Gefälschte Geschichte - Verdorbene Zukunft

publiziert: Freitag, 11. Mrz 2011 / 13:39 Uhr
Mit Suggestion nach Disney World verpflanzt: Daffy Duck.
Mit Suggestion nach Disney World verpflanzt: Daffy Duck.

Neurologen haben sich schon lange dafür interessiert, wie wir Menschen unsere Zukunft planen und je mehr unser Gehirn erforscht wird, desto klarer wird, dass unsere Wahrnehmung mit der Vergangenheit untrennbar mit unserer Fähigkeit für morgen und später zu planen, verbunden ist.

4 Meldungen im Zusammenhang
Wie es mit neurologischen Phänomenen vielfach der Fall ist, zeigt sich dies am klarsten bei Leuten, die eine Schädigung ihres Hirns erlitten haben und es fiel einem Neurologen auch zum ersten mal 1985 die Möglichkeit dieser Verbindung bei einem Patienten mit einer Hirnverletzung auf. N. N., wie der Patient in der Fachliteratur genannt wird, konnte zwar noch sprechen und schreiben und sich an Fakten erinnern aber er hatte sein episodisches Gedächtnis, die Erinnerungen an sein Leben verloren. Endel Tulving, der Arzt von N.N. Fragte ihn einmal, was er denn morgen machen werde.

Nach längerem warten antwortete dieser: «Ich weiss nicht,» und als der Arzt nachfragte, wie N.N.'s Gedanken darüber seien, antwortete er mit, «ich würde sagen, leer».
Das Konzept «Zukunft» sei für ihn sinnlos: «Es ist so, als wäre ich in einem Raum ohne Möbel und ein Typ sagt mir, ich solle dort drin einen Stuhl finden».

Alle Forschungen seither zeigen, dass in unserem Hirn die Erinnerung an die Vergangenheit unmittelbar mit der Planung unserer Zukunft verbunden sind. Es ist also nicht nur so, dass unsere Erinnerungen und Erfahrungen unsere Pläne beeinflussen, nein. Ohne unsere Reminiszenzen könnten wir gar nicht an das Morgen und Übermorgen denken, wobei für beide 'Zeitreisen' - vor und zurück - die gleichen Hirnregionen verwendet werden.

Dies hat interessante Konsequenzen, die auf einer rein persönlichen, privaten Basis beginnen. Erinnerungen sind keineswegs fest und können nicht mit einer Aufnahme verglichen werden, die fixiert ist. Vielmehr werden Erinnerungen jedes mal, wenn das Hirn sie hervor kramt, den Denkprozessen ausgesetzt. Suggestionen von Medien, Bekannten und anderen externen Quellen können unsere Erinnerungen verfälschen. Leute konnten so glauben gemacht werden, in Disney World Daffy Duck und Bugs Bunny gesehen zu haben. Tönt lustig? Ebenso ist es möglich, Menschen davon zu überzeugen, am Tator eines Verbrechens einen Unschuldigen als Täter erkannt zu haben oder seine Eltern eines nie stattgefundenen sexuellen Missbrauchs zu bezichtigen.

Die Hirnforscher beschäftigen sich bei ihrem Job aber nur mit einzelnen Personen und nicht mit der ganzen Gesellschaft. Doch auch Länder und Völker planen voraus, wollen ihre Zukunft gestalten. Worauf basieren diese Entscheidungen? Nur zum kleinen Teil auf den persönlichen Erinnerungen von Einzelpersonen, wobei jene von hohen Repräsentanten durchaus wesentlich Gewicht haben können – dies vor allem in Diktaturen, wo diese individuellen und familiären Legenden in Nationalmythen umgemünzt werden.

In Demokratien sollte es die allgemein akzeptierte Geschichte eines Landes, erarbeitet von kritisch durch Fachkollegen beobachteten Historikern sein. Sollte. Denn lange bevor es die Neurologen am Individuum bewiesen hatten, war es den Demagogen klar, dass jene, welche die akzeptierte Deutungshoheit über die Vergangenheit erringen, auch die Zukunft zu bestimmen vermögen.

Die Mystifizierung und Ideologisierung der Geschichte von Links und Rechts ist aber für die Zukunft eine Katastrophe. Aus der Geschichte lässt sich nur lernen, wenn sowohl die angenehmen wie auch die negativen Aspekte (aus ganz Subjektiver Wahrnehmung) Beachtung finden. Wenn Demagogen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft die Vergangenheit für sich Vereinnahmen und in den Medien ihre Version propagieren, machen sie dies, um zukünftige Entwicklungen zu beeinflussen. Doch genau so, wie eine persönliche Vergangenheit, die auf manipulierten Erinnerungen beruht, keine Basis für eine Lebensplanung sein kann, ist eine verdrehte Geschichtsschreibung eine Katastrophe für die Zukunft eines Landes.

(Patrik Etschmayer/news.ch)

Machen Sie auch mit! Diese news.ch - Meldung wurde von einer Leserin oder einem Leser kommentiert.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Berlin - Karl-Theodor zu Guttenberg ist gut eine Woche nach seinem Rücktritt als ... mehr lesen
Karl-Theodor zu Guttenberg gilt nach wie vor als beliebtester Politiker Deutschlands.
Donald Henry Rumsfeld. (Archiv)
Washington - Gut vier Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Amt hat der frühere US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld mit den einstigen entschiedenen Irakkriegsgegnern Gerhard Schröder ... mehr lesen
Washington - Die Zerstörung dutzender Foltervideos des US-Geheimdienstes ... mehr lesen
Foltermethode Waterboarding.
«Ich sage, dass es der Welt ohne Saddam Hussein an der Macht wesentlich bessergeht», meinte Bush.
Washington - In seinem ersten ... mehr lesen 1
Ja Herr Etschmayer aber
was ist, wenn die Erde doch keine flache Scheibe ist, wie es uns die Gelehrten weiss machen wollen? Was ist wenn wir die dazu nötigen Schiffe hätten, um selber nach zu schauen, wo das Ende der Welt ist?

Wir haben sie, die Schiffe die uns in andere Regionen, Länder, Kulturen und sogar in die Vergangenheit bringen. Unsere Väter konnten sich noch damit heraus reden, dass sie zwar die Kamine rauchen sahen aber nicht wussten was darin verbrannt wurde. Wir können das nicht mehr.

Wir haben Radio, TV, Handy, Iphone, Ipad, Mac und PC.

Wir können uns nicht heraus reden, dass wir nichts wussten, wir können nur abstreiten dass wir es nicht wissen wollten. Ich gebe Ihnen einen Rat, lesen Sie Foren und sehen Sie, wie das Gestern ganz bewusst an das Heute angepasst wird.

Nein Keine Demagogen sondern unsere eigene Faulheit, Bequemlichkeit und das Wissen über unsere daraus resultierende Unfähigkeit steuert unsere Sichtweise und unser Handeln.
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
«Hier hätte ich noch eine Resistenz - gern geschehen!» Schematische Darstellung, wie ein Bakerium einen Plasmidring weiter gibt.
«Hier hätte ich noch eine ...
In den USA ist bei einer Frau mit Harnwegsinfektion zum ersten mal ein Bakterium aufgetaucht, das gegen das letzte Reserve-Antibiotikum resistent ist. Wer Angst vor ISIS hat, sollte sich überlegen, ob er seinen Paranoia-Focus nicht neu einstellen will. Denn das hier ist jenseits aller im Alltag sonst verklickerten Gefahren anzusiedeln. mehr lesen 4
Durch ungeschickte Avancen von SBB- und Post-Chefs, droht die Service-Public-Initiative tatsächlich angenommen zu werden. Von bürgerlicher Seite her solle ... mehr lesen  
Künftig mindestens 500'000.-- und die ganze Schweiz inklusive: SwissPass, der schon bald mal GACH heissen könnte.
Urversion von IBM's Supercomputer WATSON: Basis für 'ROSS'... und unsere zukünftigen Regierungen?
Eine renommierte US-Kanzlei stellt einen neuen Anwalt Namens Ross ein. Die Aufgabe: Teil des Insolvenz-Teams zu sein und sich durch Millionen Seiten Unternehmensrecht kämpfen. Und ... mehr lesen  
In letzter Zeit wurden aus Terrorangst zwei Flüge in den USA aufgehalten. Dies, weil Passagiere sich vor Mitreisenden wegen deren 'verdächtigen' Verhaltens bedroht fühlten. ... mehr lesen  
Sicherheitskontrolle in US-Airport: 95% Versagen, 100% nervig.
Typisch Schweiz Der Bernina Express Natürlich gibt es schnellere Bahnverbindungen in den Süden, aber wohl ...
Edelsteine und Kristalle haben eine besondere Wirkung auf den Menschen.
Shopping Kristall und Edelstein Boutiquen: Einzigartige Geschenke und faszinierende Steinkraft Sie sind auf der Suche nach einem besonderen Geschenk für einen geliebten Menschen? In einer exklusiven Boutique für ...
Erstaunliche Pfingstrose.
Jürg Zentner gegen den Rest der Welt.
Jürg Zentner
Frauenrechtlerin Ada Wright in London, 1910: Alles könnte anders sein, aber nichts ändert sich.
Regula Stämpfli seziert jeden Mittwoch das politische und gesell- schaftliche Geschehen.
Regula Stämpfli
«Hier hätte ich noch eine Resistenz - gern geschehen!» Schematische Darstellung, wie ein Bakerium einen Plasmidring weiter gibt.
Patrik Etschmayers exklusive Kolumne mit bissiger Note.
Patrik Etschmayers
Obama in Hanoi mit der Präsidentin der Nationalversammlung, Nguyen Thi Kim Ngan auf einer Besichtigungstour: Willkommenes Gegengewicht zu China.
Peter Achten zu aktuellen Geschehnissen in China und Ostasien.
Peter Achten
Recep Tayyp Erdogan: Liefert Anstoss, Strafgesetzbücher zu entschlacken.
Skeptischer Blick auf organisierte und nicht organisierte Mythen.
Freidenker
 
Stellenmarkt.ch
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Fr Sa
Zürich 3°C 11°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt freundlich
Basel 4°C 11°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen freundlich
St. Gallen 1°C 8°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich freundlich
Bern 1°C 10°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt wechselnd bewölkt
Luzern 3°C 11°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt freundlich
Genf 2°C 13°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wechselnd bewölkt
Lugano 4°C 15°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig trüb und nass trüb und nass
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten