Das Gericht kündigte für den
kommenden Freitagmorgen eine Anhörung an, bei der
Rechtsvertreter beider Seiten ihre Argumente vortragen
können. Die Innenministerin von Florida, Katherine Harris,
kündigte gleichwohl an, sie werde am Sonntag gegen 18.00
Uhr (24.00 Uhr MEZ) das vorläufige Endergebnis in dem
US-Staat verkünden, dessen 25 Wahlmännerstimmen in der
knappsten Präsidentenwahl seit 124 Jahren den Ausschlag
geben werden.
Die Annahme der Bush-Klage gegen die vom Obersten
Staatsgericht Floridas beschlossene Zulassung der manuellen
Nachzählungen schliesst die Bekanntgabe des Endergebnisses
nicht aus. Allerdings wird damit noch kein endgültiger
Sieger der Wahl feststehen, da sowohl Bush als auch sein
demokratischer Kontrahent Al Gore angekündigt haben, die
Wahl in Florida anzufechten.
Dass sich das US-Verfassungsgericht überhaupt in den
Streit über das Wahl- und Zählverfahren einschaltete, wurde
in Washington mit Überraschung aufgenommen. Denn dies galt
bisher als Staats- und nicht als Bundessache, ein
Bundesbezirksgericht hatte eine frühere Klage Bushs an die
Justiz des Staates Florida zurückverwiesen.
Die Republikanerin Harris erklärte in einer Stellungnahme
an das Oberste US-Gericht, der Staatsgerichtshof habe mit
der Verlängerung der Frist für die Auszählung vom 17.
November auf kommenden Sonntag das Wahlrecht geändert.
Genau das beklagt auch Bush: Die Judikative habe damit eine
Entscheidung getroffen, die ihr nach dem
Gewaltenteilungsprinzip nicht zustehe.
Gores Anwälte wollten die Zulassung der Bush-Klage mit dem
Argument verhindern, damit werde eine Staatsangelegenheit
föderalisiert. Beiden Seiten wurden von den
Verfassungsrichtern aufgetragen, ihre Sicht der Dinge am
kommenden Dienstag und Donnerstag darzulegen. Am kommenden
Freitag (1. Dezember) beginnt um 10.00 Uhr (18.00 Uhr MEZ)
eine 90-minütige mündliche Verhandlung.
In den Nachzählungsprozess war Bush mit einem amtlichen
Vorsprung von 930 Stimmen gegangen, nach Stand vom Freitag
waren es noch etwa 700 - aus sechs Millionen abgegebenen
Stimmen. Bei der Wahl vom 7. November hat Gore in den
Einzelstaaten der USA bislang 267 Wahlmännerstimmen
gewonnen, Bush verfügt über 246 dieser «electoral votes».
Für den Sieg braucht einer der Kandidaten mindestens 270
Stimmen. Das Kollegium der Wahlmänner tritt am 18. Dezember
zusammen, um den Nachfolger von Bill Clinton zu wählen.
(sda)