Fussball: Griechische Stärken schnöde missachtet

publiziert: Montag, 5. Jul 2004 / 18:39 Uhr / aktualisiert: Dienstag, 6. Jul 2004 / 18:11 Uhr

Die Europameisterschaft in Portugal endete am Sonntag so, wie sie drei Wochen vorher begonnen hatte: Mit einer Überraschung, die im Final zur Sensation von historischem Ausmass mutierte. Otto Rehhagel sicherte Europameister Griechenland einen Titel für die Ewigkeit.

Das individuelle Können jedes einzelnen griechischen Spielers wurde achtlos und schnöde übersehen.
Das individuelle Können jedes einzelnen griechischen Spielers wurde achtlos und schnöde übersehen.
Nie zuvor in der 44-jährigen EM-Geschichte ging der Siegerpokal an einen derart krassen Aussenseiter. An ein Land, das vorher noch überhaupt kein Endrundenspiel gewonnen hatte. Der Titelgewinn der Griechen muss höher eingestuft werden als der Sieg der dänischen "Touristen" 1992 in Schweden oder der Triumph der Tschechoslowaken 1976 in Jugoslawien gegen Deutschland.

Am ehesten zu vergleichen ist er mit dem WM-Titel der Deutschen 1954 in der Schweiz gegen das übermächtige Ungarn. Der Zufall wollte es, dass das griechische "Wunder von Lissabon" auf den Tag genau 50 Jahre nach dem deutschen "Wunder von Bern" stattfand.

Parallelen zur WM 2002

Die Endphase der EM in Portugal mit zwei Halbfinals ohne die "Big Five" Frankreich, England, Spanien, Italien und Deutschland erinnert auch an die Weltmeisterschaften vor zwei Jahren in Südkorea und Japan, als die grossen Favoriten ebenfalls reihenweise vorzeitig aus der Entscheidung fielen. War es damals Aussenseiter Südkorea, der unter die letzten vier vorstiess, so liess nun Griechenland alle staunen.

Beide Teams profitierten bei ihrem Sturm an die Weltspitze von einem krassen "Burn-Out" der hochbezahlten und hochgejubelten Superstars, die es -- am Ende von langen, meist doppel- oder dreispurigen Meisterschaften -- nicht mehr schafften, für ihr Heimatland in Bestform anzutreten.

Doch ihre Arbeitgeber, die Vereine aus den wichtigsten Fussball-Ländern, sind auch in Zukunft nicht bereit, auf EM- oder WM-Endrunden Rücksicht zu nehmen. Schliesslich bezahlen sie die hohen Löhne und wollen ihre Angestellten für sich in Hochform sehen. Italien baut seine Liga nächste Saison noch aus, England will aus finanziellen Gründen nicht auf die lukrativen Spiele rund um Weihnachten und Neujahr verzichten.

Ansporn für die "Kleinen"

Auch in zwei Jahren in Deutschland werden deshalb vorwiegend jene Spieler für Furore sorgen, die in Klubs noch nicht über die volle Distanz eingesetzt werden, die dank einer Verletzungspause eine Erholungsphase hinter sich haben oder die erst am Beginn einer internationalen Karriere stehen. Das weckt wiederum Hoffnungen für kleinere Nationen, deren Stars noch nicht bei internationalen Spitzenteams unter Vertrag stehen.

Griechenland hat es vordemonstriert: Seine Meisterschaft wird von drei Mannschaften beherrscht, nur fünf der Spieler aus der im Final angetretenen Mannschaft sind in ausländischen Klubs engagiert, aber keiner von ihnen ist Stammspieler in einer Spitzenliga.

Nicht nur dieser Aspekt hat Rehhagel und den Griechen zum sensationellen Triumph verholfen. Abgesehen von der vom Trainer perfekt auf die Fähigkeiten jedes einzelnen Spielers zugeschnittenen Taktik wurde von der internationalen Öffentlichkeit das individuelle Können jedes einzelnen griechischen Spielers achtlos und schnöde übersehen. Griechenland verfügt über drei Spitzenklubs, die in Europa seit Jahren -- zumeist unbeachtet -- auf einer Erfolgswelle reiten.

Trio in der Champions League

In den letzten sieben Jahren war immer mindestens einer, zumeist jedoch zwei aus dem Trio Panathinaikos Athen, Olympiakos Piräus und AEK Athen in der Champions League vertreten. In der abgelaufenen Saison hatten sich gar alle drei Teams für die Königsklasse qualifiziert und ihre Spieler wertvolle Erfahrungen auf allerhöchster Ebene gesammelt.

Wen wunderts, dass Rehhagel 15 seiner 23 EM-Spieler aus diesen drei Klubs rekrutriert hat. Nicht weniger verwunderlich ist, dass Griechenland im Fünfjahres-Ranking der UEFA auf dem 7. Platz liegt. Von den EM-Teilnehmern sind mit Holland, Tschechien, Bulgarien, Dänemark, Russland, Kroatien, Schweden, Lettland und der Schweiz neun Länder deutlich schlechter rangiert.

Dennoch kann das Beispiel Griechenland nicht von jedem Aussenseiter-Land adaptiert werden. Die Schweiz und Lettland hätten die Viertelfinals wohl auch mit einer ultradefensiven Spielweise verpasst, weil sie nicht über die entsprechenden Akteure (Spieler und Trainer) für diese Taktik verfügten. Wer jedoch als "Kleiner" spielerisch mit der grossen Fussballwelt mithalten will, der muss zumindest über die gleich starke Abwehr wie die Griechen und zudem über einen Ausnahmestürmer verfügen. Beides fehlte der Schweiz heuer zum überdurchschnittlichen Erfolg.

(von René Baumann/Si)

 
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