Ein Job für Sarko

publiziert: Montag, 7. Mai 2007 / 11:53 Uhr / aktualisiert: Montag, 7. Mai 2007 / 15:20 Uhr

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Der kleine Napoleon Sarkozy hat Ségolène Royal wie erwartet besiegt und präsentiert nun sein sehr ambitiöses Paket für die Reformation Frankreichs. Dieser Umbau unseres westlichen Nachbarn ist notwendiger denn je, sind doch die Franzosen seit Jahrzehnten nur noch damit beschäftigt, ihre globale Bedeutung mit nostalgischer Verklärung zu ersetzen, einem Pfund, mit dem man jenseits von Rhein, Ärmelkanal und Pyrenäen nicht wirklich wuchern kann.

Doch diese Reformen werden mit Sicherheit wieder Hunderttausende von Demonstranten erst auf die Palme und dann auf die Strassen bringen. Das Selbstbild der Franzosen droht bereits jetzt wieder, sie auf dem Weg zu dessen Erreichung fatal zu behindern.

Am anderen Ende von Europa waren bereits Hunderttausende auf der Strasse. Die säkulare Türkei demonstrierte fast geschlossen gegen ein drohendes Kopftuch im Präsidentenpalast, welches die Frau des Kandidaten Adullah Gül trägt. Als dieser nach dem zweiten, durch den Oppositionsboykott gescheiterten, Wahlversuch das Handtuch warf und so den Weg zu Neuwahlen frei machte, schien dies ein Sieg der Vernunft zu sein, ein Sieg jener, die keinen Gottesstaat am Bosporus wollen.

Doch leider ist das nicht so einfach. Die 'weltliche' Opposition in der Türkei ist zersplittert und wichtige Exponenten zeichnen sich durch einen Kriegsgurgel-Nationalismus aus, der, würde dieser zum Beispiel in Deutschland so betrieben, das schiere Entsetzen auslöste. Denn weltlich ist in der Türkei noch lange nicht auch demokratisch und wenn die einzige Oppositionspartei, die im Parlament sitzt, offen mit den Generälen flirtet und das 'Türkentum' auf seine Fahnen geschrieben hat, dann darf es einen nicht wundern, wenn viele – eigentlich sekulär eingestellte – Türken bei der Wahl zwischen den nach aussen gemässigt auftretenden Islamisten und den wild geifernden Nationalisten die scheinbar zivilere Variante wählen.

Mit beteiligt an dem ganzen Kuddel-Muddel ist aber auch Europa. Als den Türken in der Erweiterungsdebatte an einem bestimmten Punkt die Tür vor der Nase zugeworfen wurde, veränderten sich deren Perspektiven mit einem Mal radikal. Und nicht zum Guten.

Statt einer möglichen Orientierung gegen Westen stand das Land plötzlich wieder mit dem Rücken zu einer politischen Wand da. Ein Blick auf die Landkarte zeigt die problematischen Nachbarschaftsverhältnisse mit Krisengebieten die von Georgien und Armenien über den Iran bis zum momentanen Spitzenreiter Irak mit den Kurdengebieten und dessen Nachbarn Syrien reichen. Nicht vergessen darf man natürlich auch Zypern. Viele der Probleme reichen Jahrhunderte zurück, stammen noch aus der Zeit des osmanischen Reiches.

Die europäische Türe war der einzige Ausweg aus den politisch-historischen Querelen, war die Möglichkeit auf einer Seite Luft zu schaffen, neue Perspektiven zu eröffnen und den Druck abzubauen, der durch die prekären Nachbarn ständig entsteht.

Nun steht mit Nicolas Sarkozy ein grosser Exponent des Anti-Türkei-Flügels neu an der Spitze einer der grossen europäischen Nationen. Er kündete gestern eine Initiative an, eine mediterrane Gemeinschaft zu bilden, welche die Mittelmeeranlieger zu einer grossen Union zusammenschweissen soll. Es wäre interessant zu wissen, ob er dabei auch an die Türkei denkt. Denn ein Schlüssel für eine Lösung vieler Probleme Europas mit dem Islam und Islamisten liegt im Verhältnis mit der Türkei und dem Eindruck, den Europa in diesem Diskurs in der islamisch geprägten Welt vermittelt.

Es ist nun am vereinigten Europa, der Türkei ein ehrliches Angebot mit klaren Vorgaben zu machen – allerdings unter Bedingungen die auch jedes europäische Land erfüllen könnte. Mit einem solchen Vorstoss könnte die gefährdete türkische Demokratie gestärkt werden und für Sarko wäre es eine Aufgabe, mit der er beweisen könnte, dass seine Visionen über die unmittelbaren Probleme Frankreichs hinaus gehen.

(von Patrik Etschmayer/news.ch)

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