EU-Gipfel - Flüchtlinge

Flüchtlingskrise entzweit die EU-Chefs

publiziert: Donnerstag, 17. Dez 2015 / 19:58 Uhr
Kanzler Werner Faymann drohte mit der Kürzung der EU-Beiträge seines Landes. (Archivbild)
Kanzler Werner Faymann drohte mit der Kürzung der EU-Beiträge seines Landes. (Archivbild)

Brüssel - Der Ton in der Flüchtlingskrise ist harsch geworden: Österreichs Kanzler Werner Faymann drohte vor dem EU-Gipfel am Donnerstag mit der Kürzung der EU-Beiträge seines Landes, falls sich die osteuropäischen Länder nicht an der Aufnahme von Flüchtlingen beteiligen.

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«So geht's nicht», sagte Faymann zum Gipfelauftakt in Brüssel zur Verweigerungshaltung mehrerer osteuropäischer Länder bei der Flüchtlingsaufnahme. Alle 28 EU-Länder müssten sich beteiligen, «da kann sich niemand wegdrücken».

In einem Interview mit der Zeitung «Welt» drohte er schon vorab: Wer sich weigere, mache es «Nettozahlern wie Österreich künftig sehr schwer, weiterhin so viel Geld einzuzahlen.»

Faymanns Worte zeigten, «wie dramatisch die Lage ist», sagte EU-Parlamentspräsident Schulz. Während die EU-Nettozahler Flüchtlinge aufnähmen, wollten sich «die Nehmerländer an der Bewältigung der Problematik nicht beteiligen». Letztlich sei es dann «ein normaler Vorgang», dass die belasteten Länder sagten, «wir müssen dann bei der Revision des Haushalts die Prioritäten verändern».

Widerstand aus Osteuropa

Die meisten osteuropäischen Staaten bekommen mehr Geld von der EU als sie an Beiträgen zahlen - etwa weil die EU massiv den Aufbau von Infrastruktur fördert. Grösste Nettoempfänger waren zuletzt Polen und Ungarn.

Doch gerade Länder aus Osteuropa sperren sich vehement gegen die beschlossene Umverteilung von 160'000 Flüchtlingen innerhalb Europas. Damit sollen die Hauptankunftsländer Italien und Griechenland ein wenig entlastet werden.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban kritisierte umgehend den Vorstoss von Faymann. Bestimmte linke Regierungen würden versuchen, «uns zu erpressen», sagte er. «Das ist nicht die Art und Weise, wie sich Europäer benehmen.»

Aufnahme von Flüchtlingen aus der Türkei

Während dieses Problem die EU entzweit, wirbt die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel für die Aufnahme weiterer Flüchtlinge direkt aus der Türkei, wo zurzeit rund zwei Millionen Flüchtlinge aus Syrien untergekommen leben.

Ein Vor-Treffen von Spitzenvertretern aus insgesamt elf EU-Staaten mit dem türkischen Regierungschef Ahmet Davutoglu bezeichnete die sie als «sehr gut». Deutschland und andere EU-Staaten bereiten laut Diplomaten die Übernahme von Flüchtlingskontingenten aus der Türkei auf freiwilliger Basis vor. Zahlen wurden nicht genannt.

Der «Club der Willigen», wie die elf EU-Länder auch genannt werden, steht allen 28 Mitgliedstaaten offen. Die niederländische EU-Ratspräsidentschaft, die vom 1. Januar an die Amtsgeschäfte der EU führt, wird eine Arbeitsgruppe einsetzen.

Faymann hatte sich am Mittwoch dafür ausgesprochen, Ankara «40'000 bis 50'000» Flüchtlinge abzunehmen. Der niederländische Regierungschef Mark Rutte sagte nach dem Treffen der Elfergruppe mit Davutoglu in Brüssel, solche Pläne seien jedoch erst vorstellbar, wenn die Flüchtlingszahlen «gegen Null gehen». Belgien als weiteres Gruppenmitglied schloss eine Beteiligung aus.

EU-Kommission hofft auf Rückendeckung

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker rechnete beim Gipfel unterdessen mit Rückendeckung für seinen Vorschlag für eine europäische Grenz- und Küstenschutzbehörde. «Ich gehe davon aus, dass es grundsätzlich Zustimmung gibt», sagte er.

Die Kommission will eine Art schnelle Eingreiftruppe auch gegen den Willen eines Mitgliedsstaates an dessen Aussengrenze schicken, wenn das Land seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Wegen des Eingriffs in die Souveränitätsrechte stösst der Vorschlag auf Widerstand mehrerer EU-Länder.

Merkel sagte, sie werde den Vorstoss «sehr stark unterstützten». Auch wenn in Brüssel noch nichts entschieden werde, hoffe sie auf eine Gipfel-Empfehlung zu «sehr schnellen» Beratungen über die Frage.

Brexit wird später diskutiert

Die Diskussion über Forderungen des britischen Premiers David Cameron für das geplante EU-Referendum steht für später am Abend auf der Agenda der «EU-Chefs». Spätestens 2017 sollen die Briten über einen Verbleib in oder einen Ausstieg aus der EU - einen Brexit - abstimmen.

Um einen Brexit zu verhindern, will Cameron Änderungen der EU-Regeln. Eine abschliessende Entscheidung soll aber laut EU-Ratspräsident Donald Tusk erst beim EU-Gipfel im Februar getroffen werden.

(cam/sda)

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