Froelichs verflixter achter Schuss

An ihren ersten Olympischen Spielen wuchs Cornelia Froelich, die 40-jährige Zürcher Unterländerin aus Stadel, über sich hinaus. "Ich hatte schon während dem Qualifikationswettkampf ein gutes Gefühl, und letztlich bin ich auch mit meiner Leistung im Final zufrieden." Das durfte sie auch, denn im Final schoss sie das drittbeste Resultat.

Von den Schweizer Medien wurde sie in Beschlag genommen, als hätte sie -- wie vor vier Jahren Michel Ansermet -- für die Schweizer Schützendelegation eine Medaille gewonnen. Unter den ersten Gratulanten war auch Bundesrat Samuel Schmid, der sowohl die Qualifikation als auch den Final mit grossem Interesse und Begeisterung verfolgte.

Beinahe hätte der Sportminister zur Medaille gratulieren können. Nach sieben der zehn Schüsse war Cornelia Froelich als Fünfte nur zwei Zehntelpunkte von Bronze und sechs Zehntel von Gold entfernt. Dann kam der verflixte achte Schuss: 8,6 -- nachdem sie vorher nur zwischen 9,5 und 10,4 geschossen hatte. Im ausgeglichenen Finalwettkampf bedeutete dieser eine Lapsus den entscheidenden Rückfall.

Cornelia Froelich kommentierte den leidigen Fehlschuss mit fachlicher Nüchternheit: "Weil die meisten Finalschüsse etwas hoch waren, habe ich zweimal Korrekturen an der Pistole vorgenommen. Vielleicht hätte ich noch einmal nachkorrigieren sollen. Den Achter (die Finalschüsse werden in Zehnteln gewertet, die Red.) habe ich bei der Schussabgabe nicht gesehen, aber gespürt habe ich ihn, da meine Handstellung nicht optimal war."

Mit dem Olympia-Final ist für Cornelia Froelich ein Traum wahr geworden. "Ich habe noch gar nicht realisiert, dass ich ein Diplom gewonnen habe", sagte sie nach dem Wettkampf. Sie freute sich -- das sah man ihrem Strahlen an.

Sie hatte sich minutiös auf den Wettkampf vorbereitet und zeigte schon in der Qualifikation eine famose Leistung. Nach der 95er-Startserie lief es ihr weiter ausgezeichnet; sie fügte erst 97 und dann zweimal 96 Punkte an. Nach einem Neuner im zweitletzten Schuss lag die Finalqualifikation aber doch noch einmal auf des Messers Schneide. Sie musste den Wettkampf unbedingt mit einem Zehner abschliessen. Sie liess sich Zeit, machte noch eine Dehnübung, um sich anschliessend nochmals voll zu konzentrieren.

"Ich rechnete aus, dass 384 Punkte für den Final reichen könnten, also musste ich zum Schluss eine Zehn schiessen", sagte sie und betonte, dass sie sehr lange gezielt habe, um ganz sicher zu gehen. Es gelang, der 40. Wettkampfschuss landete exakt im Scheibenzentrum, was ihr zur grossen Überraschung für die Teilnahme am Final der acht Resultatbesten des Vorprogramms reichte.

Dass sie überhaupt an den Spielen teilnehmen kann, verdankt Cornelia Froelich dem grossen Pech ihrer Teamkollegin Angela Schuler. Die Baselbieterin lag im internen Ranking deutlich vorn, ehe sie am Weltcup in Mailand, dem letzten Qualifikationswettkampf, völlig von der Rolle geriet und damit die Olympia-Teilnahme verpatzte.

Im Final war Cornelia Froelich keine Spur von Nervosität anzumerken. "Wenn man als Siebente in den Final kommt, dann hört man bei den Resultatangaben nicht mit, schon gar nicht nach vorne." Deshalb wusste sie auch nicht, dass sie nach dem siebten Finalschuss sogar an einer Medaille schnupperte.

(bsk/Si)