Fotografie Noch bis zum 16. Juni in der Galerie BelleVue Basel Die Ausstellung im BelleVue/Basel präsentiert eine spannende fotografische Reise von den turbulenten 1970er-Jahren bis zur Gegenwart. Dabei bilden Fotografien aus dem Erbe von Kurt Graf/fotolib Basel den Ausgangspunkt. mehr lesen
Entartete Kunst aus Luzern
publiziert: Dienstag, 10. Okt 2000 / 06:49 Uhr
Lüttich - Monet, Gauguin, Chagall und jetzt Picasso: Die belgische Stadt Lüttich macht erneut mit einer bedeutenden Kunstschau von sich reden. Im Zentrum steht ein Bild, das beim Verkauf «entarteter Kunst» 1939 in Luzern unter den Hammer kam.
Rund 150 Werke von Pablo Picasso werden bis 31. Januar 2001 in
der Salle Saint-Georges in Lüttich präsentiert: Gemälde,
Zeichnungen, Gouachen, Aquarelle, Skizzen und Plastiken. Thema ist
die Darstellung des Menschen bei Picasso, gezeigt werden Werke aus
allen Schaffensperioden des Künstlers.
Zu sehen sind etwa «Femme au fichu bleu» von 1902, «Tête de jeune fille Marie-Thérèse» von 1928 oder Unikate von Bronzeplastiken. Eine Begleitausstellung im Museum für moderne und zeitgenössische Kunst zeigt zudem Grafiken Picassos, darunter die vollständige Stierkampf-Aquatinta-Serie «Tauromaquia».
Zusammengestellt wurde die Schau weit gehend aus Leihgaben. Vertreten sind vor allem die Picasso-Museen in Barcelona, Antibes und Paris sowie Museen und Privatsammlungen in Deutschland, Japan, den USA und der Schweiz; drei Ölgemälde stammen aus der Galerie Rosengart in Luzern, weitere Werke aus dem Genfer Museum Petit Palais oder der Pierre-Gianadda-Stiftung in Martigny.
Höhepunkt ist jedoch ein einzelnes Bild, um das herum Ausstellungsleiterin Régine Rémon die gesamte Schau aufgebaut hat: «La Famille Soler» von 1903. Das Ölgemälde aus der «Blauen Periode» Picassos hat eine wechselvolle Geschichte, weist aber auch auf das Erfolgsmuster der Lütticher Ausstellungsserie der 90er-Jahre.
1992 zogen Werke Monets über 200 000 Menschen nach Lüttich, 1994 und 1998 folgten Gauguin und Chagall: Stets wurde dabei eine grosse Schau um ein Einzelwerk aus eigener Sammlung gruppiert. Möglich machte dies ein Grundstock einiger herausragender Werke in den Lütticher Beständen. Einen entscheidenden Teil davon hatte Lüttich 1939 in der Schweiz erworben. Über die Galerie Fischer in Luzern wurden damals 125 Werke versteigert, die in deutschen Museen vom Nazi-Regime als «entartete Kunst» beschlagnahmt worden waren.
Lüttich kaufte neun Werke für insgesamt 126 040 Schweizer Franken und war damit, vor dem Kunstmuseum Basel, grösster öffentlicher Käufer, wie der Basler Historiker und Professor Georg Kreis erklärt. In die belgische Stadt gelangten so unter anderem Werke von Chagall, Gauguin, Kokoschka, Liebermann oder Marc.
Das Bild «La Famille Soler», bis heute das einzige Gemälde Picassos in einer öffentlichen Sammlung Belgiens, ging gemäss Kreis für 36 000 Franken über den Tisch. Beschlagnahmt hatten es die Nazis 1937 im Walraff Richartz Museum in Köln, das es Jahre zuvor dem Pariser Kunsthändler Daniel-Henri Kahnweiler abgekauft hatte. Inzwischen zählt das Porträt der Familie von Picassos Schneider in Barcelona, Benet Soler, zu den gefragtesten Bildern aus Lüttich: Die Stadt und ihre Museen betreiben eine aktive Leihpolitik mit ihren eigenen Beständen und erklären auch damit den Erfolg beim Zusammenstellen eigener Ausstellungen. Obwohl die in Luzern erworbenen Bilder so schon sehr oft im Ausland gezeigt wurden, gab es laut Rémon aber nie Debatten um eine Rückgabe an ihre früheren Besitzer. Im Gegenteil, sagt die Konservatorin des Lütticher Kupferstichkabinetts, es bestehe ein Projekt, alle Bilder in einer gemeinsamen Schau zu präsentieren. Kreis, der das Thema 1990 im Buch «'Entartete' Kunst für Basel» beleuchtet hat, sieht im Falle der Luzerner Käufe denn auch einen massgeblichen Unterschied zu Raubkunst, die von Nazis aus privatem Besitz entwendet wurde: Werke aus Museen seien bereits öffentlicher Besitz gewesen, womit sich der deutsche Staat allenfalls selbst beraubt habe.
Notiz: Informationen zur Picasso-Ausstellung in Lüttich sind über Telefon 0032 4 349 49 49, E-Mail expopicasso@skypro.be oder im Internet über http://www.ulg.ac.be/picasso erhältlich.
Zu sehen sind etwa «Femme au fichu bleu» von 1902, «Tête de jeune fille Marie-Thérèse» von 1928 oder Unikate von Bronzeplastiken. Eine Begleitausstellung im Museum für moderne und zeitgenössische Kunst zeigt zudem Grafiken Picassos, darunter die vollständige Stierkampf-Aquatinta-Serie «Tauromaquia».
Zusammengestellt wurde die Schau weit gehend aus Leihgaben. Vertreten sind vor allem die Picasso-Museen in Barcelona, Antibes und Paris sowie Museen und Privatsammlungen in Deutschland, Japan, den USA und der Schweiz; drei Ölgemälde stammen aus der Galerie Rosengart in Luzern, weitere Werke aus dem Genfer Museum Petit Palais oder der Pierre-Gianadda-Stiftung in Martigny.
Höhepunkt ist jedoch ein einzelnes Bild, um das herum Ausstellungsleiterin Régine Rémon die gesamte Schau aufgebaut hat: «La Famille Soler» von 1903. Das Ölgemälde aus der «Blauen Periode» Picassos hat eine wechselvolle Geschichte, weist aber auch auf das Erfolgsmuster der Lütticher Ausstellungsserie der 90er-Jahre.
1992 zogen Werke Monets über 200 000 Menschen nach Lüttich, 1994 und 1998 folgten Gauguin und Chagall: Stets wurde dabei eine grosse Schau um ein Einzelwerk aus eigener Sammlung gruppiert. Möglich machte dies ein Grundstock einiger herausragender Werke in den Lütticher Beständen. Einen entscheidenden Teil davon hatte Lüttich 1939 in der Schweiz erworben. Über die Galerie Fischer in Luzern wurden damals 125 Werke versteigert, die in deutschen Museen vom Nazi-Regime als «entartete Kunst» beschlagnahmt worden waren.
Lüttich kaufte neun Werke für insgesamt 126 040 Schweizer Franken und war damit, vor dem Kunstmuseum Basel, grösster öffentlicher Käufer, wie der Basler Historiker und Professor Georg Kreis erklärt. In die belgische Stadt gelangten so unter anderem Werke von Chagall, Gauguin, Kokoschka, Liebermann oder Marc.
Das Bild «La Famille Soler», bis heute das einzige Gemälde Picassos in einer öffentlichen Sammlung Belgiens, ging gemäss Kreis für 36 000 Franken über den Tisch. Beschlagnahmt hatten es die Nazis 1937 im Walraff Richartz Museum in Köln, das es Jahre zuvor dem Pariser Kunsthändler Daniel-Henri Kahnweiler abgekauft hatte. Inzwischen zählt das Porträt der Familie von Picassos Schneider in Barcelona, Benet Soler, zu den gefragtesten Bildern aus Lüttich: Die Stadt und ihre Museen betreiben eine aktive Leihpolitik mit ihren eigenen Beständen und erklären auch damit den Erfolg beim Zusammenstellen eigener Ausstellungen. Obwohl die in Luzern erworbenen Bilder so schon sehr oft im Ausland gezeigt wurden, gab es laut Rémon aber nie Debatten um eine Rückgabe an ihre früheren Besitzer. Im Gegenteil, sagt die Konservatorin des Lütticher Kupferstichkabinetts, es bestehe ein Projekt, alle Bilder in einer gemeinsamen Schau zu präsentieren. Kreis, der das Thema 1990 im Buch «'Entartete' Kunst für Basel» beleuchtet hat, sieht im Falle der Luzerner Käufe denn auch einen massgeblichen Unterschied zu Raubkunst, die von Nazis aus privatem Besitz entwendet wurde: Werke aus Museen seien bereits öffentlicher Besitz gewesen, womit sich der deutsche Staat allenfalls selbst beraubt habe.
Notiz: Informationen zur Picasso-Ausstellung in Lüttich sind über Telefon 0032 4 349 49 49, E-Mail expopicasso@skypro.be oder im Internet über http://www.ulg.ac.be/picasso erhältlich.
(sda)
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