Existenzsicherung

publiziert: Freitag, 29. Feb 2008 / 10:36 Uhr

«A girl’s gotta eat» und «diamonds are a girl’s best friend», Geisteswissenschaften aber sind brotlos. Ich reflektiere über die Möglichkeiten der Sponsorisierung.

Diesmal: Der geplatzte Traum vom Traummann
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Träume in pink

Vor langer Zeit, damals, als ich noch Sommerferien hatte und mit meiner besten Freundin über die Zukunft philosophierte weil sich der soziale Abgrund zwischen uns noch nicht aufgetan hatte - sie studiert Medizin -, hatte ich einen Traum. Ich habe mich vielleicht für ein brotloses Studium entschieden, aber naiv war ich nie.

Ich habe mich vorausschauend schon mit den Punks und Pennern am Stadelhofen angefreundet (Plan B) und eben jenen Traum entwickelt (Plan A).

Der Traum hiess Marc-Olivier. Marc-Olivier, Jus -Student, hat reiche Eltern, ein pinkes Lacoste-Hemd mit aufgestelltem Kragen, einen weissen Kaschmirpulli um die Schultern geschlungen und Todds-Mokassins an den Füssen.

Im Lesesaal der Zentralbibliothek würde ich ihn kennenlernen und er würde mich gleich zum ersten Date in die Kronenhalle einladen. Zum Valentinstag würde er mir einen I-Pod schenken («Gebrannte CDs sind so gestern!») und im Sommer würden wir an die Côte d’Azur fahren. Natürlich, meine Integrität wäre Flöten gegangen, aber meine Existenz wäre gesichert gewesen.

Der harte Boden der Realität

Gestern in der ZB hat mich Marc-Olivier angesprochen. Gerade dann, als ich nicht mehr damit gerechnet hatte ihn kennen zu lernen. Marc-Olivier sah ziemlich gut aus für einen Marc-Olivier, war aber leider auch so dumm, wie er gut aussah.

Mein Vorurteil gegen ihn war in Nullkommanichts empirisch bewiesen. Die Vorlage dazu lieferte er: «Willst du Geschichtsschreiberin werden?» und ein bisschen verwünschte ich meine Fähigkeit, sein pseudo-intelligentes Geplapper zu durchschauen wie eine leere Wodkaflasche, denn er gab sich wirklich Mühe. («Geschichtstheorie? Ist das wie Quellenkritik? (…) Ja, weisst du, den Begriff kenne ich noch aus der Mittelschule»).

In jenem Moment musste ich meinen Traum der Sponsorisierung begraben. Auf dem Heimweg habe ich den Pennern zwei Stutz gegeben und über die Möglichkeiten der Neuronenamputation oder noch besser -transplantation nachgedacht.

Die rosige Zukunft

Nachdem ich diverse Bettelbriefe an Bill Gates getextet hatte, begann ich auf dem Internet nach einem neuen Plan A zu recherchieren. Auf Berufsberatung.ch wird das Geschichtsstudium als wahre Goldgrube dargestellt.

«Historikerinnen und Historiker haben in ihrem Studium gelernt, ein Thema selbstständig zu recherchieren, unterschiedliche Quellen zu interpretieren, komplexe Sachverhalte verständlich darzustellen. Mit diesen Fähigkeiten stehen ihnen viele Tätigkeitsfelder offen», steht da.

Als mögliche Berufsfelder werden Lehre, Forschung, Archive, Bibliotheken, Museen, Verlagswesen, Journalismus und internationale Karrieren vorgeschlagen, um nur einige zu nennen. Ich habe ein weiteres Berufsfeld ins Auge gefasst: Es heisst Berufsberatung.

Am liebsten würde ich jene Texte für die Homepage verfassen und mich so für die Heroisierung der Geisteswissenschaftler verantwortlich zeichnen. Ein kleiner Schritt für mich, aber ein grosser Schritt für das Selbstbewusstsein der Philosophischen Fakultät.

(von Un(i)geziefer/studisurf.ch)

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