Fussball: Turbulenzen im FC Wil - Ein Theater ohne Ende?

Müller hatte von Belanow nach der Rückkehr aus dem Trainingslager in der Südtürkei Anfang Februar die Kündigung ohne Nennung von Gründen erhalten und hätte das Schreiben nur noch signieren müssen. "Zum Wohl der Mannschaft" blieb der ostdeutsche Fussball-Lehrer in Wil, wo er aber am Sonntagabend resignierte.

Um sich nichts zu Schulden kommen zu lassen und um sich von der Mannschaft zu verabschieden, erschien Müller am Montagmorgen beim Auslaufen. "Ich habe zu einem Teil Verständnis für seinen Abgang", äusserte sich Verteidiger Massimo Rizzo vorsichtig. "Vielleicht kommen mit einem neuen Trainer ganz andere Ideen", fand der Italo-Schweizer gar einen positiven Fakt in der verworrenen und für die grosse Mehrheit nicht nachvollziehbaren Geschichte rund um den FC Wil.

Das "Footing" leitete gestern Igor Belanow selber. Assistent und Goalietrainer Stephan Lehmann weilt diese Woche mit der Schweizer U19-Nationalmannschaft im Tessin.

Bis am Mittwoch, wenn zwei Trainings anstehen, will der allmächtige Belanow einen neuen Cheftrainer, den fünften nach Martin Andermatt, den interimistischen Hans-Peter Meier und Alexander Sawarow sowie Joachim Müller, engagiert haben.

Ob der Verwaltungsrats-Präsident der FC Wil Betriebs AG in seinem Heimatland Ukraine fündig geworden ist, kann offenbar selbst Teammanager Eduardo Arrigoni, der die Zusammenarbeit mit Belanows Investorengruppe New Building Design eingefädelt hat, nicht sagen. Der Kommunikationsfluss in Wil stockt -- einmal mehr. Nicht zuletzt deshalb traten, seitdem die neuen Mehrheitsaktionäre das Sagen haben, bereits zehn Funktionäre von ihrem Ämtern zurück.

Alles andere als einfach ist die Situation für die Spieler. "Es fällt unheimlich schwer, sich zu konzentrieren. News erfahren wir aus der Zeitung", erzählt Massimo Rizzo, der dem Klub seit 1998 die Treue hält. "Die zweite Halbzeit am Sonntag gegen Thun hat gezeigt, dass wir mit den Köpfen nicht bei der Sache waren. Wenn wir nicht auf dem Platz sind, ist das Gesprächsthema ja vorgegeben..."

Keine Lust auf ein Engagement in Wil hat offenbar Stephan Keller. Der im FC Zürich ausgemusterte Innenverteidiger, der im Probetraining weilte, sagte den St. Gallern ab. "Ein persönlicher Entscheid", kommentierte der einstige FCZ-Captain, der nun vor einem Übertritt zu Challenge-League-Leader Luzern steht.

Im FC Wil hat sich seit Mitte Juli letzten Jahres Stoff für ein halbes Theaterstück angesammelt. Bereits reagiert haben die "Fasnächtler": Im "Tüüfels-Gässler", der Wiler Fasnachtszeitung, wurden Belanow und Co. ins Pfefferland gewünscht. "Die sollen lieber in Oliven und Schnecken investieren", teilten die Narren in ihrem Publikationsorgan mit. Eine Meinung, die nicht nur in Wiler Fasnachtskreisen verbreitet ist...

(bert/Si)