Der Stachel der Enttäuschung sass bei Roger Federer tief. Er
hatte sich für den Final so viel vorgenommen und konnte davon so
wenig umsetzen. Irgendwie passte an diesem Nachmittag bei ihm wenig
bis nichts zusammen. Bei Tim Henmans Aufschlagspielen gewann er
während der ersten beiden Sätze zwar meist den ersten Punkt, aber
trotz der guten Vorarbeit kam er kaum zu Möglichkeiten. Die einzige
Chance bot sich Federer zu Beginn des zweiten Satzes, als er zu
zwei Breakmöglichkeiten für eine 2:0-Führung kam. Danach kam
Federer indes erst zum nächsten Breakball, als die Partie beim
Stand von 3:6, 4:6, 1:4 schon mehr als vorentschieden war.
Tim Henman ist aber zweifellos ein sehr würdiger Swiss-Indoors-
Sieger 2001. Der 27-jährige Engländer gewann das Turnier bereits
1998 und erreichte 1999 den Final gegen Karol Kucera. Mit 20 Siegen
bei bloss drei Niederlagen ist Henman der erfolgreichste Teilnehmer
in der 32-jährigen Geschichte des Basler Tennisturniers --
erfolgreicher sogar als die mehrmaligen Turniersieger und
Publikumslieblinge Stefan Edberg, Yannick Noah oder Ivan Lendl.
10:0 Sätze und nur ein Break
Henman blieb während der gesamten Woche ohne Satzverlust. Einzig
der Spanier Carlos Moya vermochte dem Briten im ersten Game des
Halbfinals ein Aufschlagspiel abzunehmen, wobei Henman diesen Satz
trotzdem noch 6:1 gewann. Michel Kratochvils Kanterniederlage im
Viertelfinal gegen Henman wurde so relativiert. Der Berner war
angeschlagen gegen Henman angetreten und musste noch am Samstag für
eine Infusion ins Inselspital. Champion Tim Henman kam in der
St. Jakobshalle zum achten Turniersieg seiner Karriere und zum
zweiten nach Kopenhagen in dieser Saison. Roger Federer hat bislang
vier von fünf Finals und an den Swiss Indoors sogar zwei Endspiele
hintereinander verloren.
Solche Niederlage schmerzen. «Auf dem Platz bei der Siegerehrung
konnte ich die Enttäuschung nicht mehr zurückhalten», so Federer,
dem die Tränen kamen. Erst eine halbe Stunde und eine Dusche später
wurde ihm bewusst, dass «die Woche trotz des schlechten Abschlusses
sehr erfolgreich war». Federer hat an seinem Heimturnier zur Stärke
der ersten Saisonhälfte zurückgefunden und «den Herbst gerettet»,
denn die Leistungen in den Vorwochen waren eines Top-Ten-Kandidaten
unwürdig gewesen. Federer: «Dass ich zum zweiten Mal nacheinander
den Final in Basel verlor ist zwar traurig, ich brauche mir aber
nicht gross Sachen vorzuwerfen. Henman war wie vor einem Jahr
Thomas Enqvist einfach in Topform.»
Syndey bleibt wohl ein Traum
Nicht nur der Traum vom Triumph am Heimturnier platzte (vorerst)
für Federer. Auch die Chance, dass sich die Nummer 1 der Schweiz
noch für das Masters in Sydney qualifizieren kann, ist minimal.
Federer hat trotz der Basel-Finalqualifikation auf die Konkurrenten
Henman und Marat Safin (gewann in St. Petersburg) Punkte
eingebüsst. Vor dem letzten Turnier in Paris ist nur noch ein Platz
zu vergeben. Für den kommen in dieser Reihenfolge Henman, Tommy
Haas, Marat Safin, Sébastien Grosjean und Federer in Frage. Der
Vorsprung von Henman auf Federer beträgt in der Jahreswertung 71
Punkte. Federer müsste in Paris-Bercy mindestens den Final
erreichen und gleichzeitig hoffen, dass die Konkurrenz früh
ausscheidet. So gesehen ist die diffizile Paris-Auslosung, in der
Federer schon im zweiten Spiel erneut auf Henman treffen kann, kein
Handicap.
Warteliste für 2002
Trotz der Turbulenzen vor einer Woche um Agassi und Sampras
sowie dem frühen Ausscheiden der Weltnummer 1 Gustavo Kuerten
gerieten die zwölf Millionen teuren Davidoff Swiss Indoors 2001 zu
einem Erfolg. Mit 62 600 verkauften Tickets wurde ein Rekord
aufgestellt. Das Turnier lebte diesmal von den Exploits der jungen
Schweizer. «Dank Roger Federer haben die Swiss Indoors enormen
Rückenwind», hielt OK-Präsident Roger Brennwald fest. Für die 21
Lounges im Tennisdorf der VIP's gibt es für 2002 erstmals eine
Warteliste; auch Logenplätze könnte das Turnier 1500 statt 1000
verkaufen. Im Sponsoring wurde nach Davidoff (bis 2005) und Forbo
(2006) auch das Abkommen mit der Baloise bis 2007 verlängert. Auch
die Teilnahme von Roger Federer am Basler Turnier ist langfristig
gesichert. Die letzten vier Turniertage waren alle ausverkauft
(9000 Fans).
(ba/news.ch)