El Niño, la Niña und das globale Klima
Warum hat die globale Erwärmung im letzten Jahrzehnt pausiert, obwohl die Treibhausgaskonzentrationen, insbesondere diejenige von CO₂, deutlich zugenommen haben? Die beiden Klimaphänomene El Niño und La Niña spielen wahrscheinlich eine entscheidende Rolle.
Warmer Bruder, kalte Schwester
El Niño und La Niña sind die mit Abstand wichtigsten Motoren der globalen Klimaschwankungen, denn sie beeinflussen Temperatur und Niederschläge weltweit. Während El-Niño-Phasen erwärmt sich das normalerweise kühle Oberflächenwasser im östlichen äquatorialen Pazifik stark, was zu einer vollständigen Verschiebung der Atmosphären-Zirkulation in den tropischen Gebieten führt. Das wirkt sich über grosse Distanzen auch auf viele aussertropische Gebiete aus. Solche Zusammenhänge zwischen weit voneinander entfernten Wetterereignissen sind als «Teleconnections» bekannt. Insgesamt erwärmt sich die globale Atmosphäre um circa 0,1 Grad Celsius im Jahr nach einem durchschnittlichen El Niño. Nach dem extrem starken «Jahrhundert-El-Niño» von 1997/98 lag die Erwärmung bei mehr als 0,2 Grad. Bei La Niña verhält es sich gerade umgekehrt: die kleine «kalte» Schwester führt zu einer Abkühlung des Ostpazifiks und in Folge der Atmosphäre.
Die Beobachtungen zeigen, dass sich seit 1997/98 praktisch kein richtiger El Niño entwickeln konnte, während es doch einige recht starke La Niñas gab. Wenn man die globale Temperaturkurve der letzten zwei Jahrzehnte betrachtet, fällt auf, wie stark die wärmsten Jahre mit El Niños und die eher kälteren Jahre mit La Niñas zusammenfallen.
Der Auszug in der Grafik zeigt die Entwicklung der Erdoberflächen-temperatur seit Anfang der 1990er Jahre im Detail. Die roten Quadrate identifizieren Jahre, die durch El Niño geprägt sind, während die grünen solche mit La-Niña-Ereignissen bezeichnen. Die Grösse der Symbole stellt die Stärke dieser Phänomene dar.
Simulation bestätigt Beobachtung
Eine kürzlich publizierte Studie untermauert den Schluss, dass die fehlenden El Niños und die relativ häufigen La Niñas für die Stagnation der globalen Temperatur mitverantwortlich sind. Die Forscher haben mit einem Klimamodell untersucht, was mit der globalen Temperatur geschieht, wenn die Meeresoberflächentemperatur im östlichen äquatorialen Pazifik genau so vorgeschrieben wird, wie es die Beobachtungen über die letzten 20 Jahre aufzeigen, nämlich relativ kühl aufgrund der häufigen La-Niña-Situationen. Die Ergebnisse haben sie mit Referenzsimulationen verglichen, bei denen sich die Meeresoberflächentemperaturen frei entwickeln konnten. In diesem Fall zeigte das Modell eine Erwärmung von rund 0,2 Grad Celsius über die letzten 20 Jahre. Bei den vorgeschriebenen kalten Temperaturen im Pazifik gab es jedoch keine Erwärmung. Besonders faszinierend ist dabei, dass die Region, in der die Temperaturen vorgeschrieben waren, nur circa acht Prozent der Meeresoberfläche ausmacht. Das bedeutet, dass Trends in relativ kleinen Regionen die globalen Temperaturtrends wesentlich beeinflussen können.
Offene Fragen
Aber warum sind die El Niños ausgeblieben? Haben wir es hier mit rein zufälligen Schwankungen des Systems zu tun, oder gibt es andere Gründe wie zum Beispiel die Erwärmung der Ozeane? Die Antwort kennen wir (noch) nicht, aber ich würde auf die zufällige Variabilität tippen, also auf natürliche Schwankungen des gekoppelten Atmosphäre-Ozean-Systems. Während die Variabilität von El-Niño-Ereignissen auf Zeitskalen von weniger als zehn Jahren gut verstanden wird, ist bezüglich längerfristigen Schwankungen dieses Phänomens noch vieles unklar. Dasselbe gilt generell für die längerfristige Variabilität des Klimasystems als ganzes. Unser limitiertes Verständnis zeigt sich auch daran, dass die Forschungsgemeinschaft durch die Temperaturstagnation tendenziell überrascht wurde. Das Vertrauen in unsere Klimaprognosen wäre gewachsen, wenn wir diese Entwicklung vorhergesehen hätten.
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