Für Franco Cavalli leidet die SP unter dem Problem des Bodenmann-Erbes

Ursula Koch habe wahrscheinlich die ihr harrende Aufgabe unterschätzt, sagte der Tessiner Nationalrat am Freitag vor dem Lausanner Presseklub weiter. Koch habe zudem die Mechanismen der Bundesküche schlecht gekannt. «Dort wo Peter Bodenmann handelte, zog sie es vor, nicht zu sehr nass zu werden.»

Abmagerungskur
Cavalli schlägt zur Heilung ein einschneidendes Abspecken der führenden Partei-Instanzen vor. In der 18-köpfigen Geschäftsleitung seien Leute, die auf eidgenössischer Ebene sehr wenig Gewicht hätten. Und der über 100-köpfige Parteivorstand sei zu gross und schwer zu leiten.
Die Verbindungen zwischen der Zentralpartei und den kantonalen Sektionen seien zu schwach. Die SP-Fraktion der Bundesversammlung sei das einzige Organ, das Konsistenz habe und immer präsent sei. Aber die Fraktion sei zu bedeutend geworden, was Spannungen innerhalb der Partei hervorrufe.

Präsidium mit sechs oder sieben Leuten
Die mit einer Revision der Parteistrukturen beauftragte Troika Dreifuss/Brunner/Cavalli studiert gemäss Cavalli zur Zeit das Modell eines aus sechs oder sieben Leuten bestehenden Präsidiums: Parteipräsident und zwei Vizepräsidenten, Fraktionschef und zwei Vizepräsidenten sowie, möglicherweise, der Generalsekretär.
Der Parteivorstand würde noch 50 rund Personen zählen, darunter die Präsidenten der Kantonalparteien. Delegiertenversammlungen könnten öfter als bisher einberufen werden, um die Lancierung von Initiativen und Referenden zu genehmigen. Heute finden sie alle zwei Jahre statt.
Franco Cavalli und Ständerätin Christiane Brunner treffen am Samstag Bundesrätin Ruth Dreifuss, um über diese Reformvorschläge zu diskutieren. Dreifuss hat den Platz von Ursula Koch in dieser Troika eingenommen, nachdem die Parteipräsidentin zurückgetreten ist.

Nachfolge von Koch
Für die Nachfolge von Koch an der Spitze der SP sieht Franco Cavalli mindestens zwei Möglichkeiten. Erste Option: Christiane Brunner wird Präsidentin mit zwei «jungen» Vizepräsidenten. Zweite Option: Die Partei wählt eine oder einen jüngeren Präsidenten, flankiert von zwei erfahrenen Vizepräsidenten.
Der Fraktionschef denkt hierbei an den 43-jährigen Aargauer Urs Hofmann, der letztes Jahr in den Nationalrat gewählt wurde. Hofmann präsidiert zur Zeit die Arbeitsgruppe, die der Partei eine politische Linie bezüglich Service public geben soll. Das Thema spaltet Westschweizer und Deutschschweizer Sozialdemokraten. Hofmann sei fähig, sie zusammen zu führen, glaubt Cavalli.
Als weitere mögliche Parteipräsidenten sieht Cavalli den Waadtländer Pierre-Yves Maillard und den Walliser Stéphane Rossini. Er selbst wolle nicht für das Amt kandidieren, weil er seinen Arztberuf nicht aufgeben möchte. «Ich fühle mich wohl in der Fraktion», versicherte er.

(sda)