Cannes, nachdem der vor wenigen Tagen verstorbene Jean Varraud die Nachwuchsabteilung der Südfranzosen auf ihn aufmerksam gemacht hatte. Mit den Worten «Der Junge hat Hände anstelle von Füssen» wendete sich Varraud an Jean Fernandez. Dieser gab Zidane, damals noch mit Kopfbehaarung, aber ziemlich launisch, seine Chance.

Es folgte eine beispiellose Karriere, die den Ausnahmetechniker über Bordeaux, Juventus Turin zu Real Madrid führte. Im Verlauf der letzten zehn Jahre hat «Zizou», wie in die Franzosen liebevoll nennen, auf Klubebene alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Zum Teil, wie 2002 im Champions-League-Final mit seinem herrlichen Volley-Treffer gegen Bayer Leverkusen, beinahe im Alleingang.

Kopa und Platini überflügelt

Die schönsten Geschichten schrieb er mit Frankreichs Nationalteam. Als er im August 1994, wenige Monate nach der traumatisch verpassten WM-Qualifikation und zur gleichen Zeit wie Lilian Thuram, sein Debüt für die «Equipe tricolore» gab, kündigte er als Einwechselspieler mit zwei Toren innerhalb von zwei Minuten seinen Erfolg an.

Seither lief er 107 Mal im blauen Trikot auf, wurde Welt- und Europameister und ist mit 30 Toren der viertbeste Torschütze Frankreichs. In der Gunst des französischen Publikums ist er aber unerreicht. Egal in welchen Stadien, seine berühmten Pirouetten und seine unnachahmlichen Streicheleinheiten mit dem Ball wurden jeweils mit Szenenapplaus bedacht.

Seine berühmtesten Vorgänger mit der Nummer 10, Raymond Kopa und Michel Platini, hat der dreifache Weltfussballer überflügelt - triumphaler Abgang hin oder her.

(Julien Oberholzer/Si)

Lesen Sie hier mehr zum Thema
Frauenfussball Der Weltfussballer des Jahres 2006 ... mehr lesen
Zidane wurde von der FIFA bisher dreimal als Weltfussballer des Jahres ausgezeichnet (1998, 2000, 2003).
Viele sind von der Art und Weise beeindruckt, wie die Squadra Azzura den sechsten Finalvorstoss erzwungen hat.
Viele haben das Lied angestimmt, ... mehr lesen
 
Stellenmarkt.ch
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Sa So
Zürich 3°C 7°C trüb und nassleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
Basel 3°C 10°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
St. Gallen 1°C 5°C trüb und nassleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig starker Schneeregen starker Schneeregen
Bern 0°C 8°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
Luzern 1°C 8°C trüb und nassleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
Genf 2°C 12°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wolkig, aber kaum Regen
Lugano 6°C 16°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig wolkig, aber kaum Regen
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten