Erfurt - Eine Stadt steht unter Schock

publiziert: Sonntag, 28. Apr 2002 / 15:45 Uhr / aktualisiert: Montag, 29. Apr 2002 / 00:23 Uhr

Erfurt - Das ganze Wochenende über pilgern Tausende fassungslose Erfurter zum Rathaus und zum Gutenberg-Gymnasium. Sprachlos stehen sie vor dem Portal der Schule, das mittlerweile in einem Meer aus Blumen, Stofftieren und Kerzen versinkt. Die Menschen können es einfach nicht fassen, was am Freitagmorgen durch die Hand eines 19-jährigen Amokläufers geschehen ist.

In einem Hügel aus Rosen und Nelken steckt ein letzter Gruss, in Jungmädchenschrift auf eine Karte gemalt: "Mama, ich liebe Dich und habe es immer getan. Deine Franziska." Die Mutter der 15-jährigen war Kunstlehrerin. Robert Steinhäuser hat sie mit einem Schuss ins Genick getötet. Auch am Sonntagmorgen bilden sich wieder Schlangen vor dem Rathaus. Die Menschen tragen sich in die Kondolenzbücher ein. Auf einen Türflügel hat ein Mädchen in der Nacht gekritzelt: "Warum? Ronny M., wir werden ihn nicht vergessen. In Liebe, Lisa." Auch der 15-jährige Ronny starb durch eine Kugel aus Steinhäusers Neun-Millimeter-Pistole.

Polizisten, die den Tatort gesehen haben, sagen, Ronny habe wie seine ebenfalls getötete Mitschülerin die 14-jährige Susann hinter einer Tür gestanden, als der Amokläufer schiessend über den Flur gelaufen sei.

"Ich dachte, so etwas passiert nur in Amerika"

Viele kommen mit ihrer ganzen Familie zur Schule. Nachdem sie ihre Blumen abgelegt haben, stehen sie in kleinen Gruppen zusammen und versuchen, ihr Entsetzen in Worte zu fassen. "Ich dachte, so etwas passiert nur in Amerika", sagt ein Mann und schüttelt den Kopf.

Journalisten, die zu aufdringlich fragen, werden barsch zurechtgewiesen, gelegentlich gibt es sogar Rangeleien. Auch der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder und seine Frau Doris reihen sich am Samstag im Regen in die Schlange vor dem Rathaus ein. Keiner spricht sie an; sie sind einfach trauernde Bürger wie die anderen.

"Wer nich klarkommt kann herkommen und reden"

In der Andreas-Kirche musste der Pfarrer zweimal hintereinander die Messe lesen, es waren einfach zu viele Menschen da. Die psychologische Betreuung der Familien der Opfer, der Schüler und der geschockten Bürger wird für die Stadt zum Problem.

Die Feuerwehr baut auf dem Fischmarkt vor dem Rathaus kurzerhand ein Zelt für die Psychologen auf. Wer nicht mehr klar kommt, kann herkommen und reden, sagte ein Psychologe. Am Sonntagmittag strömen Hunderte Bürger ins Rathaus, wo sie auch über die Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder informiert werden.

"Wie soll man das verarbeiten", fragt sich ein Familienvater. Der Schrecken hat sich eingegraben. Ein Lehrer, der überlebt habe, könne seit 48 Stunden einfach nicht sprechen, berichtet ein Polizist.

Besuch im Schmetterlinghaus

Stadtverwaltung, Schüler und Eltern haben beschlossen, dass jede Klasse mindestens einen Psychologen zugeordnet bekommt. Unterricht wird es zunächst nicht gegeben, an Mathe und Chemie ist einfach nicht zu denken.

Stattdessen werden Shuttlebusse eingerichtet zur Gartenbauausstellung in der Nähe. "Wenn die Schüler Ruhe und Freiräume brauchen, können sie sich dort zurückziehen und spazieren gehen oder das Schmetterlingshaus besuchen", sagt Oberbürgermeister Manfred Ruge.

(Sabine Siebold/Matthias Sobolewski /sda)

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