Fussball: David Beckham übernimmt die Verantwortung

David Beckham (29), mit 35 Millionen Franken Jahreseinkommen der teuerste Fussballer der Welt, zeigte aber nach der Niederlage Grösse. Als Erstes gratulierte er noch auf dem Spielfeld seinem grossen Gegenspieler und Doppeltorschützen Zinedine Zidane und erklärte nach dem Spiel vor Hunderten von Mikrophonen: "Wir hätten es verdient, diesen Match zu gewinnen.

90 Minuten haben wir toll gefightet und hervorragenden Fussball geboten. Wahrscheinlich hätten wir das Spiel auch gewonnen, wenn ich den Penalty verwertet hätte. Barthez wehrte aber grossartig. Er hat die Ecke geahnt, meinen Schuss ´gelesen´. Für mein Missgeschick übernehme ich die volle Verantwortung. Sorry."

Beckham trat eine Viertelstunde vor Schluss den von seinem ManU-Klubkollegen Mikael Sylvestre an Wayne Rooney verübten Foulelfmeter halbhoch in die Ecke. "Ich hätte kaum besser schiessen können", fand Beckham. "Fabien hat glänzend reagiert. Kompliment und Bravo." Bei der WM vor zwei Jahren im Gruppenspiel gegen Argentinein in Japan zeigte sich Beckham aus elf Metern kaltblütiger. Sein Schuss kurz vor der Pause hatte zum siegbringenden 1:0 geführt.

90 Minuten lang gefeiert

Bis zur Nachspielzeit gehörte Englands Captain nach verhaltenem Beginn zu den besten seines Teams. Der Beckham hatte die meisten Ballberührungen (51); 43 seiner Pässe erreichten den Adressaten. Dreimal schoss er aufs Tor, zweimal traf er dieses auch.

Und er leitete die englische Führung mit seinem Freistoss auf den starken Frank Lampard ein. Der "Flankengott" trat den "stehenden" Ball derart präzise, mit Gefühl und Drall, dass Chelseas Läufer Lampard die zu wenig aufmerksame Abwehr des EM-Titelverteigers mit einem präzisen Kopfstoss überraschen konnte.

Für Emile Heskeys Foul in der ersten Minute der Nachspielzeit, das durch Zidanes Freistoss aus 22 Metern zum Ausgleich führte und für David James´ Notbremse in der 93. Minute, die nicht nur mit Penalty, sondern auch mit einer Rote Karte hätte geahndet werden müssen, konnte Beckham nichts. Schuldlos war er auch für die schlecht postierte Mauer bei Zidanes Freistoss und für das mangelnde Stellungsspiel des schwachen Torhüters James.

Wiedergutmachung gegen die Schweiz?

Wie an der WM 1998, wo Beckham wegen eines bösen Tritts gegen den Argentinier Diego Simeone vom Platz gestellt worden war und die Briten schliesslich im Penaltyschiessen ausschieden, könnte der meist verehrte Fussballer der Welt nun auch an der EM zur tragischen Figur werden. Es sei denn, er spiele gegen die Schweiz am Donnerstag in Coimbra gross auf, und England hole alles das nach, was es trotz solider Gesamtleistung gegen Frankreich verpasste.

Wie sagte doch Trainer Sven-Göran Eriksson: "So unglücklich zu verlieren schmerzt. Ich mache Beckham keinen Vorwurf. Penaltys kann man immer verschiessen. Taktisch haben wir sehr gut gespielt und die Partie kontrolliert. Ich hatte sogar das Gefühl, dass Frankreich in den letzten 20 Minuten der regulären Spielzeit die Ideen ausgegangen waren. Aber so ist eben Fussball. Wir müssen uns sofort auffangen, aufs nächste Spiel gegen die Schweiz konzentrieren und gewinnen."

(von Peter Wyrsch, Lissabon/Si)